Mitglieder der Wiener Stadtregierung, im Vordergrund Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS), rechts davon Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ)
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Politik

Stadt schnürt viertes CoV-Hilfspaket

Die Stadt Wien stellt frisches Geld für weitere Branchen zur Verfügung, die unter der CoV-Pandemie leiden. Die rot-pinke Stadtregierung hat sich in ihrer ersten Regierungsklausur im Rathaus auf ein – inzwischen viertes – Hilfspaket in Höhe von 20,5 Mio. Euro geeinigt.

In seiner Zuammenfassung der Klausur bot als erster Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) einen Überblick über die „Eckpfeiler der künftigen politischen Arbeit“ der Koalition. Beim Thema Wirtschaft kündigte Ludwig ein zusätzliches Konjunkturpaket in Höhe von 600 Millionen Euro an, das möglichst vielen Branchen zugute kommen soll. Er kündigte Neubauten und Sanierungen von Kindergärten, Schulen und Pensionistenwohnhäusern ebenso an wie einen neuen FAC-Platz und ein 50-Meter-Sportbecken im Stadionbad, „das alle Stückln spielen“ soll – inklusive temporäre Überdachung und Solarheizung.

Zu den jetzt schon bestehenden 39 Förderinstrumenten, die im Zuge der bereits aufgelegten drei Corona-Pakete geschaffen worden seien, kämen nun weitere Unterstützungen, die als Ergänzungsmaßnahmen zu jenen der Bundesregierung zu verstehen seien, wie Ludwig betonte. Besonderes Augenmerk will die Stadt auf Ein-Personen-Unternehmen (EPU) legen, die für neue Geschäftsideen bis zu 7.000 Euro erhalten. In der ersten Runde stehen dafür 5 Mio. Euro zur Verfügung. Außerdem erhalten Einzelunternehmer erstmals Zugang zu Weiterbildungsmaßnahmen des Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds (Waff).

Erste Rot/Pinke Regierungsklausur

Ein neues Corona-Hilfspaket haben die Koalitionsparteien bei ihrer ersten Klausur auf den Weg gebracht in der Höhe von 20 Millionen Euro. Bürgermeister Ludwig hat sich dabei auch für ein vorsichtiges Öffnen unter Sicherheitsstandards nach dem Lockdown ausgesprochen.

Geförderte Hybridkonferenzen und Kultursommer 2021

4 Mio. mehr werden außerdem für den Kongresstourismus, der laut Ludwig infolge von Corona zu 100 Prozent eingebrochen ist, ausgeschüttet. Unterstützt werden „Hybrid-Events“, die nach Lockerungen der Pandemiemaßnahmen auf eine Mischung aus Online- und Vor-Ort-Veranstaltung mit mindestens 1.000 Teilnehmern setzen.

Die Kultur wird ebenfalls bedacht. So erhalten die strauchelnden 13 Programmkinos eine Sonderförderung von 1 Mio. Euro. Außerdem investiert die Stadt bis zu 2 Mio. Euro in die geplante Sanierung des traditionsreichen Gartenbaukinos. Der im Vorjahr aus der Corona-Not geborene „Kultursommer“ mit Auftrittsmöglichkeiten für Künstlerinnen und Künstlern in der ganzen Stadt wird heuer eine Wiederauflage erfahren.

Mitglieder der Wiener Stadtregierung, im Vordergrund Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS), rechts davon Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ)
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Vertreter der Stadtregierung nach ihrer ersten Klausur: (v.l.n.r.:) Kaup-Hasler, Wiederkehr (NEOS), Sima, Ludwig, Czernohorszky, Gaal, Hanke (alle SPÖ)

Grünraumoffensive und Photovoltaikausbau

Diverse Pläne sind ja schon bekannt, aber Ludwig erneuerte die Ankündigung einer Grünraumoffensive in einem noch nie dagewesen Ausmaß. Rund 400.000 Quadratmeter neues Grün soll in den nächsten Jahren in Form von Parks stadtweit entstehen, rund 25.000 Bäume gepflanzut werden. Der Liesingbach soll auf einer Länge von neun Kilometern naturnah ausgebaut werden, was Erholungsraum und eine Kühlluftschneise für die Stadt schaffe. Außerdem sollen künftig jährlich 100 Fußballfelder Photovoltaikflächen entstehen, was auch zahlreiche Arbeitsplätze sichere und schaffe.

Die Erstausgabe einer SPÖ-NEOS-Koalition in Österreich wurde nach der Wien-Wahl im vergangenen Herbst fixiert. SPÖ-Chef Ludwig entschied sich damals gegen eine Fortführung der Zusammenarbeit mit den Grünen. NEOS-Chef Christoph Wiederkehr wurde mit dem Amt des Stadtrats für Bildung und Integration betraut.

