Finanzminister und ÖVP Wien-Chef Gernot Blümel beim TV-Wahlduell im ORF
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Wahl 2020

Blümel empfiehlt Wien frühere Sperrstunde

Finanzminister und ÖVP-Wien-Spitzenkandidat Gernot Blümel empfiehlt der Stadt Wien eine Vorverlegung der Sperrstunde wie in anderen Bundesländern. Das hat er im TV-Duell mit NEOS-Wien-Chef Christoph Wiederkehr gesagt. Auch die weiteren Duelle verliefen kontrovers.

Wien setzt auf die Registrierung von Lokalgästen, einige andere Bundesländer auf eine frühere Sperrstunde. „Mir ist persönlich alles recht, was dazu beiträgt, dass Wien wieder von den Reisewarnungen wegkommt. Wenn die Registrierung sinnvoll ist, dann gerne die. Ich glaube nur, dass die Vorverlegung der Sperrstunde ein gutes Instrument wäre, weil wir wissen, dass viele Infektionen zu später Nacht passieren“, sagte Blümel.

Gernot Blümel (ÖVP) – Christoph Wiederkehr (NEOS)

Den Vorschlag lehnte Wiederkehr allerdings vehement ab. „Davon halte ich gar nichts, von der Vorverlegung der Sperrstunde, weil vor allem die Gastronomie und die Hotellerie besonders betroffen sind.“ Denn für die heiße zwei Stunden früher zuzumachen, auch zwei Stunden Verdienstentgang. Jetzt gehe es bei den Betrieben um die Existenz, „die große Pleitewelle steht uns noch bevor“, so Wiederkehr.

Unterschiedliche Meinungen zu Moria

Unterschiedliche Auffassungen gab es auch in der Frage, ob Wien geflüchtete Kinder aus dem Lager Moria auf Lesbos aufnehmen soll. Wiederkehr sprach sich erneut dafür aus. „Es geht um Kinderleben. Während wir hier diskutieren, schlafen Kinder in Europa, auf griechischen Inseln im Dreck. Wir haben hier eine menschliche Verantwortung, hier auszuhelfen“, sagte Wiederkehr mit Verweis auf einen im Wiener Landtag gestellten Antrag zur Aufnahme von hundert geflüchteten Kindern aus Moria.

Blümel sagte hingegen wieder, dass die „Hilfe vor Ort“ der richtige Weg sei. Zu Meldungen, wonach die österreichischen Hilfslieferungen für das Lager in Moria noch in Athen seien, sagte Blümel: „Der Innenminister ist auch in Kontakt mit seinem Kollegen in Griechenland. Faktum ist, wir haben bereits geliefert, wir helfen beim Aufbauen.“

Wiederkehr schloss in der TV-Konfrontation eine Koalition mit Beteiligung der Wiener ÖVP erneut aus. „Das liegt an der Politik, die die ÖVP unter Gernot Blümel macht. Man sieht, die Blauen (FPÖ, Anm.) werden kopiert, es wird unmenschliche Politik gemacht.“ Blümel nannte das „demokratiepolitisch“ fragwürdig. Er wolle jedenfalls in Wien mitregieren, so der jetzige Finanzminister.

Ludwig wirft FPÖ BUWOG-Verkauf vor

Zu teils hitzigen Debatten kam es auch im Duell zwischen dem Wiener Bürgermeister und SPÖ-Spitzenkandidaten Michael Ludwig und dem Wiener FPÖ-Chef und Vizebürgermeister Dominik Nepp. Thema war etwa die Vergabe von Gemeindewohnungen. Nepp warf Ludwig vor, die Wiener Gemeindebauten für „Drittstaatsangehörige und Asylberechtigte“ geöffnet zu haben. Und darunter würden jetzt die Wienerinnen und Wiener leiden. „Die haben sie verraten und verkauft und im Stich gelassen, sagte Nepp.

Darauf konterte Ludwig, dass die SPÖ den Gemeindebau vor der Privatisierung, auch der FPÖ geschützt habe. „Denn wenn sie in der Regierung sind, hat man sehr schnell gesehen in der Bundesregierung, wie sie blitzartig alles verkaufen wie die BUWOG“, sagte Ludwig. Der Verkauf der rund 60.000 Bundeswohnungen sei bis heute ein Kriminalfall, der vor den Gerichten abgehandelt wird, „und dafür tragen sie die Verantwortung“. Ludwig sah für Nepp eine gute Gelegenheit, „Vergangenheitsbewältigung in der eigenen Partei zu machen“.

