Wahlduell
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Wahl 2020

Gratis-Öffis „wenn das Geld abgeschafft ist“

Den Ruf von Heinz-Christian Strache (HC) nach Gratis-Öffis, hat Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) beim Wahlduell abgeschmettert: Gratis-Öffis spielt es erst dann, „wenn das Geld abgeschafft ist“. Die Beiden bildeten den Auftakt zu zwei hitzigen und einem zahmen Duell.

Im Duell ging es zunächst um die Bekämpfung der Coronavirus-Krise. Während Ludwig sein Management lobte, äußerte Strache Kritik, etwa an den langen Wartezeiten. So brachte Strache den Fall einer alten Frau auf, die sechs Tage auf einen Test gewartet habe. „Ich freue mich, Herr Strache, dass sie das Coronavirus jetzt ernst nehmen“, quittierte Ludwig die Kritik. Er erinnerte jedoch erneut an die Aufstockung des Personals, die derzeit stattfindet. Einen Punkt, den Strache als positiv hervorhob.

Straches Forderung vom Mittwoch, die Nachtgastronomie wieder zu öffnen, schob Ludwig einen Riegel vor. Strache wollte nicht weiter auf das Thema Nachtgastronomie eingehen, er äußerte die Befürchtung, dass die Gastronomiebetriebe „kaum eine Chance haben, die nächsten Monate zu überleben“. Die Wirtschaftspakete der Stadt Wien sieht Strache kritisch, da sie laut ihm nicht bei den Wirtschaftstreibenden ankommen. Ludwig bezeichnete er in diesem Zusammenhang als „leidenschaftlichen Schönredner“.

Michael Ludwig (SPÖ) – Heinz-Christian Strache (Team HC Strache)

Streit um Gemeindebau in der Stumpergasse

Beim Thema Verkehr herrschte dann wenig Einigkeit. Strache hatte vor einigen Wochen für Überraschung gesorgt, als er sich für Gratis-Öffis stark machte. Für Ludwig unmöglich, das sei nur möglich, „wenn das Geld abgeschafft ist“. Es gehe ihm zwar um den Ausbau der Öffis, dafür brauche es aber die Einnahmen des Jahrestickets. „Es gibt Prioritäten zu setzen, da bin ich beim Bürgermeister“, stimmte Strache zu. Den öffentlichen Verkehr kostenlos zu machen, sei eher weiter hinten in der Prioritätenliste.

Falsch sieht Strache die Prioritäten beim Sozialen Wohnbau. „Sie haben nicht ausreichend soziale Wohnungen in Wien gebaut“, spielte Strache auf Ludwigs Zeit als Wohnbaustadtrat an. Der reagierte mit einer Statistik: Demnach leben 62 Prozent der Wienerinnen und Wiener in gefördertem Wohnbau.

Strache machte den Gemeindebau in der Stumpergasse in Mariahilf zum Thema, den Ludwig bereits 2015 angekündigt hatte. Erst am Mittwoch wurden die konkreten Pläne vorgestellt. Ludwig hielt entgegen: „Von Widmung bis Planung bis ein Bauprojekt realisiert ist, das dauert einige Jahre.“

Weitere Wahlduelle

Am Freitagabend treffen unter anderem die ehemaligen Parteikollegen Dominik Nepp (FPÖ) und Heinz-Christian Strache (Team HC Strache) aufeinander – ab 20.15 Uhr in ORFIII – mehr dazu in Jeder gegen jeden: Duelle der Kandidaten.

Einigendes bei Grüne und NEOS

Ungleich ruhiger ging es beim Duell zwischen Vizebürgermeisterin Birgit Hebein und NEOS-Wien-Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr zu. „Es eint uns einiges“, sagte Hebein. Kurz laut wurde es beim Thema Schnellbahnring, den NEOS seit Jahren fordert. Laut Verkehrsexperten sei der nicht realisierbar, hielt Hebein entgegen. Sie setze lieber auf den U-Bahn-Ausbau.

Das Thema Parkpickerl konkretisierte Hebein nochmal. Sie habe im Herbst viele Treffen mit Verkehrsverbänden, Interessensvertretern, aber auch Klimaschutzaktivisten gehabt. „Auch die Taxiinnung war bereit, hier vieles zu verändern“, so Hebein. Das Ziel der Koalition sei ein Gesetzesbeschluss bis Jahresende. Das Modell sieht vor, dass umso weiter man in die Stadt fährt, umso teurer wird das Parken.

„Sie haben das schon so oft angekündigt“, kritisierte Wiederkehr. Es brauche endlich ein einheitliches Modell der Parkraumbewirtschaftung. Den Pop-up-Lösungen der letzten Monate – Gürtelpool und Radwege – konnte Wiederkehr wenig abgewinnen.

