Der Stephansdom aus der Vogelperspektive
ORF.at/Dominique Hammer
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Chronik

Coronavirus legt Kulturleben lahm

Die Bundesregierung hat am Dienstag massive Einschränkungen des öffentlichen Lebens in Österreich bekanntgegeben. Auf dieser Grundlage gab es in Wien bereits erste Schließungen. Betroffen ist alles, von Kultur über Bildung bis hin zum Sport – und dem Stephansdom.

Das Wiener Wahrzeichen wird wegen der Corona-Krise für Touristen bis auf weiteres gesperrt. Gläubige der Erzdiözese Wien wurden „von der Sonntagspflicht dispensiert“, dürfen also auch an einem anderen Tag die Messe besuchen. Der Dom bleibt aber für Gläubige, die Gottesdienste besuchen, beten oder beichten wollen, bis zu einer Anzahl von 100 Personen offen. Auch die Öffnungszeiten wurden nicht verändert. Bis Anfang April verzichtet der Stephansdom bei den Messen auf Mund- und Kelchkommunion, den Friedensgruß per Händedruck und generell auf den Gebrauch von Weihwasser.

Sängerknaben stornieren Tournee

Die Wiener Sängerknaben haben die für nächste Woche geplante Tournee nach Belgien, in die Niederlande und nach Dänemark abgesagt. Ebenfalls finden in der Wiener Hofburgkapelle bis vorerst 29. März keine Messen statt. Sowohl das Theater in der Josefstadt als auch das Wiener Konzerthaus sagen ebenfalls aufgrund der von der Regierung verkündeten Maßnahmen alle geplanten Veranstaltungen bis Ende März ab. „Das betrifft natürlich alle Veranstaltungen bei uns“, sagte eine Konzerthaus-Sprecherin zur APA. Ob auch die beiden für heute Abend geplanten Konzerte abgesagt werden müssen, sei noch nicht klar, man warte noch auf den konkreten Erlass der Bundesregierung.

Das Konzerthaus wird alle Konzerte daraufhin prüfen, ob sie nachgeholt werden können. Die Kunden werden über die Absagen bzw. die Verschiebungen informiert. Wird kein Ersatzkonzert angeboten, können die Tickets innerhalb von sechs Monaten zurückgegeben werden. Im Theater in der Josefstadt werden alle Vorstellungen bis Ende März im Haupthaus und in den Kammerspielen abgesagt. Das betrifft unter anderem auch die für Donnerstag geplante Uraufführung von „Geheimnis einer Unbekannten“ von Christopher Hampton nach Stefan Zweig. Offen ist hingegen noch, ob die Premiere von Hermann Bahrs „Das Konzert“ in der Regie von Janusz Kica am 2. April stattfinden kann.

Albertina sagt Eröffnung ab

Die Albertina ist ein weiteres prominentes Beispiel. Die für Donnerstag vorgesehene Eröffnung der neuen „Albertina modern“ im umgebauten Künstlerhaus wird laut Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder abgesagt. Ob sich die am Dienstag verlautbarten Einschränkungen auf den Museumsbetrieb auswirken, konnte er noch nicht sagen. „Wir müssen die genaue Formulierung des Erlasses abwarten“, so Schröder. Derzeit seien in der Albertina bereits massive Besucherrückgänge zu verzeichnen. Besucher aus Spanien, Frankreich, Italien, asiatischen Ländern oder den USA seien in den vergangenen Tagen kaum mehr zu verzeichnen gewesen.

Wiener Künstlerhaus und Albertina Modern
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Am Donnerstag hätte die „Albertina modern“ eröffnet werden sollen

Die Uraufführung von Tscho Theissings „Genia oder Das Lächeln der Maschine“ in der Wiener Kammeroper am Dienstag wird gespielt. Nur Medienvertreter sind eingeladen, der Premiere beizuwohnen. Für das Publikum soll die Aufführung aufgezeichnet werden. Wie mit der Premiere von „Fidelio“ am kommenden Montag im Theater an der Wien verfahren wird, ist noch nicht klar. Aktuell werde im Haus weiter dafür geprobt, hieß es vonseiten der Vereinigten Bühnen Wien.

Abgesagt wird auch die im Rahmen des Science Talks in der Aula der Wissenschaften angesetzte Preisverleihung für das „Wissenschaftsbuch des Jahres“. Die Uraufführung von „The.Heldenplatz.Thing“, eines Mash-ups aus Thomas Bernhards „Heldenplatz“ und John Carpenters „The Thing“, im Wiener OFF Theater findet dagegen planmäßig statt. Die Kapazität liege unter 100 Plätzen, heißt es aus dem Haus.

„Cats“ im Ronacher bis Anfang April abgesagt

In der Wiener Stadthalle finden bis vorläufig Anfang April keine Veranstaltungen mit mehr als 100 Besuchern statt. Gemeinsam mit den Veranstaltern wird mit Hochdruck daran gearbeitet, nach Möglichkeit Ersatztermine für die abgesagten Veranstaltungen zu finden und den Umtausch von bereits erworbenen Tickets so unkompliziert wie möglich abzuwickeln.