Michael Ludwig (SPÖ) – Dominik Nepp (FPÖ)

„Integration immer eine Herausforderung“

Ludwig räumte aber ein, dass „Integration immer eine Herausforderung ist“. Es sein eine Sisyphusarbeit. „Man muss nur sehen, dass wir als Stadt Wien nur sehr beschränkte Möglichkeiten haben, Einfluss auf Zuwanderung zu nehmen“, sagte Ludwig. Denn alles, was mit Aufenthaltsgesetzen in Verbindung steht, sei Bundesangelegenheit. Er sei aber immer der Meinung gewesen, dass Integration vor Zuwanderung zu stehen habe, so Ludwig.

Weitere Wahlduelle

Am Mittwochabend trifft unter anderem Finanzminister und ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel auf den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) – ab 20.15 Uhr in ORF III – mehr dazu in Jeder gegen jeden: Duelle der Kandidaten.

Nepp kritisierte aber, dass Integration in Wien nicht funktioniere und Ludwig Probleme nicht wahrhaben wolle. Der FPÖ-Spitzenkandidat nannte etwa die Auseinandersetzungen in Favoriten im Juni als Beispiel, an denen türkische Migranten beteiligt waren. Ludwig entgegnete, dass Integration etwa in den „Spitälern, am Arbeitsmarkt, jeder Baustelle“ funktioniere.

Sowohl Nepp als auch Ludwig sprachen sich beide gegen eine frühere Sperrstunde in den Lokalen aus, um die CoV-Zahlen zu senken. Unterschiedliche Meinungen vertraten sie aber zu der in Wien eingeführten Gastroliste. Nepp sprach erneut von Stasi-Methoden, die an die DDR erinnern würden.

Hebein zu Strache: „Sie haben Arbeiterschaft verraten“

Den Auftakt zur zweiten Runde der TV-Duelle hatte die Konfrontation zwischen der grünen Vizebürgermeistern Birgit Hebein und Heinz-Christian Strache (Team Strache) gemacht. „Im Grunde trennen uns Planeten“, sagte Hebein. Dem widersprach Strache nicht. Er warf Hebein vor, dass sie trotz „Pleiten und Armut“ aufgrund der Coronavirus-Krise als „Vizebademeisterin“ auffalle – und zwar mit einem teuren „Planschbecken am Gürtel“. Strache kritisierte auch die Pop-up-Radwege, die Hebein im Zuge der CoV-Krise eingerichtet hatte.

Hebein stellte daraufhin Straches Glaubwürdigkeit infrage. „Sie sprechen jetzt von einem Pool in einer Gegend entlang des Gürtels, wo alte Menschen, Kinder und Familien wohnen, die nicht so viel Einkommen haben. Für die waren Sie ja einmal. Und mokieren sich über die Kosten, gleichzeitig sind Sie derjenige, der die gesamte Arbeiterschaft verraten hat“, sagte Hebein und spielte damit auf die Spesenaffäre an, in der gegen Strache ermittelt wird. Der frühere FPÖ-Chef wies die Vorwürfe, er habe private Kosten von der Partei übernehmen lassen, stets zurück.

Birgit Hebein (Die Grünen) – Heinz-Christian Strache (Team Strache)

Hebein warf Strache aber vor, das Geld auch für seinen privaten Pool verwendet zu haben. „Und sie regen sich jetzt auf, dass ein bisschen ein Geld für jene zur Verfügung steht, die keinen Pool haben und in einer Gegend wohnen, wo es nicht Privatgärten gibt“, so Hebein.

Strache und Hebein stimmen bei „Öffis“ überein

Bei Umweltthemen gab es aber auch Übereinstimmung zwischen Hebein und Strache. Beide sprechen sich etwa für die Einführung von Gratis-„Öffis“ in Wien aus und für mehr Park-and-Ride-Anlagen sowie gegen die steigende Bodenversiegelung. Beim Thema Sicherheit kamen dann aber wieder weit auseinanderliegende Vorstellungen zutage. Während für Hebein Verkehrspolizisten ohne Waffe vorstellbar sind, kommt das für Strache gar nicht infrage. Für ihn sei das eine „Schnapsidee“.