Instagram bietet Hilfe an
ORF
ORF
Chronik

Online-Therapie gegen Selbstverletzungen

Soziale Medien stehen im Verdacht, selbstzerstörerisches Verhalten bei Kindern und Jugendlichen wie Magersucht und Selbstverletzungen zu verstärken. Nun startet ein Online-Therapie-Forschungsprojekt, an dem auch das AKH beteiligt ist.

Mit zwölf Jahren scrollte sich eine Wienerin durch Instagram, in einer Welt voller Schönheits- und Schlankheitsidealen. Die dort gezeigten Fotos waren offenbar Verstärker für psychische Probleme und Mitauslöser für Magersucht. Es folgte der erste Spitalsaufenthalt. An Krankheitseinsicht habe es ihr nicht gefehlt, sagt die heute 17-Jährige gegenüber Ö1, aber an der Motivation, sich aus der Abwärtsspirale des Hungerns zu befreien – mehr dazu in oe1.ORF.at

Auch sogenannte Recovery-Accounts, also Genesungsaccounts auf Instagram hätten ihr nur wenig geholfen. Sie sollten Userinnen und User auf dem Weg der Besserung unterstützen. Diese Accounts seien aber auch problematisch „weil Leute ihre Körper posten, die teilweise noch sehr abgemagert sind. Und die haben mir das Gefühl vermittelt, du musst erst richtig krank und richtig abgemagert sein, damit du das Recht hast, wieder gesund zu werden“, so die Wienerin.

„Ansteckung“ online und im Spital

Das Phänomen der Sozialen Ansteckung gibt es auch im Spital. Dort hat sie mitbekommen, wie sich Jugendliche ritzen und schneiden, um Wut, Verzweiflung und Frust abzubauen – freilich nur kurzfristig – als Symptombekämpfung. Auf Anorexie folgten bei ihr Depression und Selbstverletzungen. „Wenn einer Narben postet von sehr, sehr tiefen Verletzungen, dann fühlst du dich, als würden deine Krankheitsgeschichte und deine Leiden nicht zählen, weil so tiefe Narben hab ich ja gar nicht.“

Hilfe bei Essstörungen

Die Essstörungs-Hotline 0800/201120 bietet als anonyme und kostenlose Telefonberatungsstelle der Stadt Wien Beratung, Information und Hilfe.

Der Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie am AKH Wien Paul Plener sagt, es gibt noch keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass Bilder von Selbstverletzungen und Magersucht selbstschädigendes Verhalten auslösen. „Aber die Sorge kann ich teilen, dass es zu einer Normalisierung von pathologischem Verhalten kommt.“ Ein häufiger Grund, professionelle Hilfe nicht in Anspruch zu nehmen, sei die Einstellung: „Es ist noch nicht schlimm genug.“

Instagram zog Konsequenzen

Der Kinderpsychiater forschte zu Instagram und Selbstverletzungen und forderte schon vor zwei Jahren Konsequenzen. Vor einem Jahr – erst nach Berichten über einen Suizid in England – reagierte Instagram. Neben Hashtags etwa zu Suizid werden nun auch Bilder von selbstverletzendem Verhalten verbannt. „Instagram hat jetzt alles heruntergenommen – damit auch die Kritik aus der Welt geschafft, dass diese Bilder möglicherweise triggernd sind für selbstverletzendes Verhalten“, so Plener.

Hilfe bei Selbstverletzungen

Am Wiener AKH gibt es jeden Donnerstag von 9.00 bis 11.00 Uhr Sprechstunden, zu welchen Betroffene ohne Voranmeldung kommen können.

Online-Therapie mit AKH-Beteiligung

„Uns wäre es eigentlich auch darum gegangen, einen niedrigschwelligen Zugang zur Therapie zu schaffen – der Online-Therapie. Wir wissen, dass Jugendliche bereit sind, niederschwellig eher Therapie anzunehmen, als sich zu Beratungsstellen oder in die Psychiatrie zu begeben“, so Plener. Eine solche Online-Therapie ermöglicht nun das Forschungsprojekt Star-Projekt.de, mit österreichischer Beteiligung.

Erforscht wird, „ob Therapieverfahren, von denen wir wissen, dass sie von Angesicht zu Angesicht funktionieren, auch online funktionieren. Wir wissen es von anderen Störungsbildern, dass es durchaus funktioniert“, so Plener.