Wiederkehr: Assistenz in Kindergärten verdoppeln

Und Wiederkehr kündigte nach der ersten Klausur etwa beim Thema Bildung an, die Anzahl der Asistenzkräfte in Kindergärten zu verdoppeln. Außerdem solle endlich jede Schule mit einem Sekretariat ausgestattet werden, damit sich die Direktoren auf das Management der Schule konzentrieren könnten und damit noch mehr Förderung auch direkt bei den Kindern ankomme. Schritte gegen die Korruption zu setzen ist Wiederkehr offenbar sehr wichtig. Er wiederholte die Ankündigng, eine anonyme Whistleblowing-Plattform einzurichten. Sie solle dazu beitragen, Missstände sichtbar zu machen und wirklich alle Schlupflöcher möglicher Korruption zu schließen.

Weitere Corona-Teststraße im Süden Wiens

Um in Wien die Testkapazitäten weiter zu erhöhen, kündigte Ludwig eine weitere, fünfte Teststraße an. Diese wird in den kommenden Tagen im Süden Wiens eröffnet, berichtete „der Standard“. Der konkrete Ort wurde noch nicht genannt, sie soll aber „in der Nähe einer sehr großen Wohnhausanlage im 23. Bezirk“ errichtet werden. In Liesing befindet sich etwa der Wohnpark Alterlaa. Aktuell gibt es Teststraßen beim Austria Center, beim Happel-Stadion, auf der Donauinsel und seit kurzem auch in der Stadthalle.

Ludwig für vorsichtiges Aufsperren

Was den Lockdown angeht, tendierte Ludwig in Richtung vorsichtiges Aufsperren mit konkreten Regelungen. „Man wird sich wahrscheinlich darauf verständigen müssen, dass man sehr konsequent Sicherungsvorkehrungen einfordert, aber trotzdem eine schrittweise Öffnung in bestimmten Bereichen ermöglicht – insbesondere für Kindergärten und Schulen, aber auch für Teile des Handels“, sagte der Wiener Stadtchef am Rande der rot-pinken Regierungsklausur am Nachmittag.

„Man spürt eklatant, dass sich die Bevölkerung weniger stark an den Vorgaben orientiert. Das entwertet natürlich die Bedeutung des Lockdowns und den Effekt des Lockdowns.“ Er könne sich „schwer vorstellen, dass wir mit einem harten verschärften Lockdown, so wie wir das jetzt erleben, das weitere Monate durchhalten. Ich glaube, da werden wir dann einen größeren Teil der Bevölkerung auf dem Weg verlieren“, warnte Ludwig.

ÖVP: „Alte Hüte“

Mehr als enttäuschend war die Klausur für die Wiener ÖVP, die mandatsstärkste Oppositionspartei. Während alte Hüte zum dritten Mal verkauft würden, "kommt "in Echtzeit nur wenig bei den Menschen an – siehe Beteiligungs GmbH“, sagten Stadträtin Isabelle Jungnickel und Klubobmann Markus Wölbitsch. Jungnickel kritisierte insbesondere, dass die Stadt Valorisierungsgesetz und Dienstgeberabgabe nicht aussetze, was eine automatische Anhebung der Gebühren verhindern würde: "Wann, wenn nicht jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür?“.

Wölbitsch sprach von 33 Millionen Euro Mehrkosten für die Wienerinnen und Wiener in diesem Jahr allein durch die automatische Gebührenerhöhung. Hier müsse die Stadt handeln. Wölbitsch kündigte zwei entsprechende Beschlussanträge für den morgigen Wiener Gemeinderat an. An NEOS appellierte er, sich ihrer zahlreichen Wahlversprechen zu erinnern und die SPÖ damit in die Pflicht zu nehmen.

FPÖ: Realitätsferne „heiße Luft“

Von „viel heißer Luft“ sprach der Chef der FPÖ Wien, Dominik Nepp, nach der Pressekonferenz der Wiener Stadtregierung. Ludwig entpuppe sich einmal mehr als „Ankündigungsriese, der allerdings als Umsetzungszwerg in die politische Geschichte eingehen wird“. Rekorde bei Insolvenzen, Arbeitslosigkeit und Armut seien Realität in Wien und absehbar gewesen. Es brauche finanzielle Soforthilfen anstelle "bürokratischer Pseudo-Hilfskonstruktionen.

Wenig überraschend habe sich der neue Vizebürgermeister Wiederkehr vollkommen dieser Rolle angepasst. Seine Haltung zu Integration sei völlig realitätsfern. Die Ankündigung, U-Kommissionen als Minderheitenrecht einzuführen, sei begrüßenswert und eine alte Forderung der FPÖ. Aber auch diese pinke Ankündigung werde sich als leeres Versprechen erweisen, so Nepp.

Grüne zuvor skeptisch

Die nunmehr in Opposition befindlichen Grünen hatten sich vor der Klausur skeptisch gezeigt: Der nicht amtsführende Stadtrat Peter Kraus befand, dass die Regierung mit „großen Ankündigungen“ gestartet sei, den Überschriften aber keine Taten folgen würden. Das Einzige, was passiert sei, sei eine Verschlechterung der Öffis, verwies er auf die von der Partei bereits kritisierte „Ausdünnung“ von Fahrintervallen. Seine grüne Stadtsenats-Kollegin Judith Pühringer forderte die Unterstützung von Kleinunternehmen sowie die Stärkung von Unternehmen in der „Green Economy“.