Sitzung des Wiener Gemeinderats mit Beschlüssen zu einem Corona-Hilfspaket
APA/Thomas Rieder
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Politik

Gemeinderat: Mehr Hilfe für Homeoffice

Im Gemeinderat sind Hilfsmaßnahmen der Stadt wegen des Coronavirus beschlossen worden. So wird es für Homeoffice insgesamt sechs Millionen Euro an Hilfe geben. Gemeinderat und Landtag tagen in veränderter Form.

„Wir verdreifachen die bereitgestellte Summe, um schnell und unbürokratisch zu helfen“, so Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) im Gemeinderat über die Hilfe für Homeoffice. Statt der bisher vorgesehenen zwei Millionen Euro stehen über die Wirtschaftsagentur Wien also sechs Millionen Euro aus dem Stadtbudget bereit. Damit soll die Anschaffung von Hardware, Software und Netzwerk-Infrastruktur vor allem für mehr als 60.000 Kleinst-, Klein- und Mittelbetriebe unterstützt werden.

Gemeinderat: Gemeinsam gegen die Krise

Im Gemeinderat sind Hilfsmaßnahmen der Stadt wegen des Coronavirus beschlossen worden. So wird es für Homeoffice insgesamt sechs Millionen Euro an Hilfe geben. Auffällig ist der Schulterschluss der Parteien.

Pro Unternehmen gibt es von der Stadt eine Förderung von 75 Prozent der Anschaffungskosten bis zu 10.000 Euro. Mehr als 700 Anträge sind in der ersten Woche der Förderung bei der Wirtschaftsagentur eingegangen. „Wir wollen den Unternehmen in Wien jetzt in dieser Phase einen schnellen Umstieg in die akut notwendige neue Art des Arbeitens ermöglichen und so dazu beitragen, dass Arbeitsplätze erhalten bleiben,“ so Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ).

Bürgermeister Michael Ludwig  bei einer Sitzung des Wiener Gemeinderats mit Beschlüssen zu einem Corona-Hilfspaket
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Bürgermeister Michael Ludwig hat im Gemeinderat weitere Hilfsmaßnahmen angekündigt

Beschluss über Taxi-Gutscheine

Einstimmig ist im Gemeinderat das kürzlich verkündete, 50 Millionen Euro schwere Hilfspaket für Sofortmaßnahmen der Stadt Wien beschlossen worden. Insgesamt sind 85 Millionen Euro im Sonderbudget. Teil des Corona-Hilfspakets sind auch Taxi-Gutscheine für Wienerinnen und Wiener im Alter über 65 Jahre. Rund 300.000 Betroffene sind in den vergangenen Tagen per Post informiert worden. Die Gutscheine über 50 Euro werden ebenfalls per Post übermittelt.

„Mit den Taxi-Gutscheinen erreichen wir, dass die ältere Generation zu den notwendigen Terminen mit dem Taxi fahren kann und dadurch das Infektionsrisiko durch mögliche Kontakte in den Öffis minimiert wird“, so Bürgermeister Michael Ludwig.

Krise mit psychischen und psychosozialen Folgen

Der Bürgermeister betonte außerdem, die Stadt habe „schon am Tag Eins Maßnahmen ergriffen, um mit der schwierigen Situation umzugehen“. Bereits Ende Jänner sei ein medizinischer Krisenstab eingesetzt worden, Materialbestände in den Spitälern seien aufgefüllt, der Pandemieplan aktualisiert worden. Mit dem Betreuungszentrum in der Messe mit vorerst 880 Betten für milde Corona-Verläufe, mobilen Ärzteteams für die Testabstriche zu Hause und dem Besuchsverbot in Spitälern und Pensionistenwohnhäusern zum Schutz der Gesundheitsversorgung bzw. der älteren Risikogruppe seien weitere Schritte gesetzt worden.

Ludwig meinte, dass die Coronakrise alle Lebensbereiche betreffe – und das habe auch psychische bzw. psychosoziale Folgen. Gerade die Ausgangsbeschränkungen stellten für Menschen in der Großstadt eine große Herausforderung da. „Der positive Effekt kann sein, dass 2020 vielleicht eines der geburtenstärksten Jahre wird“, scherzte der Stadtchef. Es bestehe aber auch die Gefahr von Aggression und Depression, weil die Mehrzahl der Einwohner – anders als am Land – weder über Garten noch Balkon oder Terrasse verfüge.

In diesem Zusammenhang bekräftigte der Bürgermeister seine Forderung an den Bund, die Bundesgärten in Wien aufzusperren. Denn in den geöffneten städtischen Parks verhalte sich die Bevölkerung bis auf wenige Ausnahmen sehr diszipliniert und halte den geforderten Mindestabstand zueinander ein.

Opposition verzichtet vorerst auf Manöverkritik

Auf Kritik an einzelnen Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronavirus-Krise haben die Oppositionsparteien im Gemeinderat verzichtet, es sei nicht die Zeit für Manöverkritik, vielmehr müssten Maßnahmen gesetzt werden, um verunsicherte Wienerinnen und die Wiener durch die Krise zu bringen, hieß es. „Darüber reden, was alles falsch gelaufen ist, werden wir danach“, meinte etwa Vizebürgermeister Dominik Nepp (FPÖ).

Manfred Juraczka (ÖVP) erinnerte an die Oppositionsrolle der ÖVP in Wien: „Wir beobachten genau, was passiert.“ Die Corona-Krise lasse jetzt keine politische Beurteilung zu, „aber wir sind wachsam“, so Juraczka. Für Christoph Wiederkehr (NEOS) gelte es, jede Maßnahme des Bundes laufend zu prüfen. Er forderte ein Ende des „Partei-Hick-Hacks“ zwischen Land Wien und Bund, was zum Beispiel die „klare Kommunikation“ zur Schließung der Spielplätze betreffe. GR Karl Baron (DAÖ) verwies auf „Expertenmeinungen“, welche die Maßnahmen des Bundes als „überhastet“, und als einen „künstlich herbeigeführten Kollaps der Wirtschaft“ bezeichneten.

