Angeklagter in Prozess um Mordversuch
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Chronik

Attacke auf Polizisten: Bedingte Haftstrafe

Nach einem Streit mit seiner Verlobten hat ein Pensionist im Juni in Wien-Favoriten Polizisten attackiert. Am Mittwoch wurde er wegen versuchter schwerer Körperverletzung zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt.

Die Anklage lautete auf Mordversuch, was die Geschworenen jedoch verneinten, sie plädierten auf versuchte schwere Körperverletzung und versuchten Widerstand gegen die Staatsgewalt. Die Anklage ging davon aus, dass der 74-Jährige aus Eifersucht gehandelt hat. Da seine Lebensgefährtin vor Jahrzehnten einmal eine Affäre mit einem Polizisten hatte, soll er seinen Zorn auf die wegen eines Streits alarmierten Polizisten projiziert haben.

2,8 Promille im Blut

Das leugnete das Paar, sie seien mit dem Mann, mit dem die Frau einmal eine Liaison hatte, sogar noch freundschaftlich verbunden. Das Paar führt laut eigener Angaben seit 17 Jahren eine harmonische Beziehung, es sei nie zu Handgreiflichkeiten gekommen. Allerdings sei der Pensionist zunehmend eifersüchtig geworden, was die 20 Jahre jüngere Frau betraf.

Am 29. Juni 2019 habe der Mann zu viel Alkohol getrunken und sei aggressiv geworden, so die Aussage seiner Freundin. Als er etwa zwei bis 2,8 Promille erreicht hatte – dieser Wert wurde von Gutachter Günter Gmeiner errechnet – habe er ein Klappmesser mit einer 7,5 Zentimeter langen Klinge gezückt und begonnen, damit vor ihr herumzufuchteln. Sie habe Angst bekommen, dass er sich verletzen würde, weil er aufgrund seiner Berauschung mehrfach gestürzt sei, und habe die Polizei alarmiert.

Aufgrund des Alkoholkonsums dürfte der Beschuldigte ab diesem Zeitpunkt keine Erinnerung mehr an den Vorfall haben. Er hatte einen „massiven Filmriss“, wie sein Anwalt konstatierte. Deshalb bekannte er sich am Beginn der Verhandlung vor dem Schwurgericht des Mordversuchs nicht schuldig.

Ging mit Messer auf Polizisten los

Zwei Beamte trafen schließlich in der Wohnung ein. Weil die beiden erst seit wenigen Wochen auf der Polizeistation ihren Dienst versahen, waren sie noch nicht mit Stichschutzwesten ausgerüstet. Der 74-Jährige ging laut der Aussage der Polizisten auf die beiden los, einen Beamten drückte er gegen die Gangwand.

Mit einer weiten Ausholbewegung soll der Pensionist zweimal versucht haben, dem Polzisten in die Brust zu stechen. Beide Polizisten zogen die Waffe, einer gab zum Schutz seines Kollegen einen Schuss Richtung Angreifer ab, verfehlte ihn jedoch. Sie entrissen dem Pensionisten das Messer und nahmen ihn fest.

Den Zeugenaussagen der Polizisten widersprach die Lebensgefährtin des Angeklagten. Ihr Freund habe mit dem Messer herumgefuchtelt, aber nie gezielt zugestochen. Dazu sei er aufgrund der Alkoholisierung gar nicht mehr in der Lage gewesen.

Urteil ist rechtskräftig

Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach Paragraf 21/2 des Strafgesetzbuches (StGB) wurde abgewiesen. Stattdessen erhielt der Mann die Weisung auf Alkohol- und Psychotherapie.

Der Angeklagte wurde aufgrund der Pandemie im März 2020 gegen gelindere Mittel aus der Untersuchungshaft entlassen. Seitdem hat er allen Weisungen des Gerichts Folge geleistet. Sowohl Staatsanwältin Ursula Schrall-Kropiunig als auch der Angeklagte waren einverstanden, das Urteil ist somit rechtskräftig.