Burtheater von außen
Georg Soulek/Burgtheater
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CHRONIK

Hartmann sagte bei Burgtheater-Prozess aus

Im Prozess gegen Silvia Stantejsky, die langjährige kaufmännische Geschäftsführerin des Burgtheaters, hat am Dienstag Ex-Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann zur Finanzgebarung der 64-Jährigen und zu deren Umgang mit ihm zustehenden Honoraren Stellung genommen.

Ausführlich schilderte Hartmann, wie Stantejsky 163.000 Euro zum Verschwinden brachte. Als Hartmann vom damaligen Kunst-Staatssekretär Franz Morak (ÖVP) als Burgtheater-Direktor verpflichtet wurde, bekam er vor seinem Amtsantritt im Herbst 2009 Honorare in Höhe von 273.000 Euro zur Verfügung gestellt – „zur Vorbereitung der Intendanz“, wie er dem Schöffensenat erläuterte.

Hartmann hielt Depotschein für seriöser als Barauszahlung

Der Betrag setzte sich hauptsächlich aus seinen Inszenierungen „Faust I“ und „Faust II“, Rechteabgeltungen für fünf Produktionen, die Hartmann vom Schauspielhaus Zürich mit nach Wien brachte, und Übersiedlungskosten zusammen. Stantejsky habe ihm „die Option“ aufgezeigt, „sich dieses Geld nicht sofort ausbezahlen zu lassen“, schilderte Hartmann.

Daraufhin habe er sich entschlossen, den Betrag „als Forderung gegen das Burgtheater stehen zu lassen, weil ich mein Auslangen hatte und es mir bequem schien“. Hartmann hatte von der Saison 2005/2006 bis 2009 das Schauspielhaus Zürich geleitet. Er habe es „für seriöser“ gehalten, eine „Forderung gegen einen staatlich subventionierten Betrieb“ zu besitzen, als das Geld stante pede in bar zu kassieren.

Matthias Hartmann vor Verhandlungssaal
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Ex-Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann sagte am Dienstag vor Gericht aus

Stantejsky habe ihm hinsichtlich der 273.000 Euro einen Depotschein ausgestellt. Er sei davon ausgegangen, dass sein Honorar „in einem Burgtheater-Safe“ verwahrt wurde: „Ich würde niemals Geld einer Privatperson anvertrauen.“ Stantejsky habe ihm gesagt, er möge zwei bis drei Tage vorher Bescheid geben, wenn er Bares benötige. Das habe er drei Mal gemacht.

Nach Aufpoppen der Misere – Treffen beim Anwalt

Als Stantejsky im Herbst 2013 entlassen wurde – die Finanzmisere an der Burg war aufgepoppt –, habe er sie gefragt, wie er nun an sein restliches Geld komme, gab Hartmann zu Protokoll. Da habe sie ihm „offenbart, dass dieses Geld nicht im Burgtheater ist“. Sie habe ihm angeboten, einen Teil der offenen 163.000 Euro gleich zurückzuzahlen. Der Rest sollte später folgen. Das sei ihm „undurchsichtig vorgekommen“, also habe er sich mit Stantejsky bei einem Anwalt getroffen. Dieser habe Stantejsky gefragt, ob sie das Geld veruntreut hätte: „Sie hat ‚Ja‘ gesagt.“

Die kaufmännische Geschäftsführerin hatte Hartmanns Honorare in ihrer Wohnung gebunkert und – ihrer in diesem Punkt geständigen Verantwortung zufolge – widmungswidrig verwendet. Während sie behauptet, damit Rechnungen für das Burgtheater beglichen zu haben, geht die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) davon aus, dass die Angeklagte damit ihre Lebenshaltungskosten bestritten hat.

Georg Springer vor Gerichtssaal, ehemaliger Bundestheaterholding-Chef
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Auch der ehemalige Bundestheater-Holding-Geschäftsführer Georg Springer wurde zum Bilanzskandal beim Burgtheater befragt

Die Finanz steht übrigens auf dem Standpunkt, dass Hartmann die zunächst 273.000 Euro bereits 2009 zugeflossen sind und die Summe somit gleich zu versteuern gewesen wäre. Darauf von Oberstaatsanwältin angesprochen, meinte der 56-Jährige: „Das ist die Entscheidung des Finanzamts, das so zu sehen.“ Er habe den Betrag „nicht in Österreich, sondern in der Schweiz versteuert“.

Hartmann bestätigte, dass Stantejsky ihm geraume Zeit vor Abschluss der gegen sie gerichteten strafrechtlichen Ermittlungen 70.000 Euro an Wiedergutmachung angeboten hätte. Darauf sei er nicht eingegangen. „In der Zwischenzeit sind alle meine Forderungen von der Haftpflichtversicherung des Aufsichtsrats (des Burgtheaters, Anm.) und Georg Springers beglichen worden“, stellte der Ex-Burg-Direktor klar.

Hartmann sagte bei Burgtheater-Prozess aus

Im Prozess gegen Silvia Stantejsky hat am Dienstag Ex-Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann zur Finanzgebarung der 64-Jährigen und zu deren Umgang mit ihm zustehenden Honoraren Stellung genommen.

