Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) bei der Präsentation des Budgetvoranschlages für 2021
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Budgetdefizit von 1,9 Mrd. Euro erwartet

Die Coronavirus-Pandemie reißt ein tiefes Loch auch in das Wiener Stadtbudget: Laut dem von Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) am Mittwoch präsentierten Voranschlag wird 2021 ein Defizit von 1,9 Mrd. Euro erwartet – ein Rekordhoch in der jüngeren Geschichte der Stadt.

Für Hanke sind die finanziellen Mehraufwendungen, die 2021 zur Aufrechterhaltung der städtischen Leistungen am Kapitalmarkt aufgenommen werden, „richtig und notwendig“. Eigentlich waren für heuer und nächstes Jahrn Nulldefizit bzw. sogar Schuldenrückzahlungen geplant gewesen. Dann aber war die Coronakrise diese Pläne über Bord. Denn auch im heurigen Jahr wird sich die Null im Budget nicht ausgehen. 2020 betrage das Defizit 1,6 Mrd. Euro.

„Nichthandeln wäre aber wesentlich teurer“

Das Budget ist heuer und in den kommenden Jahren von Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie geprägt. Hanke rechnet mit „Investitionsjahren“ bis 2023, dann sollte die Netto-Neuverschuldung zurück gefahren werden. Er peilt eine Konsolidierung ab dem Doppelbudget 2024/2025 an: „Zu Beginn der neuen Legislaturperiode hätte ich mir freilich andere Rahmenbedingungen für das Budget 2021 und für Wien gewünscht. Doch die Coronakrise bestimmt immer noch jegliche Maßnahmen, die wir für Wien treffen müssen.“ Und: „Die Kosten der Pandemie sind hoch, Nichthandeln wäre aber wesentlich teurer.“

Nulldefizit wird nicht erreicht

Aus den Plänen des Nulldefizits und der Schuldenrückzahlung wird jetzt doch nichts. Coronabedingt kommt alles ganz anders. Das zeigt der Budgetvoranschlag fürs kommende Jahr.

Wien sei auf einem guten Weg gewesen. Im Jahr 2019 sei das Nulldefizit vorzeitig durch eine Vielzahl an positiven Effekten, etwa durch die gute Entwicklung der Konjunktur oder durch einen Rückgang der Arbeitslosigkeit, erreicht worden. Davon profitiere die Stadt nun: „Wir haben die Boom-Phase genutzt, Geld gespart und konnten damit rechtzeitig vor Corona die Rücklagen um 750 Mio. Euro auf 1,8 Mrd. Euro erhöhen. Dieses maßvolle Wirtschaften hilft uns jetzt, die Wirtschaftskrise zu bewältigen“, erklärte Hanke.

Bisher 1,2 Mrd. Euro als höchster Negativwert

Die negativen CoV-Effekte kombiniert mit dem Rekordrückgang der österreichischen Wirtschaftsleistung von acht Prozent führen bundesweit zu massiven Mindereinnahmen und Steuerausfällen. So erwartet die Stadt einen Einbruch bei den Einnahmen aus Bundesertragsanteilen von 780 Mio. Euro und bei den Einnahmen aus stadteigenen Steuern von 200 Mio. Euro. Folgen für das Budget 2020 hatte auch, dass zusätzliche, nicht veranschlagte 450 Mio. bereitgestellt wurden, um die Auswirkungen auf den Gesundheitsbereich, den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft mit verschiedenen Maßnahmen abzufedern.

Für dieses Jahr wird es daher statt des geplanten Nulldefizits ein Minus von 1,6 Mrd. Euro geben, für das kommende Jahr ist ein voraussichtliches Minus von 1,9 Mrd. Euro einkalkuliert. Dabei handelt es sich um Negativrekorde. Laut APA-Nachfrage galt bis dato das Defizit 2009/2010 in der Höhe von 1,2 Mrd. Euro als höchster Negativwert in der jüngeren Geschichte der Stadt.

Gesundheit als größter Brocken

Insgesamt liegt das Budgetvolumen für 2021 bei 15,1 Mrd. Euro. Der Fokus liegt dabei auf der Bewältigung der Krise und dem Aufbau von Entwicklungschancen für die Zeit danach. Laut Hanke gibt es in allen Bereichen und Geschäftsgruppen Steigerungen. Zu den größten Brocken zählen Gesundheit mit 2,54 Mrd. Euro (plus 10,08 Prozent bzw. 233,04 Mio. Euro mehr als 2020), Soziales mit 2,22 Mrd. Euro (plus 6,05 Prozent), Bildung mit 1,91 Mrd. Euro (plus 1,93 Prozent) und Kinderbetreuung mit 925,44 Mio. Euro (plus 5,08 Prozent). Die Bautätigkeit für die lokale Wirtschaft wird gar um rund 18 Prozent auf 1,6 Mrd. Euro ausgeweitet.

