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Gesundheit

Psychotherapie in Wien stark nachgefragt

Eine starke Nachfrage verzeichnen durch die Coronavirus-Krise die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Wien. Trotzdem gebe es bei der Therapie auf Krankenschein noch genug Kapazitäten, heißt es. Ab Jänner wird das Kontingent erhöht.

Ängste, Depressionen und Schlaflosigkeit: Die seit Monaten andauernde Coronavirus-Pandemie bringen die Psyche massiv durcheinander. Immer mehr Wienerinnen und Wiener suchen deshalb psychotherapeutische Hilfe. Allein sie selbst bekomme derzeit drei neue Anfragen pro Tag, erzählt Leonore Lerch, Vorsitzende des Wiener Landesverbandes für Psychotherapie. Das habe sie noch nie gehabt.

Ratschläge fürs Durchhalten

„Es wird ein Marathon“ und jeder der Hilfe braucht, soll auch Hilfe beanspruchen. Das sagt Leonore Lerch, die Vorsitzende des Wiener Landesverbandes der Psychotherapeuten. Für einen regelmäßigen Tagesablauf sorgen mit den Kindern daheim, das sei wieder angesagt. Wichtig sei es, sich auch schöne Momente zu gönnen.

Ihre Kolleginnen und Kollegen würden Ähnliches berichten, so Lerch. Beim Bundesverband für Psychotherapie schätzt man, dass sich die Nachfrage nach Psychotherapie mehr als verdoppelt hat. Zu den Belastungen durch die Pandemie kommt nun auch noch der Terroranschlag in der Wiener Innenstadt am 2. November. Die Klienten seien extrem verunsichert, schildert Lerch, und würden sich fragen, was noch alles komme. Das Sicherheitsgefühl sei weg, etwas, das wir in der westlichen Welt so nicht kennen würden.

Besonders viele Therapeuten in Wien

Ein Engpass bei den Therapieplätzen ist in Wien derzeit nicht zu befürchten. Denn es gibt in der Stadt im internationalen Vergleich besonders viele Therapeutinnen und Therapeuten, insgesamt rund 4.500. Das sind laut dem Bundesverband für Psychotherapie drei bis vier Mal so viele wie im EU-Durchschnitt, gerechnet pro 100.000 Einwohner.

Rund 700 Therapeutinnen bzw. Therapeuten bieten in Wien eine Psychotherapie auch auf Krankenschein an. Dabei übernimmt die Kasse die Kosten zur Gänze. Abgewickelt wird die Krankenschein-Therapie über zwei Organisationen: über die Wiener Gesellschaft für psychotherapeutische Versorgung und den Verein für ambulante Psychotherapie.

Therapie auf Krankenschein wird ausgeweitet

Derzeit seien auch bei der Therapie auf Krankenschein noch ausreichend Kapazitäten vorhanden, so der Bundesverband für Psychotherapie. Das Kontingent könne noch heuer bei Bedarf erweitert werden, dafür gebe es die finanzielle Zusage der Gesundheitskasse. Fixiert ist bereits, dass ab Jänner kommenden Jahres das Angebot für Psychotherapie auf Krankenschein um 30 Prozent erhöht wird.

Wartezeiten auf einen Therapieplatz auf Krankenschein gibt es dennoch. Wie lange man warte, sei auch innerhalb von Wien unterschiedlich, sagt Peter Stippl, Präsident des Psychotherapie-Bundesverbands. Im Durchschnitt seien es jedoch zwei Monate, also ähnlich lange wie bei den Fachärzten. Durch die Erweiterung des Kontingent sollte sich die Situation aber laufend deutlich verbessern, meint Stippl.

Psychotherapie kann in der Coronavirus-Krise auch via Internet oder Telefon durchgeführt werden. Seitens der meisten Krankenkassen wird hier kein Unterschied bei der Honorierung gemacht. Neben der Psychotherapie komplett auf Krankenschein gibt es auch die Möglichkeit, einen Kostenzuschuss bei der Kasse zu beantragen.

Mehrere Hotlines helfen bei Sorgen

Wenn Sie Sorgen haben, gibt es auch eine Reihe von kostenlosen Angeboten abseits von Psychotherapie. Die Psychosozialen Dienste in Wien bieten etwa eine Corona-Sorgenhotline (01/4000-53000) an, die täglich zwischen 08.00 und 20.00 Uhr erreichbar ist. Kinder und Jugendliche können sich rund um die Uhr an Rat auf Draht (147) wenden. Rund um die Uhr erreichbar sind auch die Frauenhelpline gegen Gewalt (0800 222 555) und die Telefonseelsorge (142).

Schnelle psychologische Hilfe gibt es kostenlos und anonym unter der Telefonummer des Berufsverbands Österreichischer PsychologInnen (01/504-8000), täglich zwischen 9.00 und 20.00 Uhr.

Das Angebot der Psychotherapeutische Ambulanz (pta) (01/710 57 64) richtet sich an Erwachsene jeder Altersgruppe ab 18 Jahren und reicht von kostenfreier Gruppenpsychotherapie, bis zu günstigen – nach Einkommen gestaffelten – Einzel-, Paar- und Familientherapien. Die pta bietet eine unkomplizierte Anmeldung, mit derzeit geringen Wartezeiten. Speziell für Menschen in Quarantäne ist die Helpline des gemeinnützigen Vereins Traumahilfe Österreich (01/4130044) gedacht, erreichbar unter der Woche von 8.00 bis 20.00 Uhr – und am Wochenende von 10.00 bis 16.00 Uhr.