Der Sitz der Fluglinie Laudamotion in Schwechat
APA/Helmut Fohringer
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Wirtschaft

Laudamotion: KV-Verhandlungen gescheitert

Laudamotion, die Tochter der irischen Billigfluglinie Ryanair, schließt am Freitag wohl endgültig ihre Basis in Wien. Jüngste Gespräche zum Kollektivvertrag sind in der Nacht ohne Einigung geblieben. Über 300 Mitarbeiter dürften nun ihren Job verlieren.

15 Stunden lang haben die Vertreter der Sozialpartner – Wirtschaftskammer und Gewerkschaft vida – eine Lösung gesucht. Gescheitert ist es an der Entlohnung. Nach Angaben von vida-Vorsitzendem Roman Hebenstreit war es nicht möglich, einen Mindestlohn von 1.300 Euro netto zu erreichen. „Uns ist vollkommen klar, dass man in Krisenzeiten einen Beitrag leistet. Dass man dabei dauerhaft über das Unterschreiten der Armutsschwelle bei Vollzeit-Schichtarbeitern redet, steht einfach in keiner Relation“, sagte er im Ö1-Morgenjournal.

Basis muss wohl schließen

Die Lauda-Geschäftsführung hatte der Gewerkschaft vida mehrere Ultimaten gesetzt, bis wann sie den KV unterschreiben muss, um die Schließung der Basis zu verhindern. Die über 300 betroffenen Beschäftigten wurden bereits beim AMS von der Kurzarbeit abgemeldet und zur Kündigung angemeldet. Eine Maßnahme ohne Not, kritisiert die Gewerkschaft. Ryanair hätte für ihre Tochterfirma auch weiter ein staatlich subventioniertes Kurzarbeitsmodell in Anspruch nehmen können.

Die Wirtschaftskammer übte unterdessen Kritik an vida. Ryanair habe die Vertragskonditionen bei den Verhandlungen in der Nacht stark nachgebessert. Das Angebot sei von Gewerkschaftsseite trotzdem abgelehnt worden. „Das Unternehmen hätte in den Verhandlungen die garantierte Jahresauszahlungssumme für die Einstiegsgehälter der Flugbegleiter um mehr als 30 Prozent erhöht“, hieß es in einer Aussendung der Wirtschaftskammer.

Lauda-Mitarbeiter bei einer Demo
APA/AVIATIONNETONLINE/Jan Gruber
Am Montag hatten Lauda-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Erhalt der Basis demonstriert

Protestaktion der Mitarbeiter

Für Unmut hatte die Ablehnung durch die Gewerkschaft auch schon in der Belegschaft gesorgt. Bei einer Protestaktion am Montag hatten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Laudamotion die Gewerkschaft aufgefordert, den – damals noch nicht nachgebesserten – Vertrag zu unterschreiben.

Laut dem Lauda-Piloten Thomas Gurgiser, der den Protest gegen die vida initiiert hat, habe Laudamotion bei den Grundgehältern für die Flugbegleiter nachgebessert und diese von 14.000 auf 19.200 brutto im Jahr angehoben. Auch sei man der Gewerkschaft bei weiteren Punkten entgegengekommen.

Laudamotion sieht Kanzler Kurz gefordert

Die Ryanair-Tochter Laudamotion sieht in den gescheiterten KV-Verhandlungen einen „Skandal“ der Gewerkschaft vida und ruft nach einem Machtwort von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). „Lauda ruft Kanzler Kurz auf, in diesen vida-Skandal einzugreifen“, hieß es am Freitag in einer englischsprachigen Aussendung. Bei der Schließung der Laudamotion-Basis in Wien ist das letzte Wort offenbar noch nicht gesprochen.

