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Chronik

Menschen mit Behinderung: Gebäude leuchten lila

Anlässlich des „Tages der Menschen mit Behinderung“ erstrahlen in der Nacht auf Freitag viele Gebäude in lila. Der Behindertenrat spricht von einem „besonders harten Jahr“. Die Lage am Arbeitsmarkt ist prekär. Wichtige behindertenpolitische Themen stecken fest.

Die Fassade des Parlaments in der Hofburg erstrahlt seit Mittwoch in violett. Grund dafür ist der „Internationale Tag der Menschen mit Behinderung“ heute Donnerstag und die damit einhergehende Kampagne #PurpleLightUp. Der globalen Aktion angeschlossen haben sich auch das Innenministerium, das damit ebenfalls ein sichtbares Zeichen für Menschen mit Behinderung setzen will, sowie zahlreiche nationale und internationale Unternehmen.

Doppelt soviele Jobanfragen in Wirtschaftskrise

„Menschen mit Behinderungen sind überproportional von der derzeitigen Wirtschaftskrise betroffen“, sagt Julia Moser, Senior Director bei der sozialen Unternehmensberatung myAbility und Purple Light Up-Botschafterin für den deutschen Sprachraum.

Menschen mit Behinderung: Gebäude leuchten lila

Anlässlich des „Tages der Menschen mit Behinderung“ erstrahlen in der Nacht auf Freitag viele Gebäude in lila. Der Behindertenrat spricht von einem „besonders harten Jahr“. Die Lage am Arbeitsmarkt ist prekär. Wichtige behindertenpolitische Themen stecken fest.

Beispielsweise ist in dieser Zielgruppe die Anzahl der Jobanfragen auf der größten Jobplattform, myAbility.jobs, im September um 55 Prozent in die Höhe geschossen (Vergleich mit September 2019). Die Arbeitslosenquote von behinderten Menschen und Menschen mit sonstigen gesundheitlichen Vermittlungsbeschränkungen stieg um knapp 20 Prozent.

Uniqa Tower lila
Uniqa
Der UNIQA-Tower am Donaukanal in Wien wird heuer erstmals in violettes Licht eingetaucht

Umso wichtiger sei es, dass Unternehmen und Organisationen am 3. Dezember Farbe bekennen: Die globale Aktion Purple Light Up, die sich für die wirtschaftliche Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen einsetzt, findet heuer zum zweiten Mal in Österreich statt.

Selbstständigkeit kann vielerorts nicht gelebt werden

Für Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) bedeutet Barrierefreiheit zuallererst, die Selbstständigkeit von Menschen mit Behinderungen zu stärken. „Allerdings legt die Corona-Krise schonungslos offen, dass es noch sehr viele Felder gibt, in denen diese Selbstständigkeit nicht gelebt werden kann“, erklärte er in einer Aussendung zur Aktion, die bis einschließlich Freitag andauert.

Auch das Innenministerium nimmt an der #PurpleLightUp-Kampagne teil. Ressortchef Karl Nehammer (ÖVP) verwies in diesem Zusammenhang auf die österreichweite Einführung des Einsatzleit- und Kommunikationssystems ELKOS, das die Nutzung eines barrierefreien Notrufs für Menschen mit besonderen Bedürfnissen möglich mache.

Politiker appellieren für mehr Toleranz

Anlässlich des „Tages der Menschen mit Behinderung“ wiesen zahlreiche Organisationen und Politiker auf die Herausforderungen in der Corona-Krise hin. Die ÖVP-Bereichssprecherin für Menschen mit Behinderung Kira Grünberg appellierte anlässlich des Tags der Menschen mit Behinderung an das Verständnis und die Toleranz aller in der Corona-Pandemie. Denn Menschen mit Behinderung, denen das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar ist, können von der Verpflichtung befreit werden.

Dies sei in der Öffentlichkeit aber wenig bekannt, denn es komme immer wieder vor, dass Betroffenen der Zutritt verwehrt werde, berichtete Grünberg. Die öffentliche Aufmerksamkeit, die Menschen mit Behinderung am 3. Dezember bekommen, würde sie sich für jeden Tag wünschen.

Die Grünen wiesen in einer Aussendung am Donnerstag darauf hin, dass Menschen mit Behinderungen durch Krisen wie die aktuelle besonders stark von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Für die Jahre 2021 und 2022 werden 40 Mio. Euro mehr für Maßnahmen zur beruflichen Inklusion zur Verfügung gestellt. Dadurch können rund 7.000 Menschen mehr an einer Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahme teilnehmen, hieß es weiters.

„Stopp-Corona-App“ nicht für alle barrierefrei bedienbar

FPÖ-Obmann Norbert Hofer legte das Augenmerk auf die umfassende Barrierefreiheit: „Dabei geht es aber nicht nur um physische Barrierefreiheit wie rollstuhlgerechte Zugänge und Ausstattung, die den meisten Menschen bei diesem Thema überwiegend einfällt. Barrierefreiheit geht viel weiter und umfasst auch soziale, kommunikative, ökonomische und strukturelle Themen.“

SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek forderte in einer Aussendung „krisensichere Netze für Frauen mit Behinderung“, denn „Frauen stehen wegen der Mehrfachbelastung während der Corona-Pandemie unter besonderem Druck, Frauen mit Behinderung um ein Vielfaches mehr“, stellte Heinisch-Hosek fest. Die NEOS vermissen einen umfangreichen Inklusionsprozess, der über den Nationalen Aktionsplan hinausgeht. Die Corona-Pandemie habe diesen Prozess noch gebremst, kritisierten die NEOS.

Markus Wolf, Präsident des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Österreich, pochte auf Partizipation und monierte, dass die „Stopp-Corona-App“ nicht für alle Nutzer barrierefrei bedienbar ist. Bei der Corona-Ampel und dem Dashboard sei der barrierefreie Zugang nicht von Beginn an mitgedacht worden und auch beim digitalen Abrufen von Testergebnissen gebe es Hürden. Krisensituation und Zeitdruck würden die öffentliche Hand nicht von der Verpflichtung entheben, ihre Webseiten und Apps barrierefrei zu gestalten, gab Wolf zu bedenken.