Zwei Wochen lang sollen die Kinder und Jugendlichen dabei an ausgewählten Volksschulen, Neuen Mittelschulen (NMS) und AHS-Unterstufen am Vormittag (von 8.00 bis 12.00 Uhr) Förderunterricht mit Schwerpunkt Deutsch bekommen. Zielgruppe sind Schüler mit Problemen in der Unterrichtssprache – konkret außerordentliche Schüler bzw. Schüler, die in Deutsch zwischen vier und fünf stehen oder die wegen der Coronavirus-bedingten Umstellung auf Fernunterricht in den vergangenen Monaten einen besonderen Aufholbedarf haben.
Keine 50-Minuten-Einheiten
Das pädagogische Konzept, das Buchautor Andreas Salcher und Norbert Kraker (Vizerektor der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich) mit der Uni Wien und anderen PHs erarbeitet haben, sieht keine klassischen 50-Minuten-Einheiten vor, sondern abwechslungsreichen Unterricht in Kleingruppen. Die Schüler sollen dabei laut Informationsbroschüre des Ministeriums im Team ein Projekt zu einem bestimmten Thema erarbeiten.
Dabei soll gezielt das Lesen, Schreiben, Sprechen und Hörverständnis in der Unterrichtssprache Deutsch verbessert werden. Das projektorientierte Arbeiten in Kleingruppen soll zusätzlich Zusammenhalt und Sozialkompetenz der Schüler stärken. Am Ende soll dann ein möglichst greifbares Produkt wie ein kurzes Video, ein Plakat, Poster oder Theaterstück herauskommen, das am letzten Tag der Sommerschule präsentiert und im Idealfall mit nach Hause genommen werden kann.
Freiwillig, aber Anwesenheitspflicht
Den Unterricht in den Sommerschulen übernehmen 597 Lehrerinnen und Lehrer, darunter 317 Lehramtsstudenten, die sich freiwillig als Mentoren gemeldet haben. Ausgewählte gute Schüler sollen außerdem als „Buddies“ die Gruppen auflockern: Diese Jugendlichen aus höheren Schulstufen, die sich freiwillig für die Sommerschule gemeldet haben, sollen als Vorbilder dienen und die Arbeit der Lehrer unterstützen, indem sie Einzelne oder Schülergruppen betreuen.
In den anderen Bundesländern startet die Sommerschule am 31. August, insgesamt wird es bundesweit 1.800 Gruppen an 500 Standorten geben. Die Teilnahme ist freiwillig und kostenlos. Ist man angemeldet, gilt Anwesenheitspflicht. Die Schüler erhalten dafür aber einen Bonus für die Mitarbeitsnote bzw. die Note im Fach Deutsch im kommenden Schuljahr.
52 Prozent der Wiener Zielgruppe nehmen teil
56 Prozent jener bis zu 40.000 Schüler, die laut Bildungsministerium besondere Deutschförderung benötigen würden, haben sich auf Empfehlung ihrer Lehrer bzw. Schulleiter angemeldet. In Wien nehmen 52 Prozent der Zielgruppe an der Sommerschule teil, in Niederösterreich sind es 60 und im Burgenland 71 Prozent. Bei Erfolg könne er sich durchaus eine Wiederholung der Sommerschule vorstellen, betonte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) mehrfach.
Von Opposition und Dachverband für Deutsch als Fremdsprache/Zweitsprache gab es allerdings schon im Vorfeld Kritik am aktuellen Konzept: Es sei ein Konstruktionsfehler, dass dort anstelle von Spezialisten für Deutschförderung Lehramtsstudenten eingesetzt werden. An zehn Vormittagen könne man außerdem auf keinen Fall jene Defizite aufholen, die sich während der wochenlangen Umstellung auf Fernunterricht aufgebaut haben. SPÖ und NEOS fordern deshalb zusätzlich durchgängige Förderkurse für alle Hauptfächer im kommenden Schuljahr.
Bildungsexpertin: Zwei Wochen reicht nicht
Für die ehemalige Lehrerin und Buchautorin Melisa Erkurt sind die Sommerschulen zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber „zwei Wochen reichen auf jeden Fall nicht“. Das Angebot würde schon die Zielgruppe erreichen, jedoch da es freiwillig ist, werden stellenweise Kinder vergessen. „Die, die nicht hingehen, kommen dann im Herbst mit anderen, die jetzt schon zwei Wochen etwas geübt haben, in eine Klasse – und was passiert dann mit denen.“
Es braucht einen Plan für den Schulherbst, der in zwei Wochen startet, so Erkurt. Die Coronavirus-Pandemie habe gezeigt, dass sich das Bildungssystem darauf verlässt, dass Kinder einen Schreibtisch und Nachhilfe zur Verfügung haben. „Das ist nicht so.“