Ulrike Lienbacher: Ohne Titel, 2007
Albertina/Ulrike Lienbacher
Albertina/Sonja Gangl
Kultur

Albertina zeigt farblose Seiten des Lebens

Es ist eine Ausstellung, die zum Wetter passt und wohl zu mancher Gemütslage: Die Albertina zeigt in ihrer neuen Schau „Schwarz Weiß & Grau“ die farblosen Seiten des Lebens. Zu sehen sind 55 großformatige Werke.

Die großteils mit Bleistift oder Tusche angefertigten Zeichnungen eint ihr großes Format und der Fokus auf Hell-Dunkel-Kontraste. Die 55 Werke stammen von 16 Künstlerinnen und Künstlern aus der hauseigenen Sammlung. Die Schau in der Propter Homines Halle läuft bis 21. März des nächsten Jahres.

Eigentlich wäre für den Herbst eine lange vorbereitete Amedeo-Modigliani-Ausstellung geplant gewesen. Doch die Coronapandemie zwang die Albertina zu einer Verschiebung. Stattdessen präsentiert man nun Teile der eigenen Sammlung. „Diese Ausstellung ist zwar der Coronakrise geschuldet, aber sie ist eine gute Gelegenheit, unsere Sammlungstätigkeit der letzten 20 Jahre auszustellen“, sagte Albertina-Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder am Donnerstag bei einem Medien-Termin.

Sonja Gangl: The End_11111, 2008
Albertina/Sonja Gangl
Sonja Gangls Bleistift-Zeichnung „The End_11111“ aus dem Jahr 2008

Riesige Augen und Sigmund Freuds Haustür

„Zeichnungen können eine unglaubliche Mannigfaltigkeit aufweisen. Wir haben uns auf Schwarz-Weiß eingelassen“, so Schröder. An der daraus resultierenden „gewissen Monochromie“ hätte auch der Gründer der Sammlung, Herzog Albert, eine Freude gehabt, zeigte sich der Generaldirektor überzeugt. Er betonte, dass mit dieser Schau das Zeichnungen innewohnende Potenzial untermauert werden solle. „Sie werden nicht nur für die kleine Tasche produziert“, sagte Schröder. In der Tat füllen manche der gezeigten Werke ganze Wände.

Beim Betreten der Ausstellung springt sofort ins Auge, dass der erste Blickfang – eine von den beiden Linzern Peter Hauenschild und Georg Ritter angefertigte Zeichnung eines Ateliers – mehr als nur schwarz, weiß und grau aufweist. Gelb- und Orangetöne mischen sich ins Werk. Diese Irritation verblasst jedoch schnell, da mit wenigen Ausnahmen der Titel der Schau eingehalten wird. Thematisch ist die Ausstellung dagegen bunt aufgestellt: Riesige Augen, Sigmund Freuds Haustür, ein Revolverlauf, Hecken, Gräser, Wälder oder auch Silhouetten von Flüchtlingen treffen auf eine Abschiedsszene und Porträts.

William Kentridge: Schattenprozession, 1999
Albertina/William Kentridge
Die Videoinstallation von William Kentridge aus 1999 trägt den Titel „Schattenprozession“

Auch Installationen ausgestellt

Mit der Beschränkung auf Schwarz-Weiß gehe gerne Melancholie einher, sagte die Kuratorin der Ausstellung, Elsy Lahner. „Aber auch Unheimliches schwingt oft mit“, meinte sie mit Verweis auf deplatziert wirkende Wanderer in unwirtlichen Landschaften. „Die künstlerischen Strategien sind sehr unterschiedlich“, erklärte die Kuratorin. Fotorealistische Zeichnungen von Sonja Gangl oder Robert Longo finden ebenso Eingang wie Werke mit gestischem Zugang.

Zudem ist so manche Installation vertreten. Aus der Ecke eines Raumes wuchert etwa ein feingliedriges, fragiles Papiergewächs von Birgit Knoechl und wirkt dabei so, als möchte es sich seinen angestammten Platz zurückerobern. Ebenfalls vertrieben wurden ausgeschnittene Papierfiguren, die durch das Bild einer Videoinstallation namens „Schattenprozession“ von William Kentridge wandern. Der an das Schattentheater angelehnte Animationsfilm soll an all jene gemahnen, die grausam unterdrückt wurden oder ihr Heimatland verlassen mussten.