Wahlkarte für  Wiener Gemeindesratswahl
APA/Roland Schlager
APA/Roland Schlager
Wahl 2020

Rekord bei Briefwahl: Längere Auszählung

Mit bisher 340.000 Wahlkarten steht bei der Wien-Wahl ein Rekord bei Briefwählern fest. Das bedeutet, dass auf die Ergebnisse länger gewartet werden muss. Die Auszählung wird erst am Montag oder Dienstag abgeschlossen sein.

Das vorläufige Gesamtergebnis der Urnenwahl wurde in Wien üblicherweise drei Stunden nach Wahlschluss am Sonntag, also rund um 20.00 Uhr verkündet. Das könnte sich auch heuer vielleicht auch ausgehen, werden doch (wegen der vielen Briefwähler) deutlich weniger Urnenstimmen auszuzählen sein. Aber mit den Coronavirus-Schutzregeln könnten die Sprengelwahlbehörden auch länger brauchen als üblich.

Die Wahlabteilung legt sich laut APA bisher nicht fest, ob die Ergebnisse am Montag oder Dienstag feststehen. Die Bezirkswahlbehörden bekommen heuer für die Auszählung der Briefwahl und der in „fremden“ Wahlkreisen abgegebenen Wahlkarten – und zwar für Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen – zwar zusätzliches Hilfspersonal. Aber auch sie müssen die Corona-Regeln einhalten. Und somit könnte es Dienstag werden, bis alle Bezirke ihre Wahlkarten-Ergebnisse gemeldet haben. Vorgesorgt wurde für diesen Fall schon: Die Bestimmung, dass das Wahlkarten-Ergebnis am Montag vorliegen muss, wurde aus der Wahlordnung gestrichen.

Wahlkarte für die Wiener Gemeindesratswahl
APA/Roland Schlager
Bisher sind 340.000 Wahlkarten beantragt worden, bei der Wien-Wahl 2015 waren es insgesamt 203.874

Amtliches Ergebnis am 20. Oktober

Erst nach der Gemeinderatswahl werden am Sonntag die Urnenstimmen der Bezirksvertretungswahlen ausgewertet. Das dauerte üblicherweise bis Mitternacht; 2015 wurde es erst deutlich danach, gegen 2.00 Uhr Früh, veröffentlicht. Wann dieses vorläufige Gesamtergebnis (ebenfalls ohne Briefwahl) heuer vorliegen wird, lässt sich ebenfalls nicht abschätzen. Die Ergebnisse inklusive Wahlkarten sind dann – streng genommen – immer noch vorläufige. Denn sie werden noch überprüft – und erst mit der Sitzung der Stadtwahlbehörde am 20. Oktober amtlich.

Die bisher 340.000 Wahlkarten machen etwa 30 Prozent der Wahlberechtigten aus, die Antragsfrist endet am Freitag (9. Oktober) um 12.00 Uhr. Die Wahlbeteiligung dürfte nicht allzu stark unter der Corona-Pandemie leiden. Die Möglichkeit der Briefwahl wurde von der Stadt Wien und den Parteien beworben. Ein großer Teil der Wahlkarten wird auch schon ausgefüllt bei den Bezirkswahlbehörden liegen – kann man doch schon seit Mitte September gleich bei Abholung die Wahlkarte direkt am Bezirksamt bzw. im Wahlreferat ausfüllen, unterschreiben und abgeben.

Hebein, Nepp und Wiederkehr wählten per Briefwahl

Für die Entscheidung zwischen Wahllokal und Wahlkarte ist noch Zeit: Denn mit einem schriftlichen oder Online-Antrag bis Mittwoch bekommt man die Wahlunterlagen sogar noch per Post zugestellt. Persönlich beantragen und gleich mitnehmen kann man Wahlkarten bis Freitag 12 Uhr. Auch ein schriftlicher bzw. Online-Antrag ist bis dahin möglich, wenn eine bevollmächtigte Person die Wahlkarte bis zu diesem Zeitpunkt vom Magistratischen Bezirksamt bzw. Wahlreferat abholt.