„Kanzler Kurz kann diese gut bezahlten Jobs in Wien noch retten, in dem er den unehrlichen Vida-Vorsitzenden Daniel Liebhart auffordert den Lauda-KV zu unterschreiben oder zurückzutreten“, heißt es in der Pressemitteilung. vida-Chefverhandler Liebhart habe „illegalerweise“ Mitarbeitern von AUA und Level erlaubt, an den Verhandlungen teilzunehmen. Bei KV-Verhandlungen nehmen üblicherweise Funktionäre und Vertreter der betroffenen Branche teil. In der Luftfahrt gibt es – sehr zum Ärger der Gewerkschaft – aber keinen gemeinsamen Branchenkollektivvertrag.

„Restriktive Klauseln“ entfernt

Laudamotion habe bei dem nächtlichen Verhandlungsmarathon eine „Serie an dramatischen Last-Minute-Zugeständnissen gemacht und restriktive Klauseln entfernt“, betonte die Billigfluglinie ihre Verhandlungsbereitschaft. Den Flugbegleitern hätte man ein Mindesteinkommen von 19.200 Euro brutto pro Jahr garantiert.

Laudamotion hat mehrmals angekündigt, die Basis in Wien per 29. Mai zu schließen. Daran soll sich nun auch nichts mehr ändern, die Schließung sei heute „fällig“, wie es in der Aussendung heißt. „Die Basis wird heute im Laufe des Tages geschlossen“, noch sei eine Unterschrift aber möglich, sagte eine Lauda-Sprecherin am Freitag auf APA-Nachfrage.

Ein Teil der Lauda-Flieger wurde bereits nach Deutschland, Großbritannien und Spanien ausgeflogen. Die 300 betroffenen Piloten und Flugbegleiter wurden bereits beim AMS von der Kurzarbeit abgemeldet und zur Kündigung angemeldet. Gleiches gilt für die 70 Angestellten der Lauda-Zentrale sowie 200 Crewlink-Leiharbeiter.

Lauda-Mitarbeiter „unvermittelbar“

Nach dem Scheitern der Verhandlungen sehen betroffene Piloten und Flugbegleiter keine berufliche Perspektive. Sie machten am Freitag in einem Schreiben die Gewerkschaft vida für die anstehende Schließung der Lauda-Basis verantwortlich. „Wir werden als unvermittelbare Fälle beim Arbeitsmarktservice enden“, schreibt Base Supervisor Paulo Patena „im Namen der in Wien ansässigen Aircrew“.

Die Coronavirus-Krise habe dazu geführt, dass europaweit tausende hochqualifizierte Mitarbeiter in der Luftfahrt ihre Jobs verloren haben. „Die Aussichten auf eine neue Beschäftigung sind denkbar schlecht, denn weder in Österreich, noch in ganz Europa sucht auch nur eine einzige Fluggesellschaft Piloten und Flugbegleiter. Durch Massenentlassungen bei verschiedenen Airlines suchen so viele Menschen einen neuen Job, dass es für die Lauda-Mitarbeiter sehr schwer werden wird irgendwo unterzukommen.“

Vida verteidigt Vorgehen

Das fliegende Personal der Lauda-Basis Wien sei „schockiert“. Die Gewerkschaft vida habe in den nächtlichen Verhandlungen „neue, absurde Forderungen“ gestellt, so die Mitarbeitergruppe. Sie ruft, wie zuvor schon die Laudamotion-Geschäftsführung, Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) um Hilfe gegen die Gewerkschaft. vida-Chef Roman Hebenstreit verteidigte die Ablehnung des Kollektivvertrags. „Für uns gibt es ganz klare rote Linien: Wir können weder ein Grundgehalt unter der Armutsschwelle akzeptieren, noch können wir einen Vertrag unterschreiben, der rechtswidrige Bestimmungen enthält“, schrieb Hebenstreit am Freitag in einer Aussendung.

Die vida habe einen Kompromissvorschlag – ein Grundgehalt über der Armutsgrenze für Flugbegleiter sowie eine Reduktion der Einkommensverluste bei den Co-Piloten durch Umschichtungen innerhalb aller Gehälter ohne zusätzliche Kosten für Laudamotion – vorgelegt. Diesen hätten die Wirtschaftskammer und das Unternehmen jedoch nicht angenommen.