Avatar AV1
Estera Kluczenko
Estera Kluczenko
Gesundheit

Avatar-Studie an MedUni Wien

Wenn kranke Kinder länger nicht am Unterricht teilnehmen, können ihnen Telepräsenz-Systeme helfen. Eine Studie der MedUni Wien beschäftigt sich nun mit einem solchen Avatar und testet Auswirkungen des neuartigen Systems auf alle Beteiligten.

Ständig im Krankenhaus oder daheim im Bett: Chronisch kranke Kinder und Jugendliche wünschen sich nichts sehnlicher als Normalität, wie etwa die Teilnahme am Unterricht. Ein künstlicher Stellvertreter, ein Avatar, soll das Kind mit der Klasse verbinden, sagt Studienleiter Thomas Pletschko von der MedUni Wien: „Es kann durch diesen Roboter sehen, hören, sprechen und es kann auch ganz einfach den Kindern in der Klasse zeigen, wie es sich gerade fühlt, man kann auch aufzeigen.“

Im Unterschied zu einer Videoübertragung wird das kranke Kind nicht gesehen, es muss sich also keinen neugierigen Blicken aussetzen. Den Hausunterricht soll der Avatar nicht ersetzen, „aber es ist eine Möglichkeit, einfach mit den Freunden viel besser noch in Kontakt zu bleiben, nämlich auch während der Schulzeit, wo die Kinder sonst nicht wirklich die Möglichkeit haben, mit den Mitschülern zu interagieren.“ Dieses Schuljahr wird der Avatar bei 30 Kindern in Wien getestet.

Avatar AV1
Estera Kluczenko

Tausende Kinder könnten profitieren

Pletschkos Forschungsprojekt am Comprehensive Center for Pediatrics CCP der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde untersucht, wie sich Avatare auf die schulische Partizipation, das Zugehörigkeitsgefühl, Gefühle sozialer Isolation sowie das Wohlbefinden von Kindern mit chronischen Erkrankungen auswirken. Immerhin gibt es in Österreich rund 190.000 Kinder, die an Krebs, Herzfehlern und anderen chronischen Krankheiten leiden, rund neun Prozent von ihnen können nur unregelmäßig Schulen besuchen.

Damit leidet nicht nur der schulische Erfolg, es entstehen auch soziale und emotionale Probleme für die kranken Kinder. Das Fehlen von persönlichen Kontakten zu Lehrenden und Mitschülern verursacht auch Gefühle von Einsamkeit und sozialer Isolation. Ein mangelndes Zugehörigkeitsgefühl begünstigt das Entstehen psychischer Folgeerkrankungen, einen geringen Selbstwert der kranken Kinder und eine ungünstige Verarbeitung der Krankheit.

Avatar soll viele Faktoren positiv beeinflussen

Um dem vorzubeugen sind bereits diverse Telepräsenzsysteme wie etwa auch virtuelle Klassenräume und mobile Roboter eingesetzt worden. Die Systeme erwiesen sich als technisch anfällig, oft fühlen sich die Kinder auch wegen ihres körperlichen Erscheinungsbildes unwohl. Der handliche Avatar AV1 der norwegischen Firma „No Isolation“ überträgt den Ton in beide Richtungen, jedoch das Videobild nur in eine Richtung. Gesteuert wird er mittels App auf dem Tablet oder Smartphone. So kann das Kind seine Mitschüler sehen ohne selbst gesehen zu werden. Der Unterricht wird als Ton und Bild zum kranken Kind übertragen, dieses ist selbst nicht zu sehen, aber zu hören.

Pletschko untersucht nun detailliert in einer zweijährigen Studie, wie sich der Einsatz des Avatars AV1 auf die schulische Situation von Kindern, Eltern und Lehrern auswirkt. Analysiert werden auch die Nutzungsdauer sowie sozioökonomische Einflussvariablen. Die Stichprobe inkludiert Kinder und Jugendliche mit chronischen Erkrankungen im Alter von sechs bis 17 Jahren und elf Monaten, die bereits mindestens ein Semester lang die Schule besucht haben und diese aufgrund ihrer Erkrankung für mindestens sechs Wochen nicht oder nicht regelmäßig besuchen können.