Schwer bewaffnete Justizwache in Gang im Landesgericht
APA/Herbert Neubauer
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Chronik

Verbindung zu Attentäter: Haftstrafe

Einer der möglichen Tatbeteiligten am Terroranschlag vom 2. November ist heute am Landesgericht wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation zu zwei Jahren Haft verurteilt worden – teilbedingt.

Sechs Monate wurden unbedingt ausgesprochen, 18 Monate bekam der 18-Jährige unter Setzung einer dreijährigen Probezeit auf Bewährung nachgesehen. Zudem wurde dem jungen IS-Sympathisanten die Weisung erteilt, sich einem Deradikalisierungsprogramm zu unterziehen und vierteljährlich dem Gericht über die Fortschritte zu berichten.

Das Urteil ist rechtskräftig, sowohl der Staatsanwalt als auch der 18-Jährige waren damit einverstanden. Bei der Strafbemessung wäre ein Strafrahmen von bis zu fünf Jahren zur Verfügung gestanden. Dem jungen Mann wurden seine bisherige Unbescholtenheit und seine geständige Verantwortung mildernd angerechnet.

Vorgänge zwischen März 2018 und Oktober 2019

Die Anklage gegen den aus Bangladesch stammenden jungen Mann, der 2013 nach Österreich gekommen war, hatte sich nicht auf die Terrornacht und damit in Zusammenhang stehende Vorwürfe bezogen. Dazu sind die Ermittlungen im Laufen, am Wochenende wurden zwei weitere Verdächtige festgenommen, deren Fingerabdrücke sich auf den Tatwaffen des von der Polizei erschossenen Attentäters befunden haben sollen.

Die aktuelle Anklage gegen den 18-Jährigen umfasste Vorgänge zwischen März 2018 und Oktober 2019, wobei der Attentäter aber sehr wohl eine Rolle spielte: Der damals 16-Jährige soll den späteren Attentäter in dessen Plänen bestärkt haben, als dieser ihm ankündigte, er wolle nach Syrien reisen und sich dort der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) anschließen, um als Kämpfer zur „Eroberung“ Syriens beizutragen.

Mit IS-Propagandamaterial versorgt

Der damals Jugendliche, der den späteren Attentäter zuvor mit IS-Propagandamaterial versorgt hatte, soll diesen dafür in holprigem Deutsch gelobt („Möge Allaah dich höchste Platz in Paradise nimmt“) und ihm „Schutz“ vor den „Kuffar“ (Ungläubigen, Anm.) gewünscht haben. Außerdem erklärte er dem Älteren, er werde nach Abschluss seiner Ausbildung selbst gen Syrien ziehen.

Der spätere Attentäter war am 1. September 2018 nach Syrien aufgebrochen, wurde aber in der Türkei aufgegriffen, festgenommen und nach vier Monaten in einem türkischen Gefängnis an Österreich ausgeliefert. Hier wurde er Ende April 2019 wegen terroristischer Vereinigung zu 22 Monaten verurteilt, wobei ihm die Haft in der Türkei sowie die U-Haft in Wien angerechnet wurden. Anfang Dezember 2019 wurde der spätere Attentäter gegen Auflagen – unter anderem wurde ihm die Fortsetzung eines während der Inhaftierung begonnenen Deradikalisierungsprogramms aufgetragen – vorzeitig bedingt entlassen.

„Zufällig“ heuer wieder getroffen

Anfang des heurigen Jahres habe er ihn dann zufällig wieder getroffen, sagte der 18-Jährige nun einem Schöffensenat: „Ich hab’ mich gewundert dass er vom Gefängnis sehr schnell raus ist.“ Im Juli sah er den späteren Attentäter ein letztes Mal am Handelskai, als er von einem gemeinsamen Bekannten zu einem Treffen in größerer Gruppe gebeten wurde. Von Terrorplänen habe er nichts gewusst und nichts dazu beigetragen, sagte der 18-Jährige, der am 1. September eine Lehre als Elektrotechniker begonnen hatte.

Vor Gericht beteuerte er, er habe sich inzwischen vom IS abgewandt: „Ich bin jetzt gegen den Islamischen Staat. Nach der ersten Razzia (im Herbst 2018, Anm.) haben meine Eltern und mein Bruder mir das erklärt.“

„Ich wollte Anerkennung“

In seiner Beschuldigteneinvernahme gab sich der mögliche Mitbeteiligte am Terroranschlag in Wien zu den inkriminierten, auf 2018 bezogenen Vorwürfen reumütig geständig. Er habe dem späteren Attentäter zur Absicht, sich dem IS anzuschließen, gratuliert und mit diesem Propagandamaterial geteilt. „Es war nicht wert, was ich gemacht habe. Es war einfach dumm. Ich wollte Leute aus vielen Ländern kennenlernen. Ich wollte Anerkennung“, sagte der 18-Jährige.

Der Angeklagte hatte den späteren Attentäter im Alter von 16 in einem Park kennengelernt, in dem einander junge Islamisten trafen. Der aus Bangladesch stammende Bursch hatte eine schwierige Zeit hinter sich. Er tat sich mit der deutschen Sprache schwer, wurde deswegen verspottet und – wie sein Anwalt Wolfgang Ebner dem Gericht erklärte – auch seiner Hautfarbe wegen gemobbt.

„Ein bisserl Radikalislam“

Obwohl er ursprünglich mit der Religion nicht viel am Hut hatte – er betete zwar regelmäßig, war aber kein strenger Moslem –, änderte sich das in Richtung „ein bisserl Radikalislam“, wie der Angeklagte zugab. Am Anfang sei er gegen den IS gewesen, „weil die haben jeden getötet“. Dann fand er aber speziell an den Naschids (Kampfgesängen, Anm.) Interesse: „Die Melodien haben mir gefallen.“

Radikalisiert habe sich sein Mandant ausschließlich mit Hilfe des Internets, stellte Verteidiger Ebner fest: „Die digitale Moderne ist auch bei den Islamisten angekommen.“ Auf Instagram und Telegram habe der Außenseiter Anschluss gefunden und in Chats dank seines IT-Wissens Anerkennung gefunden. Als der spätere Wiener Attentäter Richtung Syrien aufbrach, verwaltete der Jüngere einen Kanal des Älteren. Und er hielt weiter Kontakt: „Ich wollte wissen, wie es dort (gemeint: Syrien, Anm.) ist.“ Er glaube jedoch nicht, dass sein Beitrag den späteren Attentäter auf die Reise gebracht habe: „Er wäre auch ohne mich gefahren. Ich glaube nicht, dass ich ihn bestärkt habe.“