Wollzeile
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Wirtschaft

Wollzeile: Vom Sorgenkind zur Hochblüte

Die Wollzeile im ersten Wiener Bezirk war lange Zeit ein Sorgenkind. Viele traditionsreiche Geschäfte haben vor einigen Jahren zugesperrt: Von exorbitant hohen Mieten und ausbleibenden Kunden war die Rede. Jetzt erlebt die Straße plötzlich durch Gastronomie-Ansiedlungen eine neue Blüte.

„Brot mit Charakter“ verspricht man in der Bäckerei Öfferl zu verkaufen. Für „Madame Crusto“, wie einer der Brotlaibe heißt, stellen sich die Kunden in der neuen Bäckerei mit Gastrobetrieb in der Wollzeile des öfteren bis auf den Gehsteig hinaus an.

„An und für sich hätten wir mit so einem Ansturm nicht gerechnet. Da waren wir am Anfang schon einbisschen überfordert. Wir sind aber nun sehr froh, dass es wirklich so gut läuft“, erzählt Geschäftsführer Georg Öfferl im „Wien heute“-Interview. Der 29-jährige Bäcker aus dem Weinviertel hat sein Lokal samt Schaubäckerei gemeinsam mit Cousin Lukas Öfferl vergangenen Herbst eröffnet.

Bäckerei innen
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Die Bäckerei Öfferl eröffnete im Herbst 2019 Schaubäckerei samt Gastrolokal

Essen zieht die Menschen an

Mit regionalen Produkten, handgefertigtem Brot und modernem Gastrokonzept mischen sie nicht nur die Bäckerszene auf, sondern gleich die ganze Wollzeile. Seit der Öfferl sich in der Wollzeile angesiedelt habe, würden wieder mehr Menschen in die Einkaufsstraße kommen, berichtet etwa Orfeo Ritterband vom Käsegeschäft Der Schweizer: „Die Leute gehen wieder mehr rauf und runter wegen dem Essen.“

Wollzeile: Vom Sorgenkind zur Hochblüte

Die Wollzeile im ersten Bezirk war lange Zeit ein Sorgenkind. Viele traditionsreiche Geschäfte haben unter großem Wehklagen zugesperrt: Jetzt erlebt die Straße plötzlich eine neue Blüte. Ein Lokalaugenschein.

Davor stand die Immobilie, in der einst Kreps Lederwaren untergebracht war, einige Jahre leer. Gähnende Leere gab es in den vergangenen drei Jahren auch in anderen Schaufenstern der Wollzeile. Die bekanntesten Schließungen im Jahr 2016 waren etwa Feinkost Böhle oder der Spielzeughändler Kober. Mittlerweile sind aber fast überall wieder Nachmieter gefunden. Und das, trotz eines Mietpreises von mehr als 10.000 Euro pro Monat für so manches Geschäftslokal.

Lokal Tre Ristorante
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Ein weiterer Neuzugang der vergangenen Jahre: ein italienisches Restaurant

Positiver Einfluss von Begegnungszone Rotenturmstraße

Ein Grund für den Umschwung auf der Wollzeile dürfte auch die Umgestaltung der Rotenturmstraße sein: „Es kommen von der Landstraße und auch von der Stadt einfach wieder mehr Leute. Ich glaube, dass die Rotenturmstraße, die jetzt Begegnungszone ist, mehr Frequenz bringt“, sagt Kurt Wilhelm vom Geschäft Wald & Wiese. Seit die benachbarte Rotenturmstraße Begegnungszone ist, sei auch der Verkehr in der Wollzeile weniger geworden, was mehr zum Flanieren einlädt.

Öfferl ist nicht die einzige kulinarische Neuansiedlung der vergangenen Jahre in der Wollzeile. Gleich daneben gibt es seit Sommer 2018 Health Kitchen mit frischem Fast-Food-Konzept. Auch der Italiener Tre Ristorante oder das vietnamesische Restaurant Ivy’s Pho House kamen in den vergangenen Jahren dazu.

Neues französisches Lokal nahe Stubentor

Am Ende der Wollzeile nahe Stubentor kommt darüber hinaus fix ab März ein neues französisches Bistro dazu. Auch beim einstigen Spielwaren-Kober-Standort soll laut Gerüchten ein Gastroprojekt geplant sein.

Essen
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Die Kulinarik in der Wollzeile funktioniert, weil viele Mitarbeiter umliegender Büros zum Essen kommen

Insgesamt gibt es in der Wollzeile rund 100 Betriebe. Dass die Straße, die außergewöhnlich viele Einzelhandelsbetriebe in Familenhand zählt, nun immer mehr zur Kulinarikmeile wird, sieht man auch in der Interessensgemeinschaft der Kaufleute Wollzeile positiv. „Ich würde schon sagen, dass eine Straße Gastrobetriebe braucht, weil, wo trifft man sich? Man braucht Meetingpoints, man braucht Punkte, wo man zusammenkommt und dann auf dem Weg noch etwas Schönes, Nettes entdeckt“, so Magda Hassan, Sprecherin der Kaufleute Wollzeile.

Claudia Peintner