Altbürgermeister Michael Häupl
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Politik

Häupl: „Das Alte muss nicht immer schlecht sein“

Wiens Altbürgermeister Michael Häupl (SPÖ) sieht bei einem Zusammengehen mit NEOS heftigen Diskussionsbedarf. Eine Koalition mit den „Sozialistenfressern“ von der ÖVP sei „sinnlos“, so Häupl im Ö1-Morgenjournal. Und: „Das Alte muss nicht immer schlecht sein.“

Häupl war derjenige, der vor zehn Jahren als erster Wiener Bürgermeister eine Koalition mit den Grünen in Wien gestartet hat, damals noch gemeinsam mit der Grünen-Chefin Maria Vassilakou. Zehn Jahre später ist er nun längst in Politikpension. Mit seiner Meinung über allfällige künftige Koalitionspartner von Michael Ludwig in einer neuen Wiener Regierung hält er nun aber nicht hinterm Berg. Obwohl er bei seinem Politabschied noch betonte: Er wolle sich nicht als „Balkon-Muppet“ in die Agenden seines Nachfolgers einmischen.

Keine politischen Schnittmengen mit NEOS bei Wirtschaft

„Etwas Neues muss nicht immer gut sein, das Alte nicht immer schlecht“, sagte der 71-jährige Alt-Bürgermeister in Andeutung künftiger Koalitionsvarianten am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal. Das „neoliberale“ NEOS hätte auch ihre „politischen Meriten bei der Bildung etwa oder beim Thema Migration/Integration“.

Transparenzfragen würden kein wirkliches Hindernis sein, so Häupl. Aber: „Natürlich, die ganzen Fragen, die sich mit einem neoliberalen Wirtschaftsverständnis paaren, wie Privatisierung etwa, da sehe ich nicht wirklich politische Schnittmengen. Das würde zweifelsohne eine heftige Diskussion nach sich ziehen.“

Neoliberal sei für einen Sozialdemokraten kein Schimpfwort, so der Altbürgermeister, aber eine „andere politische Vorstellung, ein anderes politisches Konzept.“ 24 Jahre lang war Häupl Wiener Bürgermeister. Als solcher ließ er auch mit der Aussage aufhorchen, er streite lieber mit den Grünen über eine Straße als mit der ÖVP über die Bildung.

Große Koalition nicht mit „Sozialistenfressern“

Auf die Frage, was er nun davon halte, dass die SPÖ ihr heiliges Bildungsressort abgeben könnte, antwortete Häupl: „Also über Ressorts redet man nachher, wenn man ein gemeinsames inhaltliches Programm gefunden hat, und das ist das, wo ich mich schon überhaupt nicht einmische.“

Von einer etwaigen Koalition mit der ÖVP, die in Wien nun auf Platz zwei liegt, hält Häupl wenig: „Ich war immer ein Großkoalitionär zwischen einer christlichsozialen ÖVP und einer sozialdemokratischen Partei. Ich bin das nicht mehr in der Form, wenn ich eine neoliberale, türkise Truppe da habe, die noch dazu im hohen Ausmaß auch von einem Sozialistenfresser geleitet wird.“

Stadt hat „riesige Herausforderungen“ zu meistern

Das „Kapitel Grüne“ ist für Häupl in der Stadt hingegen noch nicht erledigt. Man müsse das auch ein wenig unabhängig von den Personen sehen und den Gesprächen über das künftige Programm einer Stadt, betonte Häupl. Denn: „Das kann ja nicht in Bassins, die man am Gürtel aufstellt oder in Pop-up-Radwegen sich erschöpfen.“

Die Stadt habe in Zukunft andere „riesige Herausforderungen“ zu meistern, ausgelöst durch das Coronavirus. Häupl: „Insbesondere was die daraus resultierende Wirtschaftskrise betrifft, was die ganze soziale Frage betrifft, damit natürlich auch den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft.“ Wichtig in dem Zusammenhang sei auch die Bildungsfrage und die Armutsbekämpfung. Ebenso seien Wissenschaft und Forschung ein sehr wichtiges Thema gerade für eine Stadt wie Wien.

„Ibiza“-Video: „Meine erste Reaktion war, das ist ein Fake“

Auf die Frage, wo die SPÖ gelandet wäre, hätte es das „Ibiza“-Video nicht gegeben, sagte der Altbürgermeister, das wisse er nicht. Sehr gut kann er sich aber noch daran erinnern, als er das „Ibiza“-Video das erste Mal sah: „Ich bin bei einer Veranstaltung gesessen neben dem amtierenden Wiener Bürgermeister, und der reicht mir auf einmal sein Handy herüber. Da habe ich das erste Mal das ‚Ibiza‘-Video gesehen. Und meine erste Reaktion war, das ist ein Fake, so etwas gibt es nicht, ja. So doof kann kein Mensch sein, ja.“ Er sei nachher falsifiziert worden, so Häupl.