Gemeindebau Karl-Marx-Hof in Wien
ORF.at/Roland Winkler
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Politik

Wirbel um Gemeindebau-Delogierungen

Obwohl die Stadtregierung im Frühjahr zu Beginn der Coronaviruskrise einen Delogierungsstopp in den Gemeindewohnungen erlassen hat, hat es im Vorjahr Delogierungen gegeben. Kritik daran übt die FPÖ.

421 Delogierungen wurden in den ersten drei Quartalen des Vorjahres in Wohnungen von Wiener Wohnen durchgeführt. 192 entfallen auf das erste Quartal bis Ende März und damit wohl auf die Zeit vor dem Lockdown. Doch, wie ein Wiener-Wohnen-Sprecher gegenüber wien.ORF.at betonte, galt ab dem Lockdown (16. März) bis Ende Mai (nicht Juni, der Sprecher korrigierte das Datum, Anm.) ein Delogierungsstopp. In dieser Zeit sollte kein Gemeindebaumieter vor die Tür gesetzt werden.

102 Delogierungen während Stopps

Dennoch zeigt der Quartalsbericht von Wiener Wohnen im zweiten Quartal – von 1. April bis 30. Juni – 102 Delogierungen. Der Sprecher erklärte das mit der Praxis der Berichtsführung. Eine Delogierung werde nicht an dem Datum in die Datenbank eingegeben, an dem die Räumung stattfindet, sondern an dem die Wohnung als frei aktiviert wird. Das ist meistens nach einer Besichtigung durch einen Mitarbeiter von Wiener Wohnen, der etwaige Schäden notiert.

Er erläuterte das anhand eines fiktiven Fallbeispiels: Mitte Februar fand die Delogierung einer Frau statt. Durch normale Verzögerungen und zusätzlich noch durch das Coronavirus – im Lockdown gab es nur wenige Außeneinsätze – fand erst Mitte April eine Besichtigung durch einen Mitarbeiter statt. Danach wurde die Wohnung im System als frei vermerkt.

Ab Juni habe man wieder delogiert, laut dem Sprecher gab es im Juni acht Delogierungen. Im dritten Quartal waren es 127. Dabei handelt es sich nur um Fälle, die in keinem Zusammenhang mit dem Coronavirus stünden, wo es schon vor der Pandemie Zahlungsschwierigkeiten und Verstöße gegen die Hausordnung gegeben habe. Auch dann habe es durch die „Case Management“-Abteilung eine genaue Überprüfung gegeben.

Kritik von FPÖ

Außerdem habe man immer auch am Tag der Delogierung noch einmal überprüft, ob eine Miete überwiesen wurde – dann hätte man die Delogierung wieder abgesagt. Zahlen für das vierte Quartal gab es vorerst noch keine, es galt aber laut Wiener Wohnen auch im zweiten Lockdown ab 3. November ein Delogierungsstopp.

Kritik an den Zwangsräumungen übte die FPÖ in einer Aussendung. „Der von der SPÖ angekündigte Delogierungsstopp war eine glatte Lüge. Die SPÖ hat ihr soziales Gewissen aufgegeben und setzt in der Corona-Krise Menschen auf die Straße“, kritisierte der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp. Laut FPÖ wurden bis Jahresende 545 Delogierungen prognostiziert. Das wären deutlich weniger als 2019 – da fanden rund 900 statt.