Politik

Debatte über „Patient“ Gesundheitspolitik

Im Gemeinderat ist über die Gesundheitspolitik der Stadt diskutiert worden. In der auf Antrag der FPÖ angesetzten Sitzung wurden von der Opposition zahlreiche Mängel beklagt. Rot-Grün wies die Kritik zurück.

„Die Koalition von Rot-Grün beweist leider tagtäglich, dass sie einfach nicht regieren kann“, konstatierte der Gesundheitssprecher der Wiener FPÖ, Wolfgang Seidl. Mit dem Gesundheitssystem gehe es „stetig bergab“: „Wir haben in der Gesundheit mehr Baustellen als in der Strabag.“ Seidl mokierte sich etwa über Gangbetten, deren Existenz abgestritten werde, wie er beklagte, und die Wartezeiten für Operationen.

Hinweise „bestenfalls ignoriert“

Auch die jüngsten Wasserschäden im Krankenhaus Nord blieben nicht unerwähnt: „Da können sie wahrscheinlich inzwischen Schwammerl züchten“, befand der FPÖ-Politiker. Im Rathaus finden die Probleme nach Ansicht Seidls allerdings keine Beachtung. „Briefe von renommierten Ärzten werden von Ihnen bestenfalls ignoriert“, wandte er sich direkt an Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Auch das Pflegepersonal gehe bereits auf die Straße.

Zu wenig Geld für Nachbesetzungen

NEOS-Klubchef Christoph Wiederkehr pflichtete bei: „Ja, der Krankenanstaltenverbund behandelt nicht nur Patienten, er ist selbst ein Patient.“ Hacker rede dies nur schön. Im Fokus der Kritik stand vor allem eine Risikoanalyse des Krankenanstaltenverbundes, die den Mitgliedern des Gesundheitsausschusses übermittelt wurde – was laut Gesundheitsressort jedoch nicht beabsichtigt war. Kurzfristig wurde damit jedoch Freude ausgelöst, wie Wiederkehr gestand: „Wir haben sie zum ersten Mal so bekommen. Wir haben uns gedacht: Das ist der richtige Weg. Aber wir haben uns getäuscht, wir haben sie nur versehentlich bekommen.“

Ohne derartige Daten würde eine Debatte über Gesundheit keinen Sinn machen. Die Risikoanalyse habe jedenfalls gezeigt, dass der Versorgungsauftrag nicht garantiert werden könne. Auch sei darin festgestellt worden, dass mit bestehendem Budget offene Dienstposten nicht nachbesetzt werden können und dass geplante Valorisierungen des Gehalts nicht durchgeführt werden könnten.

„Vieles nicht budgetiert“

Die Gesundheitssprecherin der Wiener ÖVP, Ingrid Korosec, berichtete ebenfalls, dass sie – zumindest vorübergehend – den Eindruck hatte, der Gesundheitsstadtrat habe „etwas gelernt“. Doch die Analyse sei rasch wieder eingezogen worden. Klar sei nun, dass der tatsächliche Bedarf nicht richtig dargestellt werde: „Man kommt mit den vorgesehen Budgetmitteln nicht aus, vieles ist nicht budgetiert.“

Besonders schlimm sei es etwa, dass beworbene Maßnahmen wie die Erstversorgungsambulanzen nicht enthalten seien. Diese seien an sich eine gute Lösung: „Aber das Geld fehlt.“ Nötig seien auch Mittel für die Instandhaltungsarbeiten für die „maroden“ Spitäler.

Gegen Modell der Pflegelehre

Die Grünen-Abgeordnete Birgit Meinhard-Schiebel verwies darauf, dass einige Rahmenbedingungen nicht von der Stadt bzw. vom Land Wien vorgegeben würden – etwa bei den Primärversorgungszentren. Hier habe man keine Entscheidungskompetenz, sondern man sei abhängig von den Verhandlungen zwischen der Gebietskrankenkasse und der Ärztekammer. Auch die Ursache der Personalengpässe könne man nicht steuern: „Eine ganze Generation von Ärzten und Pflegekräften geht in Pension.“

Man könne auch niemanden zwingen, Fächer wie Kinderheilkunde oder Allgemeinmedizin zu wählen. Denn auch Ärzte würden an ihre finanzielle Zukunft denken, gab Meinhard-Schiebel zu bedenken. Sie sprach sich auch gegen das Modell einer Pflegelehre aus. Denn Krankenpflege sei eine hochqualifizierte Ausbildung, die auch Zeit in Anspruch nehme.

SPÖ kritisiert „teure Kassenreform“

SPÖ-Gemeinderat Kurt Wagner verteidigte wiederum die Tatsache, dass der prognostizierte Anstieg von Personalkosten nicht im Budget des KAV ausgewiesen sei. Gehaltssteigerungen einzupreisen, wäre „eine dumme Sache“. Verhandlungen dazu würde man den Sozialpartnern überlassen. In Sachen KH Nord verwies er auf den Zeitplan – der nun eingehalten werde, wie er beteuerte. Die Übersiedlung sei abgeschlossen. Und bis auf einige Pflegeplan- und Ärzteposten seien alle Stellen besetzt, wobei die restlichen Ärzte demnächst angestellt werden sollen.

Wagner übte seinerseits Kritik an der Zusammenlegung im Bereich der Sozialversicherungen durch die vormalige schwarz-blaue Bundesregierung – sowie an der Senkung von Beiträgen: „Das Geld wird im Gesundheitssystem ersatzlos gestrichen.“ Auf die teure Kassenreform wolle und könne man verzichten. Gleichzeitig würden Privatkliniken gefördert: „Aus diesem Grunde brauchen wir von ihnen keine Belehrungen“, stellte der SPÖ-Politiker klar.