Ina Forstinger und Gilbert Kratschmann checken aus
Gilbert Kratschmann
Gilbert Kratschmann
Lifestyle

Zehn Wochen allein im Hotel

Von Mitte März bis heute haben Ina und Gilbert in einem geschlossenen Wiener Designhotel gewohnt, um es während der Coronavirus-Pandemie zu warten. Sie spülten regelmäßig 860 Wasserleitungen und gossen den Garten – fast immer allein.

Es war wohl Österreichs größte Zweier-Wohngemeinschaft: Am 20. März beschlossen die beiden Mitarbeiter Gilbert Kratschmann und Ina Forstinger sehr spontan, in „ihr“ Hotel Triest im vierten Bezirk einzuziehen. Irgendjemand musste sich schließlich während der kommenden Wochen um das Haus mit 120 Zimmern kümmern.

Im Bademantel vor dem Postboten

„Schon ab 7.00 Uhr klingelte es an Hoteltür und Bereitschaftstelefon. Maler und Lüftungstechniker wurden reingelassen, um mit den Wartungen der Anlagen zu beginnen. So kam es auch, dass wir einmal überrascht wurden und im Bademantel dem Postboten die Tür öffneten“, erzählt Ina.

Hotel Triest
ORF
Im Hotel Triest wohnten wochenlang genau zwei Personen

Duschen aufdrehen und warten

Es war auch vor allem Ina, die sich am Vormittag um das Gießen der Gärten und die Pflege der Gartenmöbel kümmerte, schmunzelt Gilbert: "Da sie einen grünen Daumen hat und ich meinen Pflanzen zu Hause eher aktive Sterbehilfe leiste.“ Am Nachmittag begann der Rundgang durch das Haus und die Zimmer.

Im Haus gibt es 860 Wasserleitungen – und so führten die beiden über die Wochen insgesamt 8.600 Spülungen durch, um die Bildung von Legionellen zu vermeiden. Jeden Tag war ein Stockwerk dran. „Wir haben dann schnell gemerkt, dass es sinnvoll ist, vorher Sport zu machen. Denn wenn man sämtliche Duschen aufdrehen muss, wird man unweigerlich von oben bis unten nass“, weiß Ina.

Ina Forstinger musste sämtliche Duschen aufdrehen
Gilbert Kratschmann
860 Wasserleitungen mussten gespült werden. „Da wird einem schon einmal nicht fad“

Kochen in der Restaurantküche

Sie kontrollierten täglich die Temperaturen der Kühlhäuser, bevor sie in die Büros gingen und ihrer eigentlichen Tätigkeiten nachgingen. Mittags und abends kochten sie gemeinsam in der großen Restaurantküche. In ihrer Freizeit erlebten sie das Hotel wie sonst nur ihre Gäste. „Da fällt einem schnell mal etwas auf, das man sonst nicht bemerkt.“

Als Belohnung nahmen sich beide ein Zimmer mit Blick auf den Stephansdom. „Wenn schon, denn schon“, so Gilbert. Auch das Fitnessstudio und die Sauna konnten die beiden ungestört nutzen. Aber es war auch ein „komisches Gefühl, ohne Gäste und Kollegen im Hotel zu sein“, Angst hatten sie aber nie.

„Einige unserer Freunde haben unser allerdings geraten, wir sollten spätestens ausziehen, sobald Phänomene wie im Film ‚The Shining‘ auftreten“, so Gilbert. Solche kamen zwar nicht, aber das Hotel sperrte Ende Mai wieder auf. Also packten Ina und Gilbert am Pfingstmontag ihre Koffer und zogen nach zehn Wochen im Hotel wieder aus, zurück in ihre Wohnungen. Und aus den beiden Arbeitskollegen wurden beste Freunde.