Eindrücke von der Universität Wien 2017
ORF.at/Roland Winkler
ORF.at/Roland Winkler
Bildung

Plagiate: Kaum Titelaberkennungen

Nach der Plagiatsaffäre um die ehemalige Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) sind die Abschlussarbeiten an Hochschulen in den Fokus gerückt. Wie ein Rundruf von wien.ORF.at zeigt, kommt es nur selten zur Aberkennung eines Titels.

Plagiatsverdachtsfälle gab es bereits an mehreren Hochschulen. So auch an der Wirtschaftsuniversität Wien. „Im Zuge von Verfahren kam es in den letzten Jahren bisher auch in zwei Fällen zum Widerruf akademischer Titel“, sagte Cornelia Moll von der WU Wien. An der Universität Wien wurden in den vergangenen 15 Jahren insgesamt 50 Verfahren deswegen eingeleitet. In 26 Fällen führten diese zur Aberkennung eines Titels.

Keine Fälle an TU und MedUni

Bekannte Fälle von Plagiaten gibt es an der Technischen Universität Wien bisher keine. „Aufgrund der Studienart ist eine Fälschung oder ein Plagiat an der TU sehr unwahrscheinlich. Technische Arbeiten sind weniger einfach zu plagiieren, da sie von Grund auf neu erstellt werden müssen“, sagte Herbert Kreuzeder von der TU Wien. Neben der TU kam es auch an der Medizinischen Universität Wien in den vergangenen zehn Jahren zu keiner Aberkennung, bestätigte ein Sprecher.

An der MedUni Wien werden alle Doktorarbeiten routinemäßig einer Kontrolle unterzogen. Die Arbeiten gelangen erst nach der Plagiatsprüfung zu der begutachtenden Person. „Sollte es zu einem bedenklichen Ergebnis bei der Plagiatskontrolle kommen, erhält der Dissertant die Möglichkeit, Stellung zu nehmen“, so Stephan Böhm, Curriculumdirektor der Medizinischen Universität Wien. Die Arbeit verlasse erst nach einer Verbesserung das Haus, fügte er hinzu.

Bei Plagiat droht Ende der Ausbildung an FH

Ein ähnliches Bild zeigt sich auch an der FH Campus Wien. Auf der Fachhochschule wurde noch nie ein akademischer Grad aberkannt. Hin und wieder sei es zu Plagiatsvorwürfen während des Studiums gekommen, aber in Abschlussarbeiten sei ihr kein Fall bekannt, so Barbara Bittner vom FH Campus Wien. Um Plagiate zu vermeiden, droht die Fachhochschule bei zweimaligem Entdecken mit der Auflösung des Ausbildungsvertrags.

Vorwürfe des Plagiats gab es bereits an der FH Technikum, die im Anschluss von einer Kommission geprüft wurden. Dabei handle es sich um eine Handvoll an Verfahren, so Jürgen Leidinger vom FH Technikum. Zur Aberkennung eines Titels kam es letztendlich nie.

Elektronischer Plagiatscheck ein Muss

An den meisten Hochschulen steht der elektronische Plagiatscheck mittlerweile an der Tagesordnung. Dabei könne aber nur die Arbeit mit bisherigen Publikationen abgeglichen werde, so Hochschulsektionschef Elmar Pichl. Der jeweilige Betreuer müsse dann das Ergebnis des Checks bewerten und kontextualisieren. Bei dem Plagiatscheck handle es sich nur um eine Analyse, wie intensiv andere Quellen verwendet wurden. In den vergangenen Jahren kam es bei der Plagiatserkennungssoftware zu Fortschritten. „Seit 2005 sind deutliche Verbesserungen in der Erkennungssoftware aufzuzeigen“, so Barbara Bittner.

Aber nicht nur elektronische Überprüfungen können Plagiate auffliegen lassen: Gehäufte Rechtschreib- und Grammatikfehler nur in einzelnen Passagen oder wechselnde Zitierstile sind weitere Hinweise. Ein Plagiat liegt übrigens dann vor, „wenn Texte, Inhalte oder Ideen übernommen und als eigene ausgegeben werden. Dies umfasst insbesondere die Aneignung und Verwendung von Textpassagen, Theorien, Hypothesen, Erkenntnissen oder Daten durch direkte, paraphrasierte oder übersetzte Übernahme ohne entsprechende Kenntlichmachung und Zitierung der Quelle und der Urheberin oder des Urhebers“, heißt es im Universitätsgesetz.

Digitalisierung als Herausforderung

Aufgrund des Coronavirus macht sich das Bildungsministerium nun grundlegend Gedanken über das Thema Digitalisierung. Durch CoV sei man mit einer viel intensiver digitalisierten Hochschullandschaft konfrontiert, so Pichl. „Das löst Herausforderungen aus von Quellenkritik über den Umgang mit digitalen Quellen bis zu wissenschaftlichem Arbeiten und digitalem Schummeln. Das haben wir seit einigen Monaten auf der Agenda.“

Unterdessen berichtete der „Kurier“, dass „Plagiatsjäger“ Stefan Weber nach dem durch seine Recherchen ausgelösten Rücktritt von Ex-Arbeitsministerin Aschbacher auch die Abschlussarbeiten weiterer Regierungsmitglieder prüfen. So habe er schon die Doktorarbeit von Frauenministerin Susanne Raab und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (beide ÖVP) angefordert.

Bereits erledigt ist die mit Gut bewertete Prüfung der Abschlussarbeit von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Webers Urteil: „Qualitativ nicht gut, aber kein Plagiat“.