Judith Pühringer, Peter Kraus, Birgit Hebein und David Ellensohn
APA/Herbert P. Oczeret
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Politik

Grüne wählten Kandidaten für Wien-Wahl

Die Wiener Grünen haben bei ihrer 82. Landesversammlung im Austria Center Vienna die Kandidaten für die Gemeinderatswahl gewählt. Spitzenkandidatin Birgit Hebein zog Parallelen zwischen den Koalitionspartnern im Bund und in Wien.

Zwischen Wien und der Bundesebene gebe es „keinen wirklichen Unterschied“ bei der Machtpolitik, meinte Hebein vor rund 700 Teilnehmern der Landesversammlung. „Manchmal habe ich den Eindruck, dass der eine oder andere in der SPÖ überzeugt ist, wie in den 70er Jahren weitermachen zu können.“ In den letzten zehn Jahren habe es in Wien „lebendige, grüne Politik“ gegeben. Diese werde aber oft von der SPÖ verkauft, kritisiert Hebein in ihrer Rede.

Bei der Gemeinderatswahl 2020 werde es um die Frage „Rot-Grün oder Rot-Schwarz“ gehen. „Wollen wir Politik aus dem letzten Jahrtausend oder Politik für die Zukunft?“, so Hebein. Mit Rot-Schwarz in der Stadt, so zeigte sich Hebein überzeugt, werde es wieder „retour“ gehen. Das würde „ein bissl mehr Beton“ und eine ständige Auseinandersetzung um die Wegnahme von Parkplätzen bedeuten. „Wir machen aus Wien eine Klimahauptstadt. Wenn wir nichts zu tun, wird es in Wien 2050 sieben Grad im Sommer heißer sein. Die Klimakrise ist die soziale Krise der nächsten Generation, und es ist für mich undenkbar, diese zwei Themen zu trennen“, meinte Hebein.

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Vizebürgermeisterin Birgit Hebein bei der 82. Landesversammlung der Wiener Grünen
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Birgit Hebein will Wien zur Klimahauptstadt machen
Vizekanzler Werner Kogler bei der 82. Landesversammlung der Wiener Grünen
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Vizekanzler Werner Kogler sieht für die Grünen bei der Wiener Gemeinderatswahl „beste Voraussetzungen“
Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) bei der 82. Landesversammlung der Wiener Grünen
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Für Verkehrsministerin Leonore Gewessler wird die Gemeinderatswahl in Wien zur „Klimawahl“
Judith Pühringer, Peter Kraus,   Birgit Hebein und David Ellensohn bei der 82. Landesversammlung der Wiener Grünen
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Hinter Spitzenkandidatin Birgit Hebein kandidieren Peter Kraus, Judith Pühringer und David Ellensohn auf den Listenplätzen zwei bis vier
Delegierte bei der Landesversammlung der Wiener Grünen im Austria Center
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Im Austria Center stimmen die Grünen am Samstag über 29 Kandidaten für die Wiener Gemeinderatswahl ab
Landesversammlung der Wiener Grünen im Austria Center
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Unter den Kandidaten sind auch einige Quereinsteiger
Besucher der Landesversammlung der Wiener Grünen im Austria Center
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Die Wiener Grünen treffen sich zum 82. Mal zu einer Landesversammlung
Maria Vassilakou und Birgit Hebein 2018
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Birgit Hebein bei der Landesversammlung 2018 mit ihrer Vorgängerin Maria Vassilakou

Wien mit „progressiver Mehrheit“

„Wien hat eine progressive Mehrheit, und das ist gut so, auch wenn das andere Parteien und manchmal auch der Koalitionspartner nicht so gerne hört. Aber das gesamte Land hat das nicht. Ich halte es für eine Chance für Österreich, dass es Schwarz-Grün gibt, auch wenn wir Grünen dabei ein Risiko eingegangen sind. Es ist nicht unsere Aufgabe als Grüne, die türkise Partei zu verändern. Das Ziel ist, für die Menschen etwas Besseres zu erreichen, und daran wird die neue Koalition gemessen“, erklärte Hebein.

Dass Hebein den Wunsch äußerte, langfristig den Autoverkehr um die Hälfte zu reduzieren, sorgte für wenig erfreute Reaktionen der FPÖ und der Allianz für Österreich (DAÖ), die kürzlich von Ex-FPÖ-Mandataren gegründet worden ist. Der geschäftsführende Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp ortete etwa einen „Anschlag auf die Mobilität, Entscheidungsfreiheit und Lebensqualität der Wiener Bevölkerung“.