Wiener Stadthalle
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Die Stadthalle Wien cancelt 23 Events – Tickets können bei Vorverkaufsstellen retourniert werden

Neben der Wiener Stadthalle sind auch die Theater der Vereinigten Bühnen Wien und Wien-Ticket betroffen. Die täglich ausverkauften Shows von „Cats“ im Ronacher sowie die Opernaufführungen im Theater an der Wien und der Wiener Kammeroper sind bis Anfang April abgesagt. "Inwiefern auch unsere Museen und unsere anderen Freizeitbetriebe betroffen sein werden, beziehungsweise welche Zugangsbeschränkungen gesetzt werden, wird sich zeigen, sobald der von der Regierung angekündigte Erlass vorliegt und seine genauen Formulierungen bekannt sind“, so Wien Holding-Chef Kurt Gollowitzer.

Strafverteidiger und Messen, Konzerte und Theater

„Leider hat das Coronavirus die an sich starken Strafverteidiger in die Knie gezwungen“, teilte der Präsident der Vereinigung Österreichischer StrafverteidigerInnen, Manfred Ainedter, Dienstagmittag mit. Er sagte angesichts der jüngsten Entwicklungen in der Coronavirus-Krise den für das kommende Wochenende in Wien geplanten Strafverteidigertag ab. Die Messe Wien hat ihre beiden großen Frühjahrsmessen abgesagt: die Wiener Immobilienmesse und die „Wohnen & Interieur“. Neue Termine sollen in den nächsten Tagen bekannt gegeben werden. Der Schaden durch die Absagen könne noch nicht abgeschätzt werden, hieß es.

Dasselbe gilt auch für Veranstalter diverser Konzerte und Kulturevents. Allein für den Konzertveranstalter Barracuda Music bedeute das Veranstaltungsverbot von Events mit mehr als 100 (Halle) bzw. 500 (Freiluft) Besuchern laut eigenen Angaben die Absage von 40 Konzerten bis Ende März. Neben Konzertveranstaltern sind aber vor allem auch Theater und Opernhäuser betroffen. Dienstag tagten in vielen Kulturinstitutionen die Krisenstäbe, um zu klären, wie etwa mit den kommenden Premieren und Konzerten umgegangen werden soll.

Auch Fußball-Bundesliga und Gottesdienste betroffen

In der Erzdiözese Wien werden die Vorgaben der Regierung für Gottesdienste und kirchliche Veranstaltungen übernommen. Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) setzte alle Gottesdienste in den Moscheen aus. Diese Regel gelte ab dem kommenden Freitagsgebet, hieß es – mehr dazu in Kirche erlaubt maximal 100 Besucher in Messen(religion.ORF.at).

Die Fußball-Bundesliga hat die Spiele der ersten und zweiten Liga nach den aufgrund des Coronavirus verhängten Maßnahmen der Regierung vorerst ausgesetzt. Die Eishockey-Bundesliga wurde erstmals seit 1945 vorzeitig ohne Meister beendet. Mehr dazu auf Fußballbundesliga stellt Spielbetrieb ein(sport.ORF.at)

Welche Veranstaltungen noch stattfinden (Auszug)

– Theater Bronski & Grünberg Exakt 69 Plätze bietet das Theater in Wien-Alsergrund: Dort steht etwa am Donnerstag der Jacques Brel-Abend von Benjamin Vanyek auf dem Programm.

– Dschungel Wien Im Kinder- und Jugendtheater im MuseumsQuartier gibt es zwar einen Saal mit über 100 Plätzen, allerdings hat sich die dortige Geschäftsführung dazu entschlossen, für alle Vorstellungen bis zum Ende der Maßnahmen die Tickets auf 99 Plätze zu reduzieren.

– Volkstheater Das Volkstheater hat seine Vorstellungen im Ausweichquartier in der Halle E bis auf weiteres abgesagt, im Volx/Margareten sowie die Bezirksvorstellungen finden jedoch in reduziertem Rahmen mit 99 Zuschauern statt.

– Literaturveranstaltungen Die Veranstaltung in der Österreichischen Gesellschaft für Literatur in der Herrengasse in der Wiener Innenstadt finden wie geplant statt.

– Schikander und Top Kino Beide gehen davon aus, ihre Kinosäle offen halten zu können. Das Schikaneder Kino fällt mit 87 Sitzplätzen unter die 100-Leute-Obergrenze, und auch in die beiden Säle im Topkino passen jeweils nur 54 bzw. 96 Zuschauer.

– Porgy & Bess Der Wiener Jazzclub ging davon aus, zunächst einmal keine Veranstaltungen absagen zu müssen, da ohnehin bei vielen Konzerten die Grenze von 100 Personen nicht überschritten werde.