Die frühere kaufmännische Burgtheater-Geschäftsführerin, Silvia Stantejsky, am Donnerstag, 14. November 2019, vor Prozessbeginn
APA/Herbert Neubauer
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Kultur

Burgtheater-Prozess: Bedingte Haft für Stantejsky

Die ehemalige Geschäftsführerin des Burgtheaters, Silvia Stantejsky, ist am Montagabend am Wiener Landesgericht wegen Untreue und Veruntreuung zu einer zweijährigen bedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Zudem wurde der 64-Jährigen vom Gericht Schadensgutmachung aufgetragen.

Stantejsky hat dem Burgtheater binnen 14 Tagen 319.156,10 Euro zu bezahlen. Mit den darüber hinausgehenden Forderungen wurde das Burgtheater auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Vom Vorwurf der Bilanzfälschung wurde Stantejsky mangels subjektiver Tatseite freigesprochen. Die Gerichtsentscheidung ist nicht rechtskräftig. Stantejsky nahm das Urteil an, Oberstaatsanwältin Veronika Standfest gab vorerst keine Erklärung ab.

Starker persönlicher Druck

Dem psychiatrischen Gutachten des Sachverständigen zufolge war Stantejsky im inkriminierten Tatzeitraum zurechnungsfähig. Er billigte der ehemaligen kaufmännischen Geschäftsführerin des Burgtheaters ein Burn-out-Syndrom zu, das sich „schleichend langsam“ entwickelt habe. Auf ihre Schuldfähigkeit habe sich das aber nicht entscheidend ausgewirkt, meinte er. Ihren eigenen Angaben gemäß litt Stantejsky unter schweren psychischen Problemen, die aus beruflicher Überforderung resultierten.

Die frühere kaufmännische Burgtheater-Geschäftsführerin, Silvia Stantejsky, vor Prozessbeginn wegen Bilanzvergehen, Untreue und Veruntreuung im Straflandesgericht Wien
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Zwei Jahre bedingte Haft fasste Stantejsky aus – das Urteil ist nicht rechtskräftig

Stantejsky sei unter starkem persönlichem Druck gestanden, so der Gutachter. Sie habe ein Übermaß an persönlicher Energie in „ein beinahe unerreichbares Ziel, die schwarze Null“, gesteckt, erläuterte der Psychiater. Der Versuch, die finanzielle Schieflage an der Burg zu bewältigen, habe Stantejsky auch deswegen Kraft gekostet, weil ihr „ein hohes Maß an Perfektionismus“ eigen sei.

Stantejsky habe schließlich psychiatrische Behandlung in Anspruch genommen, sich ab 2011 auch medikamentös behandeln lassen. Dessen ungeachtet habe sich die Symptomatik aber nicht nachhaltig auf ihre Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit ausgewirkt. „Die war nie so herabgesetzt, dass die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit aufgehoben war“, so der Gutachter.

Wirtschaftsprüfer sieht „wesentliche Fehldarstellungen“

Der Prozess war am Montag mit der Erörterung des Gutachtens eines Wirtschaftsprüfers fortgesetzt worden. Der Wirtschaftsprüfer ortete „wesentliche Fehldarstellungen“ bei der Bilanzerstellung in den Jahren 2008 bis 2013. Er bemängelte vor allem, dass unter Stantejsky skartierte Produktionen – ausgelaufene Inszenierungen, die sich nicht mehr auf dem Spielplan fanden – am Ende der jeweiligen Saison nicht abgeschrieben wurden.

„Wesentliche Fehldarstellungen“ kreidete der Wirtschaftsprüfer der Angeklagten auch in Zusammenhang mit „Kostenaktivierungen“ an, die Stantejsky mittels Excel- oder Word-Sammellisten belebt hatte. In diesen Fällen sei ein Einzelnachweis der behaupteten Kosten nicht mehr möglich. Auch bei Personalrückstellungen wurde dem Sachverständigen zufolge nicht den üblichen Usancen entsprechend vorgegangen.

Das alles bewirkte „ergebniswirksame Fehldarstellungen“, die allein 2009 vier Mio. Euro ausmachten, hielt der Wirtschaftsprüfer fest. Insgesamt wies das Burgtheater ab 2008 bis 2011 eine jährliche Bilanzsumme zwischen 27,5 und 33 Mio. Euro aus. Danach gab es große Rückgänge aufgrund von Bilanzverlusten und verringertem Anlagevermögen.

Angeklagte bisher teilweise geständig

Stantejsky war im bisherigen Verhandlungsverlauf zu den – was die Strafdrohung betrifft – zentralen Vorwürfen der Anklage teilweise geständig, hatte jedoch eine persönliche Bereicherung bestritten. Die inkriminierte Bilanzfälschung hatte sie in Abrede gestellt. Ihre Mandantin habe zwar die finanzielle Lage beschönigt und „Fehldarstellungen“ vorgenommen, betonte ihre Verteidigerin.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ziehe daraus aber die falschen Schlüsse. Stantejsky sei es darum gegangen, „die miese finanzielle Lage des Burgtheaters zu bewältigen“ und das Ansehen des Hauses hochzuhalten. Sie habe – wenn auch nur auf dem Papier – die Vorgaben der Bundestheater-Holding umsetzen wollen, von der eine „schwarze Null“ verlangt wurde. Dass das in der Realität nicht möglich war, „war allen Beteiligten sonnenklar“, so die Verteidigerin.