Sendemast
ORF
ORF
Wirtschaft

„3“-Chef: Wien verzögert 5G-Ausbau

Der Mobilfunkbetreiber „3“ übt Kritik an der Stadt Wien. Hier gestalte sich der Ausbau des 5G-Netzes besonders schwierig, so Jan Trionow. Derzeit diskutiere man eine „große Anzahl von Problemen“ mit der Stadt. Diese wies die Vorwürfe zurück.

Im Büro von Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) zeigte man sich erstaunt über die Kritik. Eine derartige Reaktion und Aufregung sei unangebracht, hieß es. Die Stadt und die Industriellenvereinigung hätten sich mit allen Betreibern an einen Tisch gesetzt, und ein Vorschlag der Unternehmen liege nun vor.

Die Entscheidung soll innerhalb der nächsten zwei Wochen fallen, zeigte man sich im Stadtratsbüro zuversichtlich. Man habe „alle relevanten Punkte besprochen“ und gehe von einer Einigung mit allen Betreibern aus.

Wertminderung durch Mobilfunkstationen

Der „3“-CEO hatte am Donnerstag bei einem Medientermin über Schwierigkeiten beim Ausbau des 5G-Netzes in Wien berichtet. Für den Ausbau müssten unter anderem große Mobilfunkantennen auf Dächern und Masten ausgebaut werden. Dafür gebe es seit Herbst 2019 eine Verordnung, die Wertminderungsrichtsätze festlege. Anstelle einer Miete soll es eine einmalige Abgeltung für die Wertminderung geben. „Eine typische Wertminderung für eine Mobilfunkstation liegt bei 14.000 Euro“, so Trionow.

Allerdings gebe es in der Praxis dennoch große Probleme, denn der Richtsatz stelle keine Verpflichtung dar, „und wir erleben derzeit eine Situation, dass sich fast alle größeren öffentlichen Organisationen gegen die Anwendbarkeit dieser Richtsatzverordnung stemmen“, schilderte der CEO.

„Große Anzahl von Problemen mit Stadt Wien“

„Diese Problematik stellt sich insbesondere auch in Wien. Wien ist in gewisser Weise einzigartig, weil Wien wie kaum eine andere Stadt eigene Infrastruktur besitzt.“ So habe Wiener Wohnen 1.800 Gemeindebauten und sei damit der größte Immobilieneigentümer in Europa. „Ohne Wiener Wohnen und die Stadt Wien kann man in Wien de facto keine Netze bauen.“ Das könnte zwar eine große Chance für den raschen 5G-Ausbau sein, praktisch sei das aber nicht der Fall, sondern „wir diskutieren eine große Anzahl von Problemen mit der Stadt Wien“.

Der Diskussionsprozess sei zwar „konstruktiv“, aber es gebe bisher wenige Ergebnisse. Man brauche vereinfachte und pragmatische Genehmigungsverfahren und eine Anwendung von normalen gesetzlichen Grenzwerten statt Sonderregelungen – das sei nicht der Fall, „sodass wir heute beim Ausbau von 5G in Wien in Wirklichkeit noch in einem sehr frühen Stadium sind“.

Es gebe noch „einige Dinge aufzuräumen“, um bei der Genehmigung von Standorten schneller zu werden. Die Planung und der Bau einer Mobilfunkstation dauere nur vier bis sechs Wochen, praktisch brauche man dafür aber oft „deutlich über ein Jahr, mit all den Genehmigungsverfahren und Prozessen usw.“.

4G-Netze zum Teil schon an Kapazitätsgrenze

Teilweise würden die 4G-Netze bereits an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, sagte der „3“-Chef, daher brauche man dringend den Ausbau von 5G, um die Kunden zufriedenzustellen. Konsumenten würden 5G zunächst in Form höherer Bandbreiten und Geschwindigkeiten spüren, sagte Trionow. „Mit 5G wird es möglich sein, Kunden wirklich schnelle Internetverbindungen – 500 Mbit pro Sekunde und mehr – anzubieten, die bisher keine Option haben, diese Geschwindigkeiten zu kriegen.“

Vor allem darauf setze man im Moment sehr stark: „Unsere wesentlichen 5G-Endgeräte sind derzeit Routerprodukte.“ In Korea sei derzeit Cloud-Gaming auf dem Handy einer der stärksten 5G-Treiber, den man in Europa und Österreich nicht so stark sehe. „So Gaming-verrückt sind die Österreicher nicht, dass das jetzt unmittelbar ein Riesentreiber für 5G sein könnte.“

Wiener ÖVP ortet Blockade durch die Stadt

Die Wiener ÖVP machte die Bürokratie für die Diskussion über den 5G-Ausbau verantwortlich. Wien verzögere zukunftsweisende Infrastruktur, beklagte der nicht amtsführende VP-Stadtrat Markus Wölbitsch in einer Aussendung. „Das ist natürlich typisch für das rot-grün regierte Wien – dem österreichischen Dschungel an Vorschriften und Bürokratie. Während der Bund mit der Novellierung des Telekomgesetzes 2018 eine gute Grundlage geliefert hat, steht Wien auf der Bremse“, konstatierte der ÖVP-Politiker. Die „vermeintliche Digitalisierungshauptstadt“ blockiere statt forciere, befand Wölbitsch.