Alkohol im Supermarktregal
ORF.at/Lukas Krummholz
ORF.at/Lukas Krummholz
Chronik

Der Griff zur Flasche in der Krise

Die Coronaviruspandemie allein ist für viele Menschen schon schlimm genug. Doch oft kommen zur Angst um die Gesundheit noch andere Probleme dazu. Das stellt für Menschen, die vor der Krise ein Suchtproblem hatten, jetzt eine besondere Gefahr dar.

Die Straßen sind leer, die Wohnungen voll. Kinder sind zu Hause, weil Schulen geschlossen sind, dazu noch der Haushalt und Homeoffice. Suchtkranke trifft es derzeit ganz besonders hart, „weil ganz viele Möglichkeiten, die sie sonst üblicherweise haben, mit der Sucht wie auch mit der Krankheit umzugehen, wegfallen“, sagte Michael Musalek, Leiter des Anton Proksch Instituts gegenüber „Wien heute“.

Der Griff zur Flasche in der Krise

Wer schon vor der Corona-Krise ein Suchtproblem hatte, ist jetzt besonders gefährdet. Wenn Sorgen und Ängste größer werden, greifen viele verstärkt zur Flasche.

Verkauf von Alkoholika steigt an

Besonders Alkohol spielt eine große Rolle. Einige Supermärkte verzeichnen einen deutlichen Anstieg bei alkoholischen Getränken. Auf der Online-Plattform einer Supermarktkette hat sich der Absatz seit Beginn der Pandemie verdoppelt. 340.000 Österreicherinnen und Österreicher sind abhängig von Alkohol. Eine regelmäßige Therapie wäre sinnvoll, derzeit wird wegen der Ausgangsbeschränkungen Hilfe per Telefon und Videochat angeboten.

Wichtige Telefonnummern

Sozialpsychiatrischer Notdienst:
(01) 31330

Anton Proksch Institut:
+43 1 880 100

Doch mit der Familie rund um die Uhr in der selben Wohnung, das macht ein Gespräch mit einer Therapeutin oder einem Therapeuten nicht einfach, gab Musalek zu bedenken: „Es gibt nun mal einige Gespräche, die man führen möchte, ohne dass andere zuhören. Und das andere ist: Wenn man sehr eng zusammenlebt, was natürlich auch eine psychische Herausforderung ist, dass es viel leichter zu Aggressionen und Spannungszuständen kommen kann, die dann wieder dazu führen, dass man Alkohol oder ähnliche Substanzen zu sich nimmt, um wieder runterzukommen.“

Körperliche Distanz statt sozialer Distanz

Aber auch Einsamkeit steckt oft hinter einer Alkoholsucht. Das vielzitierte Social-Distancing hört der Suchtexperte deshalb nicht gern, denn sozial-isoliert zu sein löst Ängste aus: „Daher sollte man auch vermeiden, von sozialer Distanzierung zu sprechen, sondern von körperlicher Distanzierung, aber psychosozialer Nähe. Denn genau diese psychosoziale Nähe, die nicht unbedingt mit einer körperlichen Nähe in Verbindung sein muss, die brauchen wir wie ein Stückchen Brot heute.“ – Auch wenn es schwer fällt: Ein Gespräch mit Profis kann helfen, eine akute Situation zu entschärfen.