Auf dem Postweg sollte man damit allerdings nicht mehr wählen – weil die Wahlkarte muss am Sonntag um 17 Uhr bei der Bezirkswahlbehörde einlangen. Dort kann man selbst bzw. ein „Bote“ sie aber auch direkt (bis Sonntag 17 Uhr) abgeben – oder eine andere Person bringt sie in ein beliebiges Wahllokal.

Von den Spitzenkandidaten und der Spitzenkandidatin der im Rathaus vertretenen Parteien haben drei bereits per Briefwahl gewählt: Birgit Hebein (Grüne), Dominik Nepp (FPÖ) und Christoph Wiederkehr (NEOS).

Erste Hochrechnung um 18.00 Uhr

Wegen der hohen Zahl an Briefwählern wird es am Wahlabend wohl noch hohe Unsicherheit bei den Hochrechnungen geben, so Franz Sommer von der ARGE Wahlen und Christoph Hofinger vom Institut SORA gegenüber der APA. Laut Sommer lag die Relation zwischen Urnenstimmen und Briefwahlstimmen bei der Wahl 2015 etwa bei 85:15. „Diesmal ist zu erwarten, dass es ganz anders aussehen wird.“ Man wisse noch nicht, ob der Briefwahlstimmen-Anteil bei 30 Prozent oder noch höher liegen werde.

Hofinger betonte, dass aufgrund der vielen Briefwähler am Wahlabend eine deutlich größere Stimmen-Anzahl als üblich noch nicht ausgezählt sein wird, was die Hochrechnungen schwieriger macht: 2015 kamen für 100 Stimmen, die am Sonntag ausgezählt waren, am Montag 22 abgegebenen Wahlkarten dazu. „Heuer werden es wahrscheinlich 70 oder vielleicht sogar 80 (Briefwahlstimmen, Anm.) sein“, die pro 100 Urnenstimmen noch dazu kommen. Es dürften also am Sonntag nur etwas mehr als die Hälfte der Stimmen ausgezählt werden.

Laut beiden Experten werde auch die Struktur der Briefwahlstimmen-Wähler eine andere sein als 2015. „Das hat zur Folge, dass man Erfahrungswerte von früher nicht mehr übertragen kann“, so Sommer. Es sei schwer zu schätzen, wie sich die Wähler der einzelnen Parteien in Sachen Wahlkarten verhalten werden, sagte auch Hofinger.

„Trendprognose“ bei Wahlschluss

Eine weitere Schwierigkeit bei der Erstellung der Hochrechnung bei dieser Wahl stellt laut Sommer auch der Umstand dar, dass es aufgrund der zu erwartenden starken Verluste der FPÖ von bis zu rund 20 Prozentpunkten zu starken Verschiebungen im Kräfteverhältnis zwischen den Parteien kommen dürfte. „Je stärker die Verschiebungen sein werden, desto schwieriger ist es, ein Ergebnis möglichst genau hochzurechnen.“

Bei Wahlschluss um 17 Uhr wir jedenfalls noch keine Hochrechnung vorliegen, sondern lediglich einen „Trendprognose“. Dazu wird eine Wahltagsbefragung veranlasst, aufgrund derer diese erste Prognose dann erstellt wird. Die ersten Hochrechnungen sind dann gegen 18 Uhr zu erwarten, wobei bei diesen wie gewohnt auch eine Schätzung der Briefwahlstimmen enthalten sein wird. Hofinger rechnet damit, dass am Wahlabend selbst nach Vorliegen des Urnenergebnisses die Hochrechnungen noch mindestens eine Unsicherheit von einem Prozentpunkt aufweisen werden.

Relevant werden könnte das am Wahlabend bei besonders knappen Abständen zwischen zwei Parteien – oder für die Frage, ob eine Partei knapp über oder unter der für den Einzug in den Landtag notwendige Fünf-Prozent-Hürde kommt. Dies könnte laut Umfragen das Team Strache betreffen, das laut den Erhebungen mit 4 bis 5 Prozent der Stimmen rechnen kann. Sollte die Hochrechnung inkl. der Wahlkartenschätzung etwa für das Team Strache 4,2 Prozent ausweisen, könnte sich durch die Wahlkarten theoretisch noch eine entscheidende Änderung ergeben, so Hofinger.