Dass der Bildungsbereich nicht der Schwerpunkt des Regierungsprogramms ist, findet Czernohorszky verständlicherweise schade. Aber offensichtlich hätten einige gute Ansätze aus Wien ihren Weg ins Programm gefunden, etwa bei der Integration von Frauen oder bei Schulen mit besonderen Herausforderungen. Da zeige sich dann auch die Handschrift des grünen Koalitionspartners in Wien. Doch wie so oft bleibe es unkonkret und „es gibt keine klaren Ansagen zu den notwendigen Mitteln“, sagte Czernohorszky im „Wien heute“-Interview.
Als Beispiel nannte der Stadtrat die 1,6 Milliarden Euro für die Senkung der Körperschaftssteuer. Für dieses Geld könnte man in jeder einzelnen Schule in Österreich einen Sozialarbeiter, eine Psychologin und eine Sekretariatskraft finanzieren: „Das wäre eine Schwerpunktsetzung, die wir dringend bräuchten.“ Es gebe Schritte in Richtung Verbesserungen, bis jetzt habe es nur Einsparungen gegeben, aber: „Ich erwarte mir schon sehr bald auch von den Grünen konkrete Schritte. Papier ist geduldig, ich bin es bald nicht mehr.“
„Richtige Schritte“, aber noch nicht alles
Beim Thema Deutschförderklassen begrüßt Czernohorszky, dass Schulleiter selbst entscheiden können sollen, wie sie die Deutschförderung umsetzen. Aber auch hier bleibe die Finanzierung unklar: „Es fehlen allein in Wien für die Umsetzung bei den Deutschklassen 250 Lehrer. Da erwarte ich mir schon bald, dass mehr Geld für die Deutschförderung da ist.“
Als richtigen Schritt in die richtige Richtung empfindet Czernohorszky einen im Programm angekündigten Probelauf an 100 Schulen mit besonderen Herausforderungen. Für sie soll es mehr Geld und zusätzliches Personal geben. Der Testlauf für einen „Chancen- und Entwicklungsindex“ sieht auch vor, das administrative und psychosoziale Unterstützungspersonal wie Schulsozialarbeiter oder -psychologen „bedarfsgerecht aufzustocken“ und Schulen und Lehrer bei der Gewaltprävention zu unterstützen.
Laut Czernohorszky wären mehr als doppelt so viele Schulen, an denen die Herausforderungen besonders groß seien. Aber der Probelauf sei „ganz sicher ein richtiger Schritt in die richtige Richtung, da gibt es meine volle Unterstützung“.
Bildungsstadtrat ist Regierungsprogramm zu wenig konkret
Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) sieht im Regierungsprogramm gute Ansätze in der Bildung, das Programm ist ihm aber zu wenig konkret.
Bundesregierung „für oder gegen Wien?“
Für Kindergärten will Türkis-Grün bis 2022/23 mit Experten, Ländern und Gemeinden österreichweit einheitliche Qualitätsmindeststandards etwa für Bildungsziele festlegen. Angekündigt ist auch ein schon länger geplanter verbindlicher Bildungs- und Betreuungsrahmenplan. Czernohorszky betonte die riesengroßen Unterschiede zwischen den Bundesländern. Einheitliche Kriterien wären hier ganz wichtig, ebenso wie die Bekämpfung des Pädagogenmangels. Bis jetzt habe man sich da am Bund die Zähne ausgebissen. Wenn sich da jetzt etwas tue, wäre das ebenfalls ein Schritt in die richtige Richtung.
Dass die Grünen auf Bundesebene mit der ÖVP als Koalitionspartner zusammenarbeiten, wollte Czernohorszky nicht beurteilen. In Wien, wo SPÖ und Grüne die Stadtregierung bilden, gebe es eine sehr gute Zusammenarbeit mit den Grünen. „Wir arbeiten für die Wienerinnen und Wiener. Im Hinblick auf die Bundesregierung wird wahrscheinlich genau das die Frage sein: Wird es eine Bundesregierung sein, die anders als bisher für die Wienerinnen und Wiener gute Schritte auf den Boden bringt, oder ist es wieder eine Politik gegen Wien?“