Stantejsky: „Habe keinen luxuriösen Lebenswandel gehabt“

Am Beginn des Prozesses vergangene Woche hatte Stantejsky zugegeben, Honorare von Ex-Direktor Matthias Hartmann und des Regisseurs David Bösch von insgesamt knapp 350.000 Euro widerrechtlich an sich gebracht und ausgegeben zu haben. Sie habe die Beträge aber nicht zur Finanzierung ihres Lebensstils gebraucht.

„Ich habe keinen luxuriösen Lebenswandel gehabt! Das stimmt einfach nicht“, wies die 64-Jährige die Darstellung der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zurück. Sie habe 200.000 bis 300.000 Euro auf das Burgtheater-Konto einbezahlt, um die ihr vorgegebene „schwarze Null“ zu schaffen.

die frühere Burgtheater-Geschäftsführerin Silvia Stantejsky bei der Verhandlung
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Die Angeklagte Silvia Stantejsky war jahrelang kaufmännische Geschäftsführerin des Burgtheaters

Private Ausgaben deutlich über Einnahmen

Daraufhin ging die Oberstaatsanwältin im Detail die Kreditkarten-Abrechnungen der ehemaligen Burgtheater-Geschäftsführerin durch. Einkäufe teurer Bekleidung während eines dreiwöchigen Urlaubes in Grado waren dort ebenso ausgewiesen wie Urlaube in einem hochpreisigen Fünf Sterne-Thermenhotel oder Herbstferien im Schloss Elmau um knapp 7.000 Euro.

In ihrem Job habe sie auch repräsentative Aufgaben wahrgenommen, da könne man nicht zu H&M gehen, hielt Stantejsky dem entgegen: „Und Kleidung ist in Italien, auch wenn sie höherwertig ist, günstiger als in Österreich.“ Außerdem habe sie „Qualität gekauft, die ich jetzt noch trage. Das ist acht, neun, zehn Jahre alt“. Die Kosten für Urlaube und Reisen habe sie stets mit ihrem Lebensgefährten geteilt und später von diesem jeweils die Hälfte bar zurückbekommen.

Druck von Aufsichtsrat und Holding?

Einmal mehr erwähnte die Angeklagte beim Prozess auch den Druck, dem sie seitens des Aufsichtsrats bzw. der Bundestheater-Holding ausgesetzt gewesen sei. Wenn sie bei den regelmäßigen Sitzungen gesagt habe, dass man Verluste schreibe, sei das nicht zur Kenntnis genommen worden. Man habe von ihr „die schwarze Null“ verlangt. „Doktor Springer“ (Georg Springer, bis Juni 2014 Geschäftsführer der Bundestheater-Holding) habe sie „nach Hause geschickt“ und ihr aufgetragen „Schau, an welchen Schrauben du noch drehen kannst“.

Für Springer war Stantejsky „ein Arbeitstier“

Als „kompetent, fachlich hervorragend, delegationsfeindlich bis zum Exzess“ hat der ehemalige Geschäftsführer der Bundestheater-Holding und Burgtheater-Aufsichtsratsvorsitzende Georg Springer am Dienstag die Angeklagte Silvia Stantejsky im Rahmen seines Zeugenauftritts bezeichnet. Schwierigkeiten nahm Springer im Miteinander zwischen Stantejsky und Matthias Hartmann, Burgtheater-Direktor von 2009 bis zum März 2014, wahr, wobei er das auf den Theatermacher zurückführte.

Dass er bzw. der Burgtheater-Aufsichtsrat der Angeklagten die viel zitierte „schwarze Null“ vorgegeben hätten, wies Springer zurück: „Das hat sich nur auf das Planbudget bezogen.“ Man habe zwar Wert auf eine ausgeglichene Bilanz gelegt, dem Burgtheater aber „ganz bewusst keine Vorgaben gegeben und ausdrücklich betont, es bleibt euch überlassen, ob ihr das über die Ausgaben oder die Einnahmen macht“.

Bilanzen von Prüfern begleitet: Keine Beanstandungen

Die Jahresbilanzen wären von der Geschäftsführung erstellt und von Wirtschaftsprüfern von PricewaterhouseCoopers (PwC) „begleitet“ worden, die nichts beanstandet hätten. Er sei daher „nicht auf die Idee gekommen, dass ich nachschau, dass die dort die Wahrheit sagen“, meinte der Zeuge.

Die Finanzlage der Bundestheater-Holding habe sich seit 2001 in einem „alarmierenden“ Zustand befunden, erinnerte sich der langjährige Kultur-Manager. Die Politik habe vorgegeben, zwingend erforderliche Einsparungen dürften nicht auf Kosten der Qualität und der Quantität gehen.

Prozessfortsetzung und weitere Zeugen am 27. Jänner

Ausdrücklich wies Springer am Schluss seiner Einvernahme die zuvor von Hartmann aufgestellte Behauptung zurück, er bzw. die Haftpflichtversicherung des Aufsichtsrats hätten den von Stantejsky angerichteten offenen Schaden ihm, Hartmann, ersetzt. „Davon weiß ich nichts“, sagte der 73-Jährige, „die Idee erscheint mir amüsant.“

Die Verhandlung gegen Stantejsky wird am 27. Jänner mit zwei weiteren Zeugenbefragungen fortgesetzt. Verteidigerin Isabell Lichtenstrasser beantragte darüber hinaus die zeugenschaftliche Vernehmung des Psychiaters, der die Angeklagte seit mehreren Jahren behandelt.