Politik

Wirecard: Ex-FPÖ-Abgeordneter bleibt in U-Haft

Ein früherer FPÖ-Abgeordneter bleibt in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen den früheren Politiker wegen mutmaßlicher Fluchthilfe für den Wirecard-Vorstand Jan Marsalek.

Im Gefängnis bleiben muss er allerdings nicht wegen dieser Causa, sondern wegen einer bereits im Vorjahr eingebrachten Betrugsanklage. Der vorige Woche ebenfalls festgenommene frühere BVT-Abteilungsleiter wurde indessen wieder enthaftet. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Der Anwalt des ehemaligen Abgeordneten bestätigte auf APA-Anfrage zwar, dass er einen Flug für den flüchtigen Wirecard-Vorstand Jan Marsalek organisiert habe. Strafbar habe er sich damit aber nicht gemacht, weil damals noch kein Haftbefehl gegen Marsalek bestand. Anwalt Farid Rifaat will nun eine Haftbeschwerde einlegen. Ein weiterer mutmaßlicher Fluchthelfer wurde enthaftet.

Flug von Bad Vöslau nach Minsk

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen Thomas S. sowie gegen den früheren BVT-Abteilungsleiter M. W. wegen „Begünstigung“. Den beiden wird vorgeworden, im vorigen Juni für Marsalek einen Flug von Bad Vöslau nach Minsk organisiert zu haben. Strafbar habe sich sein Mandant damit allerdings nicht gemacht, betont Anwalt Rifaat.

Denn damals habe noch kein Haftbefehl gegen Marsalek bestanden. Außerdem habe S. den Piloten Name und Passdaten Marsaleks gegeben, zur Weiterleitung an Polizei und Flugsicherung. Ob Marsalek wirklich geflogen sei, wisse sein Mandant nicht.

Marsalek wird seit dem Zusammenbruch des elektronischen Zahlungsdienstanbieters Wirecard in Deutschland gesucht. Auf die „Begünstigung“ von flüchtingen Kriminellen stehen bis zu zwei Jahre Haft.

Nach Einvernahme enthaftet

Laut der von mehreren Medien zitierten Festnahmeanordnung hatte der ehemalige FPÖ-Abgeordnete durchaus Bedenken dabei und begründete die Aktion mit seinen guten Geschäftsbeziehungen zu M. W. Der frühere Abteilungsleiter im Verfassungsschutz, der nebenberuflich für Wirecard gearbeitet haben soll, steht als mutmaßlicher Organisator von Marsaleks Flucht unter Verdacht. Er wurde nach seiner Vernehmung am Wochenende wieder enthaftet, wie die Staatsanwaltschaft Wien der APA bestätigte.

Die Untersuchungshaft gegen den Ex-FPÖ-Abgeordneten hat ursächlich allerdings nichts mit den Wirecard-Ermittlungen zu tun. Gegen den früheren Abgeordneten liegt eine Betrugsanklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vor. Nachdem die neuerlichen Ermittlungen gegen ihn bekanntgeworden waren, verhängte das Straflandesgericht Wien die Untersuchungshaft wegen Tatbegehungsgefahr.

Nehammer kündigt „schonungslose Aufklärung“ an

Ein weiterer festgenommener früherer BVT-Mitarbeiter, gegen den die Staatsanwaltschaft Wien wegen Amtsmissbrauchs und Verrat von Staatsgeheimnissen ermittelt, soll laut Innenministerium nun suspendiert werden. Er war zuletzt der Sicherheitsakademie zugeteilt. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) kündigte in einer Aussendung „schonungslose Aufklärung“ und einen „sauberen Neustart für den Verfassungsschutz“ an. Der ehemalige BVT-Mitarbeiter wurde am Montag in die Justizanstalt überwiesen, teilte die Staatsanwaltschaft auf APA-Anfrage mit. Ob U-Haft verhängt wird, wird sich in den nächsten Tagen entscheiden.

Noch kein Prozesstermin

Einen Prozesstermin in der Betrugscausa gibt es noch nicht. Der Anwalt des Ex-Abgeordneten war auf APA-Anfrage vorerst nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Der Grüne David Stögmüller verwies am Montag darauf, dass auch die Frage, ob Marsalek inoffiziell oder offiziell als V-Mann für das BVT gearbeitet habe, noch nicht restlos aufgeklärt sei. „Hier braucht es klare Fakten und auch eine Klärung, welche Daten vom BVT wann genau an Marsalek bzw. Wirecard geflossen sind“, so Stögmüller in einer Aussendung.

SPÖ und FPÖ schossen sich nach den neuen Enthüllungen in der BVT-Wirecard-Affäre auf Innenminister Nehammer und die ÖVP ein. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch erinnerte daran, dass das für den Verfassungsschutz zuständige Innenministerium seit 2000 fast durchgängig von der ÖVP geführt wird und dass Wirecard-Chef Markus Braun als „ÖVP-Großspender“ in Erscheinung getreten sei. Auch FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker sieht für die beiden Ex-BVT-Männer die ÖVP verantwortlich: „Die Karrieren sind unter tiefschwarzer Führung entstanden.“