Tatortrekonstruktion im Fall des Rekruten, der am 9.10.17 in einer Kaserne in Wien-Leopoldstadt getötet wurde
APA/Hans Punz
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Chronik

Mord in Kaserne: Kein Trauerschmerzengeld

Der Vater eines Grundwehrdieners, der im Herbst 2017 in der Albrechtskaserne in der Leopoldstadt von einem Kameraden im Schlaf erschossen worden ist, erhält kein Trauerschmerzengeld aus dem Amtshaftungsgesetz (AHG).

Der Mann hatte die Republik Österreich auf 35.000 Euro sowie den Ersatz der Begräbniskosten geklagt. Nachdem im ordentlichen Rechtsweg zwei Instanzen sein Ansinnen abgelehnt hatten, gab der Oberste Gerichtshof (OGH) nun einer außerordentlichen Revision keine Folge.

Kontakt zum Täter durch Grundwehrdienst

Der Vater hatte sich im Strafprozess gegen den Täter, der in einem Wachcontainer dem auf einer Pritsche schlafenden 20-Jährigen mit seinem Sturmgewehr in den Kopf schoss – er wurde dafür rechtskräftig wegen Mordes zu 15 Jahren Haft verurteilt – als Privatbeteiligter dem Verfahren angeschlossen. Auf diesem Weg bekam er 13.000 Euro zugesprochen. Mit seinem Mehrbegehren wurde er auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

In einer Amtshaftungsklage argumentierte der Vater in weiterer Folge damit, der Bund habe für das Fehlverhalten des Schützen einzustehen, da dieser nicht als Privatperson, sondern in Vollziehung des Wachdienstes von seiner Schusswaffe Gebrauch gemacht hätte. Sein Sohn habe sich wiederum nicht freiwillig in der Kaserne befunden, sondern seine staatsbürgerliche Pflicht durch Leisten des Grundwehrdienstes verrichtet. Der Kontakt zum Täter sei nur in Ausübung dieses Dienstes erfolgt.

Mord in Kaserne 2017
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Der Vorfall ereignete sich im Oktober 2017

Private Gründe Motiv für Mord

Im ordentlichen Rechtsweg kamen die Gerichte zum Schluss, dass für den Kopfschuss private Beweggründe ausschlaggebend waren und „nicht einmal dem äußeren Anschein nach“ hoheitliches Auftreten eine Rolle gespielt hätte. Es fehle daher am inneren Zusammenhang der Tathandlung mit der Amtsverrichtung, weshalb die Organhaftung nach dem AHG nicht zu tragen komme.

Da es bisher keine Stellungnahme des OGH zur Amtshaftung bei vorsätzlichen Tötungen gegeben hat, wurde nach ausgeschöpftem Instanzenzug die außerordentliche Revision für zulässig erklärt. Der OGH prüfte daher eingehend, ob sich in diesem Fall aus dem Wehrgesetz, dem Militärbefugnisgesetz oder anderen gesetzlichen Bestimmungen eine Haftung des Bundes ergeben könnte.

In einer vor kurzem im RIS veröffentlichten Entscheidung (Geschäftszahl 1 Ob 123/20z) verneinte er dies. Der Schütze habe „den Schaden nur bei Gelegenheit der Ausübung hoheitlicher Tätigkeit verursacht“. Er habe zwar „in Ausnützung seiner hoheitlichen Funktion als Soldat“, aber „ohne jeden Bezug zu den ihm übertragenen hoheitlichen Aufgaben gehandelt“, stellte der OGH klar.