Martin Fabisch (Grüne) Spitzenkandidat Josefstadt
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Wahl 2020

Grüne nahmen ÖVP die Josefstadt ab

Einen Erfolg haben die Briefwähler und -wählerinnen den Grünen bei den Bezirksvertretungswahlen beschert: Sie nahmen der ÖVP letztlich doch die Josefstadt ab. Umgefärbt werden auch die Bezirke Leopoldstadt und Simmering.

Bei den rund 5.300 Urnenwählern war die Volkspartei mit Bezirksvorsteherin Veronika Mickel in der Josefstadt noch vorne gelegen. Mit der Auszählung von 7.300 Wahlkarten holten sich die Grünen aber klar – mit 33,6 zu 30,6 Prozent den 2010 verlorenen ersten Platz zurück. Somit wird deren Spitzenkandidat Martin Fabisch Bezirksvorsteher.

Leopoldstadt und Simmering werden Rot umgefärbt

Die Leopoldstadt, Wiens zweiter Bezirk, war mit Uschi Lichtenegger (Grünen) in den vergangenen vier Jahren, nach der Wiederholung der letzten Bezirkswahlen, überraschend unter grüner Führung. Nun liegt die SPÖ aber wieder vorne. Neuer Bezirksvorsteher ist somit Alexander Nikolai. Der 50-Jährige ist langjähriger SPÖ-Bezirksrat und außerdem Bezirksgeschäftsführer der SPÖ Leopoldstadt.

Alexander Nikolai (SPÖ) wird BV von der Leopoldstadt
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Nikolai ist gelernter Koch, Buslenker und Fußball-Trainer mit Mediatoren-Ausbildung

Im Fokus seiner Arbeit steht die Neugestaltung der Praterstraße. „Die Praterstraße wird genau das haben, was wir wollten. Mehr konsumfreie Plätze, breite Gehsteige, mehr Schattenplätze und Grünanlagen. Und auch einen aufgewerteten Nestroyplatz.“, so der neue Bezirksvorsteher gegenüber Radio Wien. Engagieren will er sich auch für Fitnessgeräte im Bezirk und ein Hallenbad.

Thomas Steinhart neuer Simmeringer-Bezirksvorsteher

In Simmering holt sich die SPÖ den Bezirk von der FPÖ zurück. Diese hatte dort 2015 mit nur rund 100 Stimmen mehr gewonnen und mit Paul Stadler von der FPÖ den Bezirksvorsteher gestellt. Der wird jetzt abgelöst von Thomas Steinhart von der SPÖ. Der neue Bezirksvorsteher ist 47, seit 2007 Bezirksrat, seit 2018 Bezirksvorsteher-Stellvertreter. Der gelernte Gärtner ist auch Landesvorsitzender der SPÖ-Bauern. Als Bezirksvorsteher aufwerten will er vor allem die Gebiete Kaiserebersdorf und die Simmeringer Hauptstraße. Wichtig sei ihm auch die U3-Verlängerung und mehr Polizei auf der Straße.

Thomas Steinhart (SPÖ) wird BV von Simmering
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Der neue Bezirksvorsteher ist 47 Jahre alt

In Wieden setzte sich SPÖ klar gegen die Grünen durch

Nicht gelungen ist den Grünen – auch mit Auswertung der Briefwahl – die erhoffte Eroberung Wiedens: Dort hielt SPÖ-Vorsteherin Lea Halbwidl mit 33,2 Prozent die Grünen (28,1 Prozent) klar auf Distanz. Größere Distanz gibt es jetzt auch in der Inneren Stadt, wo sich heuer, anders als 2015, ÖVP-Bezirksvorsteher Markus Figl ganz klar mit 40,5 Prozent gegen die SPÖ (22,9) durchsetzte.

In Meidling und der Brigittenau hängte die SPÖ die heuer – generell eingebrochene – FPÖ weit ab: Meidlings Bezirksvorsteher Wilfried Zankl, erst seit Kurzem im Amt, baute das SPÖ-Ergebnis auf 42,0 Prozent aus. Während die FPÖ, 2015 noch Zweite, 23 Punkte auf 6,8 Prozent einbüßte. Ähnlich in der Brigittenau: Dort legte die SPÖ mit Hannes Derfler auf 45,0 Prozent zu, während die FPÖ auf 7,4 Prozent (um 22,1 Punkte) abstürzte.

