Chronik

Welt-Aids-Tag: Aufruf zu Tests

Anlässlich des Welt-Aids-Tages betont die Aids Hilfe Wien die Wichtigkeit der Tests, viele Fälle werden spät diagnostiziert. Das Haus der Aids Hilfe ist eine Gesundheitseinrichtung und daher während des Lockdowns geöffnet.

„Je später die Diagnose erfolgt, desto schwieriger wird es mit der Therapie“, warnte Andrea Brunner, die seit September Geschäftsführerin der Aids Hilfe Wien ist. Bei 430 Menschen in Österreich ist im Vorjahr HIV diagnostiziert worden – mit 218 Fällen rund die Hälfte davon in Wien, zeigen Daten des Zentrums für Virologie der MedUni Wien.

Wenn eine HIV-Infektion in einem frühen Stadium entdeckt wird, könnten die Betroffenen mit Therapie oft „sehr gut leben“, wie mit einer chronischen Erkrankung, erläuterte Brunner gegenüber der APA. Zu dem Problem der späten Diagnosen, das kein rein österreichisches ist, werde aktuell ein Projekt vorbereitet.

Späte Diagnosen bei Männer um 50 Jahre

„Wir schauen, dass wir die ‚Late Presenter‘ besser erreichen“, fügte Aids-Hilfe-Wien-Obmann Stefan Dobias hinzu. Bei den Betroffenen von späten Diagnosen handle es sich meist um Männer um die 50 Jahre, oft nicht aus dem urbanen Bereich, sagte er. Deshalb werde auch versucht, vermehrt Angebote im ländlichen Raum zu schaffen.

Außerdem werden sich die neue Geschäftsführerin und der am vergangenen Donnerstag auf der Generalversammlung wiedergewählten Obmann in naher Zukunft insgesamt verstärkt dem Thema sexuelle Gesundheit widmen. Die Aids Hilfe Wien wolle sich als „Zentrum für sexuelle Gesundheit begreifen“ und diesen gesamten Bereich stärker ausbauen, sagte Dobias. Damit könnten mehr Menschen erreicht werden als mit dem Thema HIV und Aids allein und das Bewusstsein verstärkt werden, dass dieses alle sexuell aktiven Menschen betrifft.

Neben HIV geht es dabei etwa um Hepatitis B und C und andere sexuell übertragbare Erkrankungen wie Syphilis oder Chlamydien, wo die Aids Hilfe Wien ebenfalls Tests und Beratung anbietet. Brunner kündigte zudem mehr Präventions- und Anti-Diskriminierungs-Arbeit an. Jugendprävention sei „sehr, sehr wichtig“, sagte sie. Schul-Workshops könnten wegen der Corona-Pandemie derzeit nicht an Ort und Stelle stattfinden, es würden jedoch Online-Workshops für Schulklassen angeboten, betonte sie.

Haus der Aids Hilfe weiter für Tests geöffnet

Das Haus der Aids Hilfe Wien bleibt aktuell während des zweiten harten Lockdowns in Österreich geöffnet, da es eine Gesundheitseinrichtung ist, hob Dobias hervor. „Bei uns sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Home-Office, die keinen direkten Klientenkontakt haben, aber wir sind für unsere Klientinnen und Klienten im Haus da“, versicherte auch Brunner.

In der ersten Woche nach dem Beginn des harten Lockdowns seien annähernd gleich viele Personen zu Tests vorbeigekommen wie zuvor und wie auch vor Beginn der Corona-Pandemie. Die Anzahl der wöchentlichen Testklienten liege bei rund 100, diese betreffen jedoch nicht nur HIV-Tests, erläuterte Brunner, weil gleichzeitig häufig auch Tests auf andere sexuell übertragbare Erkrankungen durchgeführt werden. Beratungen finden durchgängig zusätzlich telefonisch und per E-Mail statt.

Therapien finden weiter statt

Große Verunsicherung besteht laut Brunner bei Infizierten, ob ihre Therapie wegen der Coronakrise fortgesetzt werden könne. „Ja, die kann stattfinden und findet statt“, betonte sie. Das sei wichtig, weil Unterbrechungen der Behandlung „schlecht sind“, sagte Brunner. „Die Bekämpfung der HIV-Pandemie darf nicht durch die Corona-Pandemie vergessen werden.“

Herausfordernd für die Aids Hilfe Wien war, dass nach dem Ende des Life Balls nun wegen Corona auch die jährliche Regenbogenparade in Wien heuer nicht stattfand. „Das war immer ein Anlass, Menschen zu erreichen und auf die unverminderte Aktualität des Themas aufmerksam zu machen“, sagte Dobias. „Das werden wir aber auch weiterhin über unserer Kanäle machen“, kündigte er an.

Zeichen gegen Diskriminierung am Rathaus

Am Wiener Rathaus ist zum Welt-Aids-Tag eine „Red Ribbon“-Schleife angebracht, damit soll ein Zeichen gegen Diskriminierung gesetzt werden. „Es darf nicht sein, dass HIV-infizierte Menschen, die im Alltag ja keinerlei Gefahr für ihre Mitmenschen darstellen, diskriminiert werden. Dagegen müssen wir ankämpfen, denn Diskriminierung hat in einer liberalen Gesellschaft keinen Platz“, hieß es vom zuständigen Stadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS).

Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) will „allen Menschen die gleiche Teilhabe in unserer Stadt sicherstellen, frei von Diskriminierung und Benachteiligungen". Wir brauchen Solidarität mit betroffenen Menschen, Prävention, um die Zahl der Neuinfektionen zu senken und umfassende emanzipatorische Sexualpädagogik in allen Schulen Österreichs“, so Wolfgang Wilhelm, Leiter der Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche und transgender Lebensweisen (WASt.

Anschober: Neue Standards bei Blutspenden

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat zum Welt-Aids-Tag die Wichtigkeit von Prävention, Aufklärung sowie Unterstützungsangeboten für Betroffene betont. Am Dienstag findet im Nationalrat ein Expertenhearing zu den Ausschlussgründen für eine Blutspende hin: „Mein Ziel ist es, eine diskriminierungsfreie Blutspende zu ermöglichen“, kündigte der Minister an.

Statt auf pauschale Gruppenzugehörigkeit soll künftig auf individuelles Verhalten in der Risikoeinschätzung abgestellt werden: „Das ist der wesentliche Faktor für die Qualität der Blutprodukte.“ Auf Basis der Empfehlungen der Blutkommission und der Einschätzung von Expertinnen und Experten werde das Gesundheitsministerium in den nächsten Wochen einen überarbeiteten Fragebogen präsentieren.

„Um die höchste Qualität der Blutspenden sicherzustellen, orientieren wir uns bei der Umsetzung an internationalen Standards“, erklärt der Gesundheitsminister. „Was wir heute schon sagen können, ist, dass aktuelle Erkenntnisse zum diagnostischen Zeitfenster ebenso berücksichtigt werden müssen, wie neue Methoden der Prävention und Behandlung von HIV-Infektionen.“

Rote Schleife an der Fassade des Parlamentsausweichquartiers in der Wiener Hofburg
APA/Roland Schlager
Am Josefsplatz beim Ausweichquartier des Parlaments hängt am Welt-Aids-Tag ein „Red Ribbon“

Rote Schleife am Parlament in der Hofburg

Am Parlament in der Hofburg wird mit einem überdimensionalen „Red Ribbon“ Solidarität mit Menschen mit dem HI-Virus gezeigt. „Aufklärung und Prävention müssen eine wichtige Rolle in der Gesellschaft einnehmen“, betonte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP).