Dominik Nepp und Heinz Christian Strache
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Wahl 2020

Spesen: Strache wirft Nepp Mitwissen vor

Beim ersten TV-Duell zwischen Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp und seinem Vorgänger Heinz-Christian Strache hat letzterer den Vorwurf geäußert, Nepp sei über falsche Spesenabrechnungen informiert gewesen. Der verwarf das als „Blödsinn“.

Bei der Konfrontation im Rahmen der ORF-Wahlduelle waren die beiden Proponenten zwar per du – verzichteten ansonsten aber weitgehend auf Freundlichkeiten. „Die Anpatzungen und der Verrat gehen ja leider auch von dir aus“, beklagte Strache, dem vorgeworfen wird, private Ausgaben als Parteispesen abgerechnet zu haben. Laut Strache hat ein ehemaliger Leibwächter angegeben, ohne sein Wissen derartige „Umwandlungen“ getätigt und Nepp darüber unterrichtet zu haben. „Was hast du da für eine Rolle gespielt?“, erkundigte sich der nunmehrige Obmann des Teams HC Strache: „Ich habe fast den Eindruck, du bist da involviert.“ Zusatz: „Auch du, mein Sohn Brutus.“

Nepp versicherte umgehend, dass diese Darstellung „natürlich nicht“ den Tatsachen entspreche. „Das ist vollkommener Blödsinn, vollkommen unglaubwürdig“, unterstrich Nepp, der mutmaßte, dass Strache irgendwann noch behaupten werde, er, Nepp, sei in Ibiza dabei gewesen. Strache stelle sich stets als Opfer dar, dabei seien die wahren Opfer seine ehemaligen Mitarbeiter und auch die enttäuschen Wähler, befand der Wiener FPÖ-Chef.

Dominik Nepp (FPÖ) – Heinz-Christian Strache (Team HC Strache)

Nepp: Straches Politik als „Egoshow“

Nepp konstatierte, dass Strache angesichts der zahlreichen Vorwürfe und Verfahren keine Zeit habe, sich mit Politik zu beschäftigen – während sich die FPÖ für die Wienerinnen und Wiener einsetze. Der Ex-Vizekanzler und frühere FPÖ-Chef sah dies anders. Nepps Programm bestehe darin, gegen Strache zu sein.

„Ihr habt hier wirklich eine Eiseskälte walten lassen in der Partei“, beklagte Strache. Man sei nicht hinter ihm gestanden nach dem „politischen Attentat“. Nepp wiederum zeigte sich zufrieden darüber, dass nicht mehr Mandatare – es waren vier – zu Straches Team übergelaufen sind. Straches Politik sei eine reine „Egoshow“, dies hätten bereits viele erkannt.

Eine Wiedervereinigung der beiden Parteien schlossen beide aus. Und diese sei auch gar nicht nötig, befanden die Parteichefs, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Die freiheitlichen Wähler würden sich am 11. Oktober hinter der FPÖ versammeln, zeigte sich deren Chef überzeugt. Strache wiederum prophezeite, dass Nepp am Wahlsonntag Geschichte sein werde.

Ludwig will Druck auf Bund bei Mietrecht

Nach dieser Therapiestunde zwischen FPÖ-Wien- und Ex-FPÖ-Wien-Chef war das Duell zwischen Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Christoph Wiederkehr (NEOS) eine ruhigere Angelegenheit. Beim Thema Wohnbau wandte sich Wiederkehr einmal mehr von strikt liberalen Ideen ab und sah auch die Stadt gefordert, mehr Wohnungen zu errichten. „Wenn mehr gebaut wird, sinken auch die Preise und wir müssen schauen, dass die Baukosten nach unten kommen.“

Er forderte, dass Besserverdiener im Gemeindebau auch einen marktüblichen – und keinen subventionierten – Mietpreis zahlen sollten. Ludwig sah den Anknüpfungspunkt eher bei den Mietpreisen im privaten Bereich. Während im Sozialen Wohnbau eine Orientierung an der Inflation stattfinde, am privaten Wohnungsmarkt würden die Mieten weit mehr steigen. „Das ist auch der Grund, warum wir auf Bundesebene Druck gemacht haben, dass es ein faires, gerechtes Mietrecht gibt.“

Michael Ludwig (SPÖ) – Christoph Wiederkehr (NEOS)

„Filz“ beim Verkauf von Stadtflächen

NEOS sieht vor allem beim Verkauf von städtischen Flächen einen „Filz“, da diese an parteinahe Genossenschaften zu günstig verkauft wurden. Ludwig reagierte und meinte, beim Großteil der Vergaben gebe es internationale Wettbewerbe. Wiederkehr kritisierte auch die Beteiligung der Stadt an Unternehmen, die im Zuge der Coronavirus-Krise angekündigt wurde. Bislang gibt es erst zwei Beteiligungen – unklar sei laut Wiederkehr, warum diese ausgewählt wurden. Ludwig kündigte an, bei einer Bilanz nach „einiger Zeit“ genaue Details zu nennen.

