Bereits seit Oktober wünschen viele Budapester „Frohe Weihnachten“. Weihnachten heißt auf Ungarisch „Karacsony“, genauso wie der neue Bürgermeister der Stadt. Der 44-jährige Gergely Karacsony hat sich im Herbst überraschend das Bürgermeisteramt in Ungarns Hauptstadt geholt. Er trat als gemeinsamer Kandidat der Opposition an und konnte somit die im Land stärkste Fidesz-Partei von Viktor Orban schlagen. Erstmals seit neun Jahren regiert in Budapest somit kein Fidesz-naher Bürgermeister.
Wien Vorbild für Budapest bei Wohnbau und Radwegen
Karacsony punktete im Wahlkampf vor allem mit Umweltthemen und er vertritt im Gegensatz zu seinem Vorgänger Istvan Tarlos eine europafreundliche Politik. Eine Politik, die laut Stadt Wien auch wieder mehr Spielraum gibt, enger mit Budapest zusammenzuarbeiten.
Brückenbau zwischen Wien und Budapest
Eine Delegation mit Wirtschaftsstadtrat Hanke (SPÖ) war auf Besuch in der ungarischen Hauptstadt.
Peter Hanke, SPÖ-Wirtschaftsstadtrat und in der Stadt Wien für Internationales zuständig: „Es geht uns konkret um Themen, die wir gemeinsam aufgreifen können. Da gibt es große Themenblöcke, die wir auch bearbeiten wollen. Touristik ist das eine, das zweite, der soziale Wohnbau, wo Budapest auch von uns lernen möchte und uns um Unterstützung ersucht. Dann geht es noch um das große Thema Smart City, hier wollen wir Infrastrukturprojekte vorantreiben“, sagte Hanke nach einem einstündigen Treffen Freitagabend im Budapester Rathaus.
In den nächsten Jahren wolle Budapest „grüner, smarter, nachhaltiger und lebenswerter werden“, betonte indes der neue Budapester Bürgermeister. Dabei wolle man einen ähnlichen Weg wie Wien einschlagen, so Karacsony. Ein Vorbild sei Wien vor allem auch beim Sozialen Wohnbau und bei Radwegen, erzählt der frühere Marktforscher, der künftig auch das Radwegenetz in Budapest ausbauen möchte.
Fokus auf Stadtberatung in Osteuropa
Der Nutzen für die Stadt Wien? „Es ist gut, dass es eine Region gibt, in der die großen Städte gemeinsame Sache machen, wo der eine vom anderen lernen kann“, betonte Hanke. Die Stadt Wien plant in Zukunft zudem stärker die Funktion des „Stadtberaters“ in Osteuropa einzunehmen. Dadurch würde man in gewissen Bereichen, wie etwa bei der Ausschreibungsbegleitung, auch eine zusätzliche Einnahmequelle im Ausland schaffen.
Bisher hat Wien mit osteuropäischen Hauptstädten vor allem im Rahmen der Donauraumstrategie, bei der grenzüberschreitende Projekte mit EU-Geldern gefördert werden, zusammengearbeitet. Die Abstimmung mit Budapest sei auch hier die vergangenen Jahre nicht einfach gewesen, heißt es.
Exportumsätze stiegen seit 2010 fast um ein Drittel
In Ungarn hat im vergangenen Jahr wiederum für Unmut gesorgt, dass Wien um die Ansiedlung der Central European University (CEU) geworben hat. Die Privatuniversität, gegründet vom ungarischstämmigen US-Milliardär George Soros, hat seit Oktober eine Niederlassung in Favoriten, nachdem sie aufgrund einer Hochschulgesetzesänderung durch die Orban-Partei aus Ungarn teilweise absiedeln musste.
Unabhängig von den politischen Unstimmigkeiten zwischen Wien und Budapest in den vergangenen Jahren, haben sich die Wirtschaftsbeziehungen laut Wirtschaftskammer Wien positiv entwickelt. Für Wien ist Ungarn der sechstwichtigste Exportmarkt weltweit. Seit 2010 sind die Wiener Exporte nach Ungarn um 30 Prozent angewachsen. Im Vorjahr hat Wien in Ungarn Exportumsätze in der Höhe von mehr als einer Milliarde Euro erwirtschaftet.
Für mehr Tourismuseinnahmen in beiden Städten soll in Zukunft auch die neue Twin-Cityliner-Verbindung zwischen Wien und Budapest sorgen. Eine neue Schiffsverbindung, auch als Symbol zum Brückenbauen.
*Die Autorin hat auf Einladung der Stadt die Delegation von Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) nach Budapest begleitet.