Wiener Staatsoper
ORF/Chiara Swaton
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Kultur

Sightseeing-Tour: Bella Italia mitten in Wien

Reisen in Zeiten einer Pandemie ist nicht gerade einfach. Deshalb haben sich zwei Fremdenführerinnen folgendes Konzept überlegt: Sie bringen das Ausland nach Wien. Mit ihren Gästen tun sie so, als wären sie nach Italien, Spanien oder Frankreich verreist.

Seit dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie wurde das Reisen deutlich erschwert. Für viele Regionen gibt es Reisewarnungen, die Lage ändert sich laufend. Betroffen sind davon auch Veronika Jantsch und Kathrin Geweßler, zwei Fremdenführerinnen in Wien. Sie sind eigentlich daran gewöhnt, Touristinnen und Touristen die Bundeshauptstadt zu zeigen. Mitten in der Krise sind sie dann aber auf die Idee gekommen, den Spieß einfach umzudrehen.

„Das war anfangs eigentlich ein Akt der Verzweiflung, es ist wie so ein Einfall vom Himmel gekommen“, erzählte Jantsch. „Wir dachten uns, wir machen jetzt genau das Gegenteil: wir zeigen Wienern die Ferne.“ Aus der Idee entstand „Hier geblieben“, ein Urlaubsangebot für Daheimgebliebene. Interessierte können zwischen zweistündigen Touren nach Italien, Spanien, Frankreich oder Deutschland wählen. Bei jeder dieser Führungen gibt es um die zehn Stationen.

Minoritenplatz
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Die Minoritenkirche ist die italienische Nationalkirche in Wien

Viele italienische Ecken in Wien

Mit ein bisschen Phantasie wollen die Fremdenführerinnen im Geiste die Stadt verlassen. Es geht darum, Teile der anderen Kulturen in Wien zu finden und diesen auf die Spur zu gehen. Weil beide einen starken Italien-Bezug und dort auch eine Zeit gelebt haben, fiel die erste Wahl auf die Italien-Tour. Diese beginnt bei der Minoritenkirche, welche seit 1784 die italienische Nationalkirche in Wien ist.

„Es werden dort Messen auf Italienisch gehalten und es gibt die scuola italiana für italienischsprachige Kinder“, erklärte Jantsch. Außerdem kann man eine Kopie des Da Vinci-Abendmahls, dessen Original in einem Dominikanerkloster in Mailand hängt, betrachten. Die finale Station ist die Albertina-Rampe, von der man auf die Wiener Staatsoper blickt. „Die Liebe zur Oper hat sehr stark mit Italienern und auch Italienerinnen zu tun, die etwa in die Familie Habsburg eingeheiratet haben“, berichtete die Fremdenführerin.

Prinz Eugen, Fiaker und die Spanische Hofreitschule

Bei der Frankreich-Tour geht man etwa den Spuren des bekannten Feldherrn Prinz Eugen von Savoyen nach, der seit seinem 18. Lebensjahr in Wien gelebt hat – von ihm befindet sich etwa ein Denkmal am Heldenplatz. „Ein Teil der Führung ist ihm und seinem Leben gewidmet, was wirklich sehr interessant und spannend ist. Er war nicht nur Feldherr, sondern auch Kunstsammler und sehr kunstaffin“, erzählte Geweßler. Die Fiaker kommen ursprünglich auch aus Frankreich, ihr Begriff stammt vom Wort „Fiacre“.

Fiaker Hofburg
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Die Fiaker sind zwar typisch für Wien – das Wort leitet sich aber vom französischen „Fiacre“ ab

Bei der Spanien-Tour macht man unter anderem bei der Spanischen Hofreitschule Halt. Außerdem wird genauer auf Kaiser Karl den VI. eingegangen. Dieser hat acht Jahre in Spanien gelebt und in Wien viel erbaut, unter anderem die Karlskirche am Karlsplatz. Im Prunksaal der Nationalbibliothek befindet sich außerdem eine Statue von ihm. Des weiteren wird bei der Tour erklärt, was der Ausdruck „grantig“ mit den Spaniern zutun hat.

Auch eine Deutschland-Tour wird angeboten. Laut den Fremdenführerinnen ist das die lustigste Führung. Was außerdem anfangs bei allen Touren inkludiert war, sind Verkostungen in ausgewählten Restaurants am Ende. Aufgrund der aktuellen Coronavirus-Situation ist das momentan aber nicht mehr möglich. „Stattdessen gibt es jetzt eine von uns mitgenommene kulinarische Spezialität während der Tour oder am Ende“, sagte Geweßler.

Grätzl-Touren und Kinderführungen geplant

Momentan sind auch Wien-Touren im Entstehen, wo die Fremdenführerinnen gerade Grätzl in den verschiedenen Bezirken, „abseits der Trampelpfade“, ausforschen. Ab Ende Oktober werden dann unterschiedliche Routen angeboten, bei denen man die eigene Stadt neu entdecken und quasi bereisen kann.

Fremdenführerinnen Kathrin Geweßler und Veronika Jantsch
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v.l.: Kathrin Geweßler und Veronika Jantsch

Mit Anfang nächsten Jahres sollen außerdem „die Kleinen in die Stadt mitgenommen werden“ – und zwar für Kindergeburtstage, mit Rätselrallyes und Kinderführungen im Freien. „Damit auch sie etwas davon haben. Durch Corona werden so viele Geburtstagsfeiern abgesagt, was für Kinder sehr traurig ist“, meinte Jantsch.