Eintragung in Gästeliste
APA/ROBERT JAEGER
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Inland

Juristen kritisieren Gastroliste

Rechtlich nicht zu 100 Prozent einwandfrei, im Kampf gegen eine Ausbreitung des Coronavirus aber sinnvoll: Das ist der Standpunkt des Verfassungsrechtlers Bernd Christian Funk zu den heftig umstrittenen Gästelisten in der Wiener Gastronomie.

Wer in einem Lokal etwas zu sich nehmen will, soll Namen, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Tischnummer und Uhrzeit in eine Liste eintragen. Die wird vom Gesundheitsamt nur eingesehen, wenn in dem Lokal der Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus entsteht. Dieses Vorgehen ist für den Juristen Funk sinnvoll, daher trägt er sich bei einem Lokalbesuch auch ein. Das ist die eine Seite.

Auf der anderen, der juristischen Seite, fehlt ihm aber in der entsprechenden Verordnung der Stadt die gesetzliche Grundlage für eine verpflichtende Gästeregistrierung: „Die Verordnung will das haben, aber eine andere Frage ist es, ob die Verordnung ihrerseits vom Gesetz gedeckt ist, und diese gesetzliche Grundlage sehe ich nicht“, sagte Funk. Das heißt, dass weder Wirt noch Gast laut Funk verpflichtet sind, die Daten zu erheben bzw. bekanntzugeben.

Juristen kritisieren Gastro-Registrierung

Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk und Datenschützer kritisieren die Registrierung der Gäste in Wiener Lokalen. Es fehle die gesetzliche Grundlage dafür.

Stadt beruft sich auf Epidemiegesetz

Sehr wohl aber habe der Wirt eine Auskunftspflicht, wenn die Gesundheitsbehörde die Daten wegen einer Coronavirus-Infektion anfordert. Diese Auskunftspflicht ist im Epidemiegesetz geregelt. Darauf beruft sich auch die Stadt, die betont, dass die Verordnung als Empfehlung im Kampf gegen die Pandemie zu sehen ist und nicht als Verpflichtung.

Die Stadt Wien stellte in diesem Zusammenhang nochmals klar, dass die Verordnung nur eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde vorsieht. Da laut Verordnung die Daten ausschließlich zum Zweck der Nachverfolgung der Kontakte bei Auftreten eines Verdachtsfalles von CoV gespeichert und verarbeitet werden dürfen, besteht keine Verpflichtung, die Aufzeichnungen im Rahmen einer (Routine- oder Schwerpunkt-)Kontrolle des Lokals den Kontrollorganen vorzuweisen. Dementsprechend bestehe auch keine Strafbarkeit, wenn die geführten Gästelisten im Zuge einer solchen Überprüfung nicht vorgelegt werden.

Strafbar ist nur, wenn auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde Auskünfte nicht gegeben werden. Dafür gilt laut Epidemiegesetz 1950 ein Maximalstrafrahmen von 1.450 Euro. Hier würde nicht pauschal, sondern im Einzelfall über Strafen entschieden. Das könne eine Ermahnung sein, falls jemand deshalb „unschuldig zum Handkuss“ käme, weil ein Gast falsche Daten eingetragen hat und das augenscheinlich nicht erkennbar war. Wurden die Aufzeichnungen vom Inhaber ganz allgemein unvollständig oder gar nicht geführt, sodass eine Auskunftserteilung an die Bezirksverwaltungsbehörde nicht möglich war, so kann man mit einem Strafbetrag zwischen 200 Euro und 450 Euro rechnen.

Auskunftspflicht des Gastronomen

Außerdem wies die Stadt darauf hin, dass oft fälschlicherweise von einer Registrierungspflicht der Gäste die Rede sei, es gehe aber tatsächlich um eine Auskunftspflicht der Gastronomen und das auch nur dann, wenn ein Infektionsfall vorliegt. Die Wirtschaftkammer lässt die Verordnung jetzt von Juristen prüfen und will den Betrieben helfen, die Strafen zu bekämpfen.