Bienenstöcke auf dem Kunsthistorischen Museum
Thomas Zelenka
Thomas Zelenka
Tiere

Auf Wiens Dächern summt es

Ein Trend in Wien: Bienenvölkern auf Dächern ein Zuhause geben. Unzählige Institutionen setzen damit ein Zeichen für den Artenschutz und produzieren gleichzeitig Bio-Honig. Der Klimawandel ist trotzdem eine große Bedrohung für Bienen.

„Wir haben fünf nach zwölf“, beklagt Imkermeister Thomas Zelenka die derzeitige Situation. Damit spricht er von dem seit Jahren andauernden Bienensterben. Um ein Aussterben zu verhindern, beherbergen nun einige Wiener Institutionen Bienen auf ihren Dächern. Ob auf dem Kunsthistorischen Museum, der Universität Wien oder dem Kunst Haus Wien: Honigbienen sind mittlerweile an den unterschiedlichsten Orten anzutreffen.

Auch das Kunst Haus Wien beherbergt seit drei Jahren ungefähr 140.000 Bienen auf dem Dach. „Als erstes Grünes Museum in Wien möchte das Kunst Haus Wien damit ebenfalls Impulse zum Artenschutz setzen“, heißt es auf der Website. Für die Kunst Haus Wien-Direktorin Bettina Leidl stand von Anfang an der Nachhaltigkeitsaspekt im Vordergrund. Um die Bienen auf dem Dach kümmert sich Imkermeister Thomas Zelenka. Bis zu 80 Kilogramm Bio-Honig haben die Bienen letztes Jahr produziert. Der Honig war bisher jedes Jahr restlos ausverkauft.

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Bienen auf der Wabe
Thomas Zelenka
Imker im Schutzanzug
Thomas Zelenka
Bienen im Bienenstock
Thomas Zelenka
Bienenstöcke auf dem Kunsthistorischen Museum
Thomas Zelenka
Bienen im Bienenstock
Thomas Zelenka

Von Greenwashing kein Anzeichen

Für Zelenka ist der Beweggrund hinter der Anschaffung von Bienenstöcken wichtig. Unternehmen, die sich zur reinen Image-Aufbesserung Bienenvölker zulegen, würde er nicht betreuen. Bisher wäre ihm jedoch noch kein Greenwashing von Unternehmen aufgefallen. Damit werden Praktiken von Unternehmen bezeichnet, die sich ohne ausreichende Grundlage ein umweltfreundliches Image zulegen.

Im Großen und Ganzen empfindet er den Trend von Bienen auf Wiens Dächern jedoch toll. „Es ist eine Aufmerksamkeit für die Biene da. Allgemein kann die Biene als perfekter Botschafter für das Insektensterben angesehen werden. Daher nützt die Sache mehr, als sie schadet. Dieser Trend unterstützt den Imker und somit die Biene“, begründet Thomas Zelenka seine positive Haltung.

Temperaturschwankungen verwirren Bienen

Ein großes Problem stellt jedoch der Klimawandel dar: Durch die schwankenden Temperaturen und unüblichen Jahreszeiten sind die Bienen verwirrt. Sie beginnen viel früher zu brüten und bringen damit ihren Rhythmus durcheinander. Vor allem im Winter kann das für ein Bienenvolk schwerwiegende Folgen haben. Aufgrund der warmen Temperaturen bereiten sich die Bienen zu spät auf den Winter vor. Im Notfall müssen sie von den Imkerinnen und Imkern mit Futter versorgt werden.

Die Betreuung erfolgt durch ausgebildete Imkerinnen und Imker. Laut Statistik des Österreichischen Imkerbundes wurden im Jahr 2019 insgesamt 690 Wiener Imkerinnen und Imker verzeichnet. Diese kümmern sich um 5.378 Bienenvölker. Erst Mitte Oktober mussten alle Bienenvölker eingewintert werden.

Um im nächsten Jahr genug Honig zu produzieren, müssen die Bienen erstmal den Winter überleben. Dabei handelt es sich um eine kritische Zeit für Bienen. Über das ganze Jahr hinweg wird bereits Nektar für die Wintermonate gesammelt. Dieser muss ausreichen, da der Bienenstock im Winter nicht verlassen wird. Zur Vermeidung einer Kältestarre rücken die Insekten eng zusammen und bilden eine Wintertraube – in der Mitte die Königin. Sobald der Winter um ist, geht es wieder an die Honigproduktion.

Honigproduktion
Thomas Zelenka
Die Honigernte ist von Jahr zu Jahr unterschiedlich

Honiggeschmack von Lage abhängig

Honig ist nicht gleich Honig. Auch hier kann es aufgrund der Lage zu geschmacklichen und farblichen Unterschieden kommen. Während der Honig vom Kunsthistorischen Museum mit einem Rosengeschmack punktet, verleihen die Linden bei der TU dem Honig einen frischen, zitrus-mentholartigen Geschmack. Ausschlaggebend dafür sind die Baum- und Blumenarten von denen sich die Bienen ihren Nektar beschaffen. Den Bienen auf dem KHM stehen 100.000 Rosen zur Verfügung.

Den Irrglauben, dass Stadthonig im Gegensatz zu Landhonig weniger schmackhaft sei, schafft Zelenka aus dem Weg. Ganz im Gegenteil: Wien liefert einen besonders nährhaften Boden und der Ertrag ist in der Stadt sogar höher als am Land. Auch die städtischen Schadstoffe spielen dabei keine Rolle. Bienen verfügen über ein effektives Filtersystem und filtern ihren Nektar von Schadstoffen.

Eins ist gewiss: Egal wo der Honig herkommt, die österreichische Bevölkerung liebt ihn. Das ist an dem Pro-Kopf-Konsum zu erkennen. Mit einem Kilogramm pro Jahr liegen die Österreicherinnen und Österreicher an Europas Spitze.