Der Voranschlag sieht Investitionen in der Höhe von 2,6 Mrd. Euro vor. Laut städtischen Angaben liegt man hier auf „Rekordniveau“. Der Kernmagistrat, also Gesundheitsverbund, Wien Holding, Wiener Wohnen, steigert seine Investitionen um fast 20 Prozent auf 1,7 Mrd. Euro. Davon gehen beispielsweise 399 Mio. Euro an Krankenanstalten, 296 Mio. Euro in die Wohnbauförderung und 110 Mio. Euro in Bildungseinrichtungen. Zusätzlich investiert die Stadt in den Neubau von Schulen und Kindergärten, in die Sanierungen der Feuerwachen und den Neubau der Rettungsstation Seybelgasse.

980,6 Mio. Euro für den Klimaschutz

Ebenfalls im Fokus steht das Thema Klimaschutz. 980,6 Mio. Euro sind dafür vorgesehen. Dazu zählen Aufwendungen für den öffentlichen Verkehr (811,4 Mio. Euro), 122,1 Mio. Euro für die Förderung thermisch energetischer Wohnhaus- und Heizungsanlagensanierung (40 Mio. Euro), für klimafreundliche Beleuchtung (6,15 Mio. Euro) oder für Klimastraßen in 23 Bezirken (11,5 Mio. Euro). Für Projekte mit dem Koalitionspartner NEOS wurde ein dreistelliger Millionenbetrag definiert.

Budgetkonsolidierung ab 2024/2025 angepeilt

Das präsentierte Budget ist das letzte einjährige, ab dem Jahr 2022 wird der Haushalt der Stadt Wien in Doppelbudgets abgebildet (erstes Doppelbudget 2022/2023). Ab dem Doppelbudget 2024/2025 sollen die städtischen Ausgaben die Einnahmen nicht mehr übersteigen. „Das ist ein unglaublich ambitioniertes Ziel“, so Hanke. Mit Entschlossenheit und Budgetdisziplin sei es aber zu erreichen. Aktuell beträgt der Gesamtschuldenstand der Stadt rund sieben Mrd. Euro. Diese Zahl inkludiert noch nicht die Neuverschuldungen für 2020 und 2021.

Der Budgetvoranschlag 2021 muss erst in einer zweitägigen Debatte im Gemeinderat am 10. und 11. Dezember abgesegnet werden. Zum ersten Mal wird heuer auch eine Vermögensaufstellung der Stadt beschlossen. Grund dafür ist eine neue Darstellung des Budgets („3-Komponenten-Haushalt“). Dafür wurden in mehrjähriger Arbeit mehr als 60.000 Grundstücke, 3.000 Gebäude und 42 Mio. Quadratmeter Straßenaufbau bewertet. Insgesamt ergab die Vermögenserfassung „trotz sehr konservativer, vorsichtiger Bewertung“ eine Bilanzsumme von 29,27 Mrd. Euro.

ÖVP und FPÖ schießen sich auf NEOS ein

Unter dem Titel „Verantwortungslose Budget-Politik sieht anders aus“ kritisierte die ÖVP den Voranschlag, nicht ohne auf „sehr viel Geld“ zu verweisen, das die Bundesregierung in die Hand nehme, um eine „nie dagewesene Gesundheits- und Wirtschaftskrise“ zu bewältigen. Die Wiener Stadtregierung scheitere hingegen an einem Budget mit Zukunftsansage, erklärten Klubobmann Markus Wölbitsch und Landtagspräsident Manfred Juraczka. Sie forderten dringend notwendige Wirtschaftsmaßnahmen ein: „Wo ist etwa die von den Neos versprochene Abschaffung der U-Bahnsteuer?“. Das Budget sei ebenso wie das Regierungsprogramm eine Blamage für eine angeblich wirtschaftsliberale Partei wie die Neos. Von der SPÖ habe man sich nichts anderes erwartet.

Am Tag nach der Angelobung der Koalition von SPÖ und NEOS zielte auch die FPÖ Wien mit ihrer Kritik auf die NEOS: "Wir erwarten uns volle Transparenz, wie von NEOS immer versprochen!“, forderte Klubobmann Maximilian Krauss. Diese könnten die NEOS beim Budget 2021 unter Beweis stellen. So müsse eine vollständige Subventionsdatenbank erstellt werden, Vereine, die dem politischen Islam nahe stünden, gehörten aus dem Subventionstopf der Stadt endgültig entfernt.