Die meisten Österreicher wissen heute, unter welchen Umständen sie zum ersten Mal von jenem Video erfahren haben, das eine Regierung zu Fall brachte und eine steile politische Karriere jäh beendete, sagte Regisseur Robert Borgmann. In Deutschland sei das nicht ganz so bedeutend gewesen. „Ich hab das damals nur am Rande mitbekommen. Ich war gerade in eine Arbeit vertieft. Da dringt meist nur ganz wenig von außen zu einem.“
Regisseur hatte keinen Kontakt mit Jelinek
Mit zeitgenössischer österreichischer Dramatik hat er dagegen bereits einige Erfahrungen. „Schwarzwasser“ ist aber Borgmanns erste Jelinek-Inszenierung. Auch diesmal lässt die Nobelpreisträgerin der Regie die totale Freiheit. „Ich würde mir niemals anmaßen, die Autorin zu fragen. Ich wüsste auch gar nicht, was ich sie fragen soll, weil sie ja über den Text mit mir kommuniziert. Ich bin außerdem viel zu schüchtern.“
Der Begriff „Schwarzwasser“ bezeichnet Schmutzwasser, in dem Fäkalien enthalten sind, und sturzbachartig ergießt sich auch diesmal Jelineks Textstrom über die Seiten. „Es sind ja bei Jelinek immer so Flächen und Themen, die sich übereinanderlagern und ineinanderkippen und dadurch ein Drittes oder Viertes generieren. Das ist ihre literarische Technik, und der versuche ich erstmal bildnerisch Rechnung zu tragen. Da ich ja auch der Bühnenbildner dieser Veranstaltung bin, habe ich die Texte für mich in drei Teile eingeteilt und diese in drei unterschiedliche Arbeitszusammenhänge oder Räume gestellt.“
Heldenplatz, „Ibiza“ und der NSU
Im Detail sieht das so aus: "Für den ersten Raum haben wir einen Film auf der Burgtheater-Feststiege gedreht – als Referenz auf dieses große Theater im Zentrum dieser Stadt, das ja in Sichtweite mit dem Heldenplatz ist. Die zweite Referenz hat sicherlich etwas mit diesem „Ibiza"-Video zu tun, die dritte Referenz bezieht sich auf den NSU. Jelinek lässt sich irgendwann selbst als Botin auftreten, die dann anfängt, über Beate Zschäpe und den NSU zu reflektieren.“ Deswegen lässt Borgmann an der Seite von Felix Kammerer, Christoph Luser, Caroline Peters und Martin Wuttke auch einen griechischen Chor agieren.