Grüne wählten Kandidaten für Wien-Wahl

Die Wiener Grünen haben bei ihrer 82. Landesversammlung im Austria Center Vienna die Kandidaten für die Gemeinderatswahl gewählt.

Lob von Kogler für Hebein

Eine „besonders transparente und besonders demokratische Entwicklung“ attestierte Bundessprecher Werner Kogler den Wiener Grünen in Bezug auf das neue Prozedere für die Kandidatenwahl: „Ihr habt dabei viel gewonnen, besonders bei der Spitzenkandidatin.“ Er sei gespannt, „wie die demokratischen Experimente weitergehen“. „Es macht einen Unterschied, wer regiert“, schwor Kogler die Stimmberechtigten auf der Wiener Landesversammlung ein.

Für die Gemeinderatswahl sieht Kogler „beste Voraussetzungen“, denn Wien sei „eine weltoffene Stadt, mit viel Innovation, Ökologie, Solidarität und sozialem Gewissen – in klassischem Sinn sozial gerecht.“ Bei Hebein bewundere er, „wie du dein Arbeitspensum schaffst und dass es dir wirklich um alle Menschen in Wien geht. Die entsprechenden Rahmenbedingungen zu drehen, das trauen wir dir zu, und das trauen dir immer mehr Menschen zu.“ Hebein sei „eine hervorragende Spitzenkandidatin“, die es verstünde, „Ökologie und Gerechtigkeit unter einen Hut“ zu bringen. Zugleich verwies er auf die Rolle der Grünen als Antikorruptionspartei.

Grüne Brille für Hebein

Hebein ermutigte der Bundessprecher, „die grüne Handschrift in der Stadt weiterzuschreiben“. Als Glücksbringer für den Wahlkampf schenkte er ihr eine grüne Plastiksonnenbrille. Die Partei habe seit dem Grünen „Zukunftskongress“ 2018 eine „besonders demokratische, besonders transparente Entwicklung“ durchgemacht, der Erfolg bei den Wahlen 2019 bestätige diesen Prozess.

Verkehrs- und Umweltministerin Leonore Gewessler verwies ebenfalls auf die Bedeutung der Wien-Wahl. Diese werde eine „Klimawahl“. Denn: „Wir brauchen die Städte als Labore zum Ausprobieren.“ Hier könne man entsprechende Projekte vorzeigen. In Anbetracht der globalen Auswirkungen des Klimawandels bestehe dringender Handlungsbedarf im Klimaschutz.

Analyse der Listenaufstellung

ORF-Reporter Lukas Lattinger hat die Landesversammlung der Grünen am Samstag verfolgt und analysiert, was der Schwerpunkt Klimaschutz bedeuten kann.

Peter Kraus auf Listenplatz zwei

Das erste Teilergebnis bei der Listenerstellung für die Gemeinderatswahl betraf die Plätze zwei bis vier. Auf Platz zwei wurde Peter Kraus gewählt, auf Platz drei Judith Pühringer, auf Platz vier David Ellensohn. Dass Kraus und Pühringer bei der Listenwahl den amtierenden Rathaus-Klubobmann Ellensohn überholt haben, ist keine Vorentscheidung über die künftige Klubführung. Das hat jedenfalls Hebein im Gespräch mit Medienvertretern betont. Derartige Entscheidungen würden später gemeinsam getroffen, versicherte sie.

In zwei Blöcken wurde dann über die Kandidatinnen und Kandidaten auf den Listenplätzen fünf bis 30 abgestimmt. Insgesamt kandidierten 49 Personen. Die Wahlberechtigten mussten auf einem Stimmzettel die Reihenfolge ihrer Lieblingskandidaten angeben. Danach wurde nach einem speziellen System ausgezählt. Nun haben die Gewerkschafterin Viktoria Spielmann, die ehemalige Nationalratsabgeordnete Berivan Aslan oder die Pädagogin Heidi Sequenz und der Pädagoge Felix Stadler Chancen auf einen Einzug. Die bisher üblichen Vorstellungsreden gab es nicht mehr. Stattdessen standen diese ab 9.00 Uhr im Foyer den Teilnehmern der Landesversammlung Rede und Antwort.

Auch die Wahl von Birgit Hebein zur Spitzenkandidatin erfolgte 2018 mit einem neuen Abstimmungsprozedere. Statt in einer Landesversammlung hatten die Grünen die Listenerste mittels Briefwahl gekürt, wobei sich Hebein gegen vier Kandidaten durchsetzen konnte. Zur Wahl standen auch David Ellensohn, Peter Kraus, der Meidlinger Bezirksrat Benjamin Kaan und die Ärztin Marihan Abensperg-Traun. Hebein lag im letzten Auszählungsdurchgang vor Peter Kraus voran.