Soziales

Gewalt an Frauen: Knappe Ressourcen

Die Mitarbeiterinnen der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie werden derzeit einmal mehr an ihre Grenzen gebracht. „Wir haben sehr viele und wirklich schwere Fälle mit Opfern im Spital, die wir besuchen“, berichtete Geschäftsführerin Rosa Logar.

Es fehle an Ressourcen für adäquate Betreuung, kritisierte die Expertin. Zeitliche Häufungen von Gewalttaten an Frauen gibt es übers Jahr immer wieder, die Ursachen dafür seien nicht immer erklärbar, so Logar. Während der Schulzeit betreut die Interventionsstelle generell mehr Fälle, sowie auch Ende Dezember und ab dem Jahresbeginn. „Zu Weihnachten wird oft noch versucht, den Frieden zu wahren, aber nach den Feiertagen geht es richtig los“, schildert Logar.

Knappe Ressourcen für Gewaltopfer

Die Mitarbeiterinnen der Interventionsstelle werden derzeit einmal mehr an ihre Grenzen gebracht. Rosa Logar schildert die Situation im Interview.

Fünfeinhalb Stunden für Betreuung

„Wir sind sieben Tage in der Woche da und müssen bei jedem Fall, den wir bekommen, sofort tätig werden.“ Zuletzt waren es rund 5.800 Fälle im Jahr. „Für die Betreuung jeder Betroffenen bleiben im Durchschnitt nur fünfeinhalb Stunden Zeit“, führte Logar, selbst diplomierte Sozialarbeiterin, aus. „Aber auch in drei oder vier Wochen löst man das Problem nicht“.

Rosa Logar
ORF
Die Leiterin der Interventionsstelle beklagte zu geringe Ressourcen

Für eine Verhinderung von Gewalttaten sei eine so kurze Betreuungszeit bei weitem zu wenig. Und Gewaltprävention sei nicht sinnvoll, wenn die Betreuung „nur wie die Feuerwehr ist. Es wird nicht an die Wurzel des Problems gegangen“, kritisierte Logar. Bei der Hälfte der Gewalttaten gebe es eine Vorgeschichte – Hilfe würde ein halbes Jahr oder ein Jahr lang gebraucht.

Hilfe bei Gewalt

Hilfe bei Gewalt finden Betroffene auch beim Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser, beim Zusammenschluss Österreichischer Frauenhäuser,bei der Frauenhelpline gegen Gewalt unter der Telefonnummer 0800/222 555; sowie bei der Opferschutzorganisation Weißer Ring: Telefonnummer 0800/112-112. Wenn akute Gewalt droht, rufen Sie sofort den Polizeinotruf unter 133 oder 112. Gehörlose und Hörbehinderte können per SMS an 0800/133 133 Hilfe rufen

280 bis 300 Fälle für jeden Betreuer im Jahr

„Wir brauchen mehr Ressourcen, um die Leistung zu erbringen“, fordert Logar. Um rund 280 bis 300 Fälle kümmert sich jede einzelne Beraterin der Interventionsstelle pro Jahr. Die Anforderungen steigen: Die Fälle würden nicht weniger, 2019 habe es außerdem eine größere Zahl an schweren Gewalttaten und Mordfällen gegeben – die Ressourcen aber seien gleich geblieben.

Kommen bei ohnehin knappen Mitteln vermehrt schwere Fälle dazu, die „sehr viel Zeit und Energie“ benötigen, seien eben auch die Mitarbeiterinnen irgendwann gesundheitlich an ihren Grenzen angelangt und die Qualität der Betreuung leide. „Das geht so nicht im sozialen Gesundheitsbereich.“ Zumindest eine Verdoppelung der Mittel wolle man erreichen, meinte Logar, „das wären zwei Millionen mehr. Dann hätten wir für jede Gewaltbetroffene zumindest zehn Stunden“.