Jennifer Kickert (Grüne) warb um Einigkeit und Zusammenhalt im Plenum. „Es ist eine Ausnahmesituation. Gehen wir alle runter mit den Ansprüchen. Unterstützen wir uns gegenseitig“, so Kickert. Das sei besonders spannend im „System Stadt“, wo Interessensgruppen „über Parteigrenzen hinweg“ auf einmal ins Reden kommen müssten – und das produktiv funktioniere.

Aktuelle Stunde über Schulen

Erster Punkt der Tagesordnung war am Donnerstag eine Aktuelle Stunde, auf Verlangen von NEOS wurde über die Situation der Schulen in Zeiten der Viruskrise diskutiert. NEOS fordert ein 10-Millionen-Hilfspaket für digitales Lernen. „Es gibt Familien da fehlen der Platz und die finanziellen Mittel für die technische Infrastruktur. In anderen Haushalten liegt das Problem darin, dass die Eltern ihren Kindern nicht helfen können, da sie arbeiten müssen, oder die Sprache nicht ausreichend beherrschen. Diese Kinder sind jetzt auf unsere Hilfe angewiesen", erklärte NEOS-Klubobmann Christoph Wiederkehr.

Kredithilfe für Tourismus

Zur Unterstützung des Tourismus stellt die Österreichische Hotel- und Tourismusbank stellt einen Haftungsrahmen von 100 Mio. Euro zur Besicherung von Überbrückungsfinanzierungen zur Verfügung. Die Stadt Wien übernimmt mittels Anschlussförderung den Zinsendienst bis maximal zwei Prozent. Abgewickelt wird diese Maßnahme in Höhe von 1,5 Millionen Euro ebenfalls von der Wirtschaftsagentur.

Die Wiener Hoteliers haben am Donnerstag Entschädigungen für alle Herbergsbetriebe in der Stadt gefordert. Derzeit würden nur Hotels Mittel erhalten, die behördlich geschlossen wurden. Auf Hilfe seien aber alle angewiesen, da wegen des „komplett eingebrochenen Tourismus“ alle von „massiven Einbußen“ betroffen seien, betonte Wiens Wirtschaftskammer-Fachgruppenobmann Dominic Schmid.

Man sei sich im Rahmen des Kampfes gegen Covid-19 mehr als bewusst, betonte Schmid: „Der Betrieb für Pflegepersonal oder Schlüsselkräfte bleibt natürlich weiterhin aufrecht. Dafür braucht es aber bei weitem nicht alle der insgesamt 750 Hotelbetriebe in Wien. Für diese laufen die Kosten aber ohne Gäste weiter.“ Deshalb sei finanzielle Hilfe notwendig.

Debatte um „schwimmende Gärten“

Während das Hilfspaket einstimmig beschlossen wurde gab es bei weiteren Abstimmungen im Gemeinderat nur Beschlüsse mit den Stimmen von SPÖ und Grünen, etwa für den Bau der „Schwimmenden Gärten“ bei der Kaiserbadschleuse am Donaukanal.

Georg Fürnkranz (FPÖ) meinte, es sei ein Bau wie die „Wiental-Terrassen“ geplant. Die seien laut Fürnkranz schon ein Misserfolg gewesen: „Die Kosten sind explodiert, das Ding ist unbrauchbar im Winter, das Projekt wurde zu Recht vom Rechnungshof zerpflückt. Jetzt wird der Blödsinn wiederholt.“ Josef Taucher (SPÖ) sprach dagegen von einer "Vorsorge für den nächsten Hitze-Sommer“. Es sei besonders wichtig, Asphalt aufzubrechen, um die kühle Luft des Donaukanals zu nutzen.

Jugendhilfe im Landtag beschlossen

Unmittelbar nach der Sitzung des Gemeinderats folgt eine Landtagssitzung. Sie wurde von Freitag auf Donnerstag vorgezogen und ging nach demselben reduzierten Schema über die Bühne. Mehrheitlich wurde dabei eine Novelle zum Mindestsicherungsgesetz, konkret die Schaffung der Wiener Jugendhilfe, beschlossen. ÖVP und FPÖ lehnten die Novelle ab, weil Begutachtungszeit dafür gefehlt hätte.

Neue Sitzordnung und geänderte Abstimmungen

Für die Sitzungen am Donnerstag hatten alle Fraktionen eine „Sonderfraktionsvereinbarung Pandemie“ geschlossen. Damit soll das Funktionieren der politischen Arbeit in Wien abgesichert werden, wie Thomas Reindl (SPÖ), Vorsitzender des Gemeinderats, am Beginn der Sitzung sagte. Demnach gab es für die Wortmeldungen eine verkürzte Redezeit. In den Saal durften auch nur Mitglieder des Plenums. 66 statt 100 Mandatare waren im Sitzungssaal anwesend, damit waren Gemeinderat und Landtag beschlussfähig.

Ähnlich wie im Parlament gab es zudem eine neue Sitzordnung, damit der Sicherheitsabstand von einem Meter eingehalten werden konnte. Die Besuchergalerie wurde einbezogen. Erstmals waren im Gemeinderat keine Stenographen anwesend, damit wurden etwa keine Zwischenrufe protokolliert. Die Anfragen an Stadtregierungsmitglieder erfolgten nur schriftlich, alle Abstimmungen zur Tagesordnung und Anträge fanden am Ende der Sitzung statt.