Hotelrezeption
ORF
ORF
Wirtschaft

Kreative Hoteliers in dramatischer Lage

Nur etwa ein Fünftel der Wiener Hotels hat die erste Möglichkeit genützt und am Freitag nach der Coronasperre wieder geöffnet. Manche setzen auf Kreativität. Die Situation sei aber dramatisch, sagte die Präsidentin der Hotelier-Vereinigung, Michaela Reitterer.

An die 140 der insgesamt 690 Wiener Hotels öffneten wieder, obwohl es bei der Buchungslage viel Luft nach oben gibt. Das macht erfinderisch, auch wenn viele Neuerungen den Coronavirus-Sicherheitsmaßnahmen geschuldet sind. Im Triest werden Gäste mit Mund-Nasen-Schutz und persönlichem Kugelschreiber begrüßt. Ohne Reservierung gibt es weder Sport noch Wellness, Zimmer werden desinfiziert und extra lang gelüftet, Minibar-Getränke gibt es nur noch auf Bestellung. Um Buffetschlangen zu vermeiden, wird das Essen serviert.

Es ist aufwendig, jetzt Gäste in Hotels zu beherbergen – aber auch geschlossene Hotels in Schuss zu halten. Ina Forstinger vom Hotel Triest: „Wir haben hier 860 Wasserleitungen, die gespült werden müssen, und das wöchentlich. Da war uns schon einmal nicht langweilig.“ Zahlenmäßig ist das Personal den Gästen eindeutig überlegen, und jeder muss zupacken, wo es gerade notwendig ist: So mähen Front-Office-Manager Rasen oder Servicepersonal steht an der Rezeption. Mit positiven Zahlen rechnet heuer niemand. Im Juni wird die Auslastung auf fünf bis zehn Prozent geschätzt, im Sommer auf 20.

Hotelzimmer wird zur Konzertloge

Das Boutiquehotel Stadthalle lockt Gäste mit Musik. Der Innenhof wird gerade zur Bühne umgebaut. Der Wiener Trompeter Thomas Gansch gibt mit seiner Band Gansch and Roses das erste sogenannte Stadthallen-Konzert. Gäste des Hotels buchten ihre Zimmer quasi als Theaterloge. Sie können vom Fenster ihres Zimmers aus das Konzert im Innenhof verfolgen.

Sie bekommen Getränke aufs Zimmer serviert und können den Abend in ihrer Loge, in ihrem Zimmer ausklingen lassen, beschreibt Direktorin Anna Fedl ihr Konzept, mit dem sie kreativ durch die Coronakrise kommen will. Die Buchungen werden mehr, sagte sie gegenüber „Wien heute“, was gut sei, denn die Fixkosten bleiben ja. Ohne Gäste müsste das Hotel irgendwann auf jeden Fall geschlossen werden.

Situation der Hoteliers „dramatisch“

Ohne Gäste wird ein Überleben nicht nur für dieses Hotel schwierig. Die Branche braucht ausländische Gäste und die Zeit drängt. Für viele Hotels ist es jetzt schon fünf vor Zwölf. Die Lage sei dramatisch, sagte die Präsidentin der Hotelier-Vereinigung, Michaela Reitterer, im „Wien heute“-Studiogespräch. 20 Prozent der Hoteliers hätten nicht aufgesperrt, viele wollen erst im Juli öffnen, manche sogar erst im September, weil es sich vorher nicht auszahle. „Wir beginnen bei Null. Es war so eine tolle Buchungslage für Wien, das hat sich alles komplett in Luft aufgelöst. Mir blutet das Herz“, sagte Reitterer, der das Boutiquehotel Stadthalle gehört.

Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) rechnet mit einer Halbierung des Hotellerie-Umsatzes in diesem Jahr. „Wir wissen heute nicht, ob die Weihnachtsmärkte aufgesperrt werden, wie sich der Herbst entwickelt. Dann gibt es auch noch die absolute Nebensaison im kommenden Jänner und Februar“, fügte Reitterer hinzu. Auch für das kommende Jahr würden die Hoteliers nicht viel erwarten. „Wie sollen wir da durchkommen, wenn wir unsere Mitarbeiter bezahlen müssen. Das könnten wir nicht tun“, betonte Reitterer.

Die Hoteliers würden sogar um Verlängerung der Kurzarbeit bitten, sonst müssten Mitarbeiter gekündigt werden, was niemand wolle. Sie hoffe, dass Kündigungen erspart bleiben und flexible Arbeitssysteme entstehen würden: „Es wird ja, so hoffen wir, ein Leben danach geben, dass wir in die alte Normalität zurückkehren und da brauchen wir unsere Fachkräfte.“