Als weitere Hilfsmaßnahme verwies Ludwig auf das Hilfspaket, dass kürzlich im Gemeinderat beschlossen wurde. „Das ist in der Größenordnung nicht vergleichbar mit dem, was die Bundesregierung in Pressekonferenzen anbietet, aber wir versuchen punktuell Branchen schnelle Hilfe zukommen zu lassen.“ Wiederkehr sieht vor allem in der Hotellerie Handlungsbedarf. „Hier ist die Lösung von uns eine Freeze-Lösung, nämlich dass Gebühren und Mietverträge eingefroren werden.“ Er wolle die Gebühren um 15 Prozent zu senken, dafür öffentliche Posten – wie Bezirksvorsteher-Stellvertreter oder nicht-amtsführende Stadträte – abschaffen.

Wiederkehr erneuerte sein Angebot als Koalitionspartner. „Wenn Sie sich trauen.“ Er forderte allerdings Änderungen unter anderem in den Bereichen Bildung und Transparenz. „Ich höre im Wahlkampf vieles“, meinte Ludwig und wollte nicht weiter auf den Koalitionsantrag eingehen. „Der Respekt vor den Wählerinnen und Wählern gebietet es mir, da keine Ankündigungen zu treffen.“ Lediglich mit FPÖ und Team HC Strache hat er Koalitionen ausgeschlossen.

Birgit Hebein (Die Grünen) – Gernot Blümel (ÖVP)

Duell um Vizebürgermeisteramt

Im letzten Interview haben Birgit Hebein (Grüne) und Gernot Blümel (ÖVP) versucht sich im Kampf um das Vizebürgermeisteramt in einer Koalition mit der SPÖ in Stellung zu bringen. Beide Kandidaten sahen „das spannendste Duell der Woche“, da es dabei um die Richtung der künftigen Stadtregierung geht. Während Hebein vor einer „Retro-Politik“ bei einer SPÖ-ÖVP-Koalition warnte, sah Blümel vor allem Probleme, wenn SPÖ und Grüne zusammenarbeiten.

Den ersten Konfliktpunkt gab es beim Thema Krankenversorgung in Wien. Während die ÖVP eine Auskopplung des Gesundheitsverbunds (GV, ehemals Krankenanstaltenverbund) forderte und Blümel meinte, man müsse die Politik aus dem GV heraushalten, zeigte sich Hebein zufrieden mit der derzeitigen Lösung.

Zusammenarbeit ausgeschlossen

Hebein schloss eine Koalition mit der ÖVP bereits mehrfach aus. Selbst in einem Gedankenspiel einer Mehrheit der beiden Parteien gab sie im Duell an, in einer ÖVP-Koalition Bürgermeisterin werden zu wollen. „Ich stehe nicht für Experimente zur Verfügung“, sagte sie. Blümel meinte: „Ich verhehle auch nicht, dass es manchmal bei den Grünen oder bei der SPÖ gute Ideen gibt. Schwierig wird es nur dann, wenn SPÖ und Grüne gemeinsam agieren.“

Auf Verkehrsthemen angesprochen, meinte Blümel, „niemand glaubt ernsthaft, dass es jemals eine autofreie Innenstadt geben wird“. Auch Tempo 30 in den inneren Bezirken sieht er als kein großes Anliegen, da das sowieso bei schon zwei Drittel aller Straßen gilt. „Tempo 30 wollen ÖVP-, SPÖ- und grüne Bezirke innerhalb des Gürtels, hier blockiert die SPÖ“, reagierte Hebein.

Laute Diskussion über Integration

Wenige Anknüpfungspunkte gibt es beim Thema Mindestsicherung. So freute sich Hebein, dass die ÖVP im Bund mitstimmen muss, dass die Mindestsicherungsbezieher kommendes Jahr mehr bekommen. Blümel erinnerte daran, dass die Grünen bei der Einführung der Mindestsicherung nicht mitgestimmt haben, weil es für sie zu niedrig war. „Die Grünen wollen das bedingungslose Grundeinkommen“, folgerte Blümel. „Nein, wollen wir nicht“, antwortete Hebein.

Lauter wurde es beim Thema Integration. „Integration gehört in Wien nicht nur gefördert, sondern auch eingefordert“, sagte Blümel und erneuerte den Ruf nach Kopftuchverbot in allen Schulen oder nach verpflichtenden Deutschkenntnissen. „Warum glauben Sie, etwas Besseres zu sein, nur, weil Sie hier geboren worden sind?“, fragte Hebein ihr Gegenüber. Für sie sei Mehrsprachigkeit eine Chance. „Ich fordere nur, dass die Kinder in der Schule Deutsch lernen, damit sie einen Beruf ergreifen können“, so die Replik von Blümel.