Ergebnis der Gemeinderatswahl vielleicht erst am Mittwoch

Rund 360.000 Briefwahlstimmen werten die 23 Bezirkswahlbehörden seit Montagfrüh aus. Ein Ende war am Abend noch nicht absehbar. Ausgezählte Bezirksvertretungsergebnisse werden von der Wahlbehörde umgehend veröffentlicht. Denn die Kür der 23 Bezirksparlamente wird jeweils als einzelne Wahl angesehen und somit auch unabhängig voneinander veröffentlicht.

Für die Gemeinderatswahl hingegen werden die 23 Bezirksergebnisse erst bekanntgegeben, wenn alles fertig ausgezählt ist. Das Gesamtergebnis inklusive Wahlkarten wird dann frühestens am Dienstag, vielleicht auch erst am Mittwoch vorliegen, hieß es Montagabend in der Wahlabteilung im Rathaus.

Denn die 23 Bezirkswahlbehörden haben den heuer riesigen Berg der Wahlkarten jeweils für Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen und dazu noch die Vorzugsstimmen für beide Wahlen auszuwerten – und das unter strenger Einhaltung der Coronavirus-Schutzmaßnahmen.

40 Prozent Briefwahlstimmen

Heuer wird der Anteil der Briefwahlstimmen rund 40 Prozent betragen, das ist etwas mehr als doppelt so viel wie 2015. Auch wenn sie so viele wie nie zu vor sind, werden die Briefwähler heuer – nach Einschätzung der Hochrechner – aber nichts Entscheidendes mehr am Wahlausgang verändern: Die SPÖ geht als unangefochtene Erste aus der Wahl hervor, und Bürgermeister Michael Ludwig hat drei Koalitionsoptionen: wie bisher die Grünen, wie früher mit der ÖVP oder neu mit NEOS.

Die SPÖ ist mit über 40 Prozent doppelt so stark wie die zweitstärkste Partei – die jetzt nicht mehr die stark eingebrochene FPÖ, sondern die ÖVP ist. Diese konnte ihren Stimmenanteil mehr als verdoppeln, sprang von Platz vier auf Platz zwei, wird aber nicht über die 20-Prozent-Marke kommen. Dritte sind die Grünen, die etwas zulegen, aber wohl unter ihrem bisher stärksten Ergebnis von 14,6 Prozent bleiben. Das Team Strache scheiterte an der Fünfprozenthürde.

Ein wenig spannend ist noch das Rennen um Platz vier: Bei den Urnenwählern lag zwar die FPÖ (mit 8,9 Prozent) deutlich vor NEOS (6,9 Prozent). Aber die SORA-Hochrechner gehen davon aus, dass mit der Briefwahlauszählung NEOS die FPÖ überholt.

In Innenstadtbezirken fast 60 Prozent Briefwähler

Teilweise gewaltig war der Briefwähleranteil bei der Wiener Wahl: In den Innenstadtbezirken zogen es – in Zeiten des Coronavirus – an die 60 Prozent vor, nicht am Sonntag im Wahllokal, sondern per Wahlkarte zu wählen. Die Wahlbeteiligung sank in den Montagabend schon fertig ausgezählten Bezirken Innere Stadt, Wieden und Josefstadt nicht allzu stark. Anders in Meidling und der Brigittenau, von denen auch schon vollständige Ergebnisse der Bezirksvertretungswahlen vorlagen.

Dort war der Briefwahlanteil geringer – jeweils 44 Prozent –, mehr als die Hälfte der Stimmen wurde also in den Wahllokalen abgegeben. Dort ging die Beteiligung jeweils um rund zehn Prozentpunkte zurück – und zwar jeweils auf schwach über 50 Prozent.

In der Josefstadt kamen rund 59 Prozent der Stimmen per Wahlkarte, in der Inneren Stadt und Wieden 57 Prozent. Und das kam der Wahlbeteiligung zugute, sie ging vergleichsweise wenig – um fünf bzw. in Wieden um 6,5 Punkte – zurück. Im achten Bezirk betrug sie trotz Pandemie noch 67 Prozent, im ersten Bezirk 65 und in Wieden 57 Prozent.