Ein Mann und eine Frau küssen sich durch eine Glasplatte
Kunsthalle Wien
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Kultur

„Kiss“: Kunstaktionen rund ums Küssen

In Zeiten des Abstandhaltens widmet sich die Kunsthalle derzeit dem Küssen. Bei der Schau „Kiss“ gibt es zahlreiche Aktionen im öffentlichen Raum – von Spruchplakaten bis zu einer Installation, bei der man einen Künstler durch eine Scheibe küssen kann.

Der Kuss steht dabei nicht nur für die durch die Coronavirus-Krise stark eingeschränkte Intimität, sondern auch für Klimts „Kuss“. Dieser sei bis vor wenigen Monaten als Sinnbild für den kulturellen Massentourismus in Wien gestanden, erklärte Natasa Ilic am Mittwoch bei einer Pressekonferenz des Kunsthallen-Leitungstrios.

Das Ausbleiben der Touristen und der fast unmögliche internationale Austausch in der Kunstszene führen nun dazu, dass die Kunsthalle heimische Künstlerinnen und Künstler eingeladen hat, frühere Werke neu zu befragen oder neue zu schaffen, um sie den Wienerinnen und Wienern im öffentlichen Raum näherzubringen.

Glasscheibenküsse auf dem Reumannplatz

Bereits am Mittwoch startet der aus Deutschland stammende und in Wien lebende Künstler Thomas Geiger mit seinem „Festival of Minimal Arts“ am Reumannplatz in Wien-Favoriten. Indem er Performances anderer Künstler wieder zum Leben erweckt, will er Situationen schaffen, „die sich mit der (Un-)Möglichkeit von körperlicher Interaktion, Zuneigung, Intimität und Romantik im öffentlichen Raum zu Zeiten der Pandemie beschäftigen“, sagte Geiger.

Plakat mit Spruch von Eva Egermann
Kunsthalle Wien
Eva Egermann verteilt poetische Texte im öffentlichen Raum

Dabei kann man den Künstler etwa durch eine Glasscheibe küssen, von ihm platzierte Euro-Münzen vom Boden aufheben oder minutenlang auf einen Geldschein starren, den der Künstler anschließend an den Betrachter übergibt. Er wird seinen zufälligen Zuschauern aber auch anbieten, mit ihm die Schuhe zu tauschen, oder sein Gesicht mit einem schwarzen Schleier verdecken. Das Re-Enactment von künstlerischen Performances von unter anderen Jiri Kovanda, Cesare Pietroiusti und Dora Garcia findet täglich bis zum 2. August statt.

Poetische Slogans auf Plakaten

Die Wiener Künstlerin Eva Egermann wiederum realisiert unter dem Titel „Halt dich fern, aber halt mich“ nicht nur die mit ebendiesem Spruch bedruckten Tragetaschen, sondern hat Plakate und Banner gestaltet, die im öffentlichen Raum verteilt sind. „Die eindringlichen poetischen Slogans erzählen von physischen und emotionalen Abhängigkeiten, hedonistischer Leidenschaft und kosmischen Verbindungen“, heißt es in der Ankündigung.

Margot Pilz stellt am Karlsplatz ab 30. Juli ihr „Hausfrauendenkmal“ neu auf. Dieses wurde 1979 ursprünglich im Grazer Stadtpark präsentiert. Johanna Tinzl zeigt im Haupthof des Museumsquartiers eine dreiteilige Fotoinstallation. Diese stammt aus einer Serie, in der sie die Holocaust-Überlebende Helga Pollak-Kinsky porträtierte. Dafür wählte Pollak-Kinsky neun Orte ihrer Heimatstadt Wien aus, die sowohl vor ihrer Flucht 1938 als auch nach ihrer Rückkehr 1957 von Bedeutung waren.

Hausfrauendenkmal von Margot Pilz
Margot Pilz/Galerie 3
Das Hausfrauendenkmal wurde das erste Mal 1979 errichtet

Auch Stephansdom und Pestsäule als Stationen

In der kommenden Ausgabe der Straßenzeitung „Augustin“ findet sich eine Beilage von Elke Krystufek, die am Karlsplatz ein Grabdenkmal errichten wird. Das soll „an die oft ungewollt verlaufenen, falsch überlieferten und missverstandenen Lebens- und Sterbegeschichten von Frauen“ erinnern. Bei der „Gürtelfrische West“ in Wien-Rudolfsheim gestaltet Rade Petrasevic eine große Wandfläche. Weitere „Kiss“-Stationen sind das Jüdische Museum Wien, der Stephansdom und die Pestsäule. Eine Liste der Interventionen, Veranstaltungen und Orte wird auf der Website der Kunsthalle Wien ständig erweitert. Die Aktionen laufen bis 30. September.