Birgit Hebein (Die Grünen) – Christoph Wiederkehr (NEOS)

„Grüne Handschrift fehlt“

Hebein zollte Wiederkehr zu Beginn Respekt für seinen Antrag, Kinder aus dem Flüchtlingslager Moria aufzunehmen. Das wurde mit den Stimmen von SPÖ, Grüne und NEOS im Landtag angenommen. Doch ohne die Zustimmung im Bund ist das nicht möglich. „Meine Erwartung ist, dass Wien Druck macht“, sagte Wiederkehr und nahm auch die Grünen in die Pflicht, Druck auf den Koalitionspartner auszuüben.

„Wenn die ÖVP schon nicht offen ist für Menschlichkeit, dann soll sie zumindest ermöglichen, dass andere, die das wollen, das auch tun können“, appellierte die Wiener Grünen-Chefin an den Koalitionspartner im Bund. Sie sieht jedoch derzeit im Nationalrat keine Mehrheit zu dem Thema. Wiederkehr sieht ein Problem in der Bundeskoalition: „Es fehlt die grüne Handschrift.“

Um die Handschrift ging es auch bei der nächsten Koalition in Wien. Während Hebein Stolz auf die Leistungen der letzten zehn Jahre ist, forderte Wiederkehr mehr Kontrolle in der Koalition. Beide haben sich ja bereits als Koalitionspartner angeboten. Der NEOS-Chef nimmt dafür auch für eine liberale Partei untypische Haltungen ein, so könne er sich in der Coronavirus-Krise durchaus auch staatliche Beteiligungen bei Unternehmen vorstellen, jedoch nur zeitlich begrenzt.

Nepp gibt ÖVP Mitschuld an Integrationsproblemen

Gänzlich anders verlief das Duell zwischen dem ÖVP-Spitzenkandidaten, Finanzminister Gernot Blümel und dem FPÖ-Spitzenkandidaten, Vizebürgermeister Dominik Nepp. Es ging beiden eher um das Abstecken der Unterschiede. Laut Blümel wolle die ÖVP eine „Mitte-rechts-Politik mit Anstand, aber ohne Schaum vor dem Mund“ machen. Offensichtlich wurden die Unterschiede etwa beim Thema Gemeindewohnungen. Die ÖVP will den Sozialen Wohnbau an Deutschkenntnisse der Stufe B1 koppeln, die FPÖ an die österreichische Staatsbürgerschaft.

Nepp gab der ÖVP eine Mitschuld an den Integrationsproblemen. So brachte er ein Taferl mit, auf dem ein Zitat von Bundeskanzler Sebastian Kurz aus dem Jahr 2014 abgebildet war: „Wir brauchen mehr Willkommenskultur.“ Blümel meinte daraufhin, er kenne das Zitat nicht. Relative Einigkeit herrschte beim Thema Kopftuchverbot in Schulen. Blümel hielt das für einen richtigen Vorschlag, er sieht das Verbot in erster Linie bei Lehrerinnen. Nepp forderte das Verbot in allen öffentlichen Amtsgebäuden.

Dominik Nepp (FPÖ) – Gernot Blümel (ÖVP)

Keine Diskussion über mögliche Zusammenarbeiet

Auf die politische Richtung der Parteien angesprochen, meinte Blümel: „Ich habe oft das Gefühl, die FPÖ polemisiert sehr, da geht es mehr darum, das Problem groß zu machen – uns geht es darum das Problem auch zu lösen.“ Nepp sah die ähnlichen Themen als kein Problem: „Die Wienerinnen und Wiener lassen sich nicht täuschen von der Mogelpackung, die die ÖVP macht.“

Sendungshinweis

„Politik live“, ORF III, 2.10.2020

Über eine Zusammenarbeit zwischen ÖVP und FPÖ in Wien wollten weder Nepp noch Blümel spekulieren. „Das ergibt sich gar nicht, in Wien wissen wir, dass Ludwig auch der nächste Bürgermeister sein wird“, sagte Nepp. „Blümel biedert sich auch ein bisschen an und sagt, er will mitregieren. Obwohl jeder weiß, das ist ein Täuschungsmanöver, Sie bleiben Finanzminister“, warf er seinem Kontrahenten vor. „Dem Herrn Nepp geht’s um die besten Sprüche, uns geht’s um die besten Lösungen“, kommentierte Blümel.

Tiefschläge zum Abschluss

Abschließend holte Nepp noch zu einem Rundumschlag gegen das Coronavirus-Hilfspaket der Bundesregierung aus: „Was Sie beschlossen haben, war ein Bankenrettungspaket für Ihre Freunde bei den Banken.“ Blümel antwortete: „Es ist ehrlicherweise schwer erträglich, Herrn Nepp über Finanzen reden zu hören. Den Finanzreferenten, der die ganzen Spesenskandale, die gerade durch die Medien laufen, mitzuverantworten hat.“

Zudem habe Nepp zugegeben, dass dessen Familienunternehmen selbst Unterstützungen beantragt und bekommen hat. Nepp meinte daraufhin: „Ich habe noch nie so einen leidenschaftslosen und kalten Politiker gesehen wie Sie.“