Demo vor dem Schubhaftzentrum: Mitschülerinnen und Mitschüler wollen Abschiebung von 12-jähriger Klassenkollegin verhindern
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Politik

Wien fordert Rücknahme der Abschiebungen

Wien übt scharfe Kritik an den in der Nacht auf heute durchgesetzten Abschiebungen von drei Schülerinnen nach Georgien bzw. Armenien. SPÖ und NEOS forderten die Regierung auf, die Abschiebungen zurückzunehmen. Unterstützung kam auch von den Grünen.

Die Stadtregierungsparteien SPÖ und NEOS forderten im Gemeinderat die türkis-grüne Bundesregierung via Resolutionsantrag auf, „sich zum humanitären Bleiberecht zu bekennen und diese grausamen Abschiebungen zurückzunehmen“. Die Grünen – in der Bundeshauptstadt nunmehr in Opposition – werden den Appell ebenfalls unterstützen.

Gemeinderat fordert Rücknahme der Abschiebungen

Im Wiener Gemeinderat fordern SPÖ, NEOS und Grüne in einem Resolutionsantrag eine Rücknahme der Abschiebungen und mehr Mitsprache beim Bleiberecht.

„Gerade auch – aber nicht nur – in einer Zeit der Pandemie mit einer hohen psychischen Grundbelastung für Kinder und Jugendliche stellen diese nächtlichen Abschiebungen einen extremen Härtefall dar, denn die besonders gut integrierten und schutzbedürftigen Personen werden einem hohen psychischen und physischen Gesundheitsrisiko ausgesetzt“, heißt es im Antragstext.

Mehr Mitspracherecht gefordert

Außerdem drängt die Bundeshauptstadt auf mehr Mitspracherecht. Gefordert wird, „die betroffenen Länder bzw. Gemeinden im Verfahren über die Gewährung von humanitärem Bleiberecht von den Bundesbehörden verpflichtend anzuhören, um die lokalen Gegebenheiten in der Entscheidung berücksichtigen zu können“.

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Demonstranten und Polizisten
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Demonstranten, Sperrband
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Demonstrante auf dem Boden
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Demonstranten
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Polizisten
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Polizeihunde
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Demonstratnten mit Plakat
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Demonstranten
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„Es gibt kein einziges Argument dafür, dass ein Staat perfekt integrierte Kinder und ihre Familien aus ihrem Leben reißt und in ein für sie fremdes Land abschiebt“, sagte SPÖ-Abgeordneter Christian Oxonitsch. Sein Parteifreund Marcus Gremel meinte in Richtung ÖVP: „Es ist zum Schämen. Mit Christlichkeit und Nächstenliebe hat das überhaupt nichts zu tun.“

„Nacht der Unmenschlichkeit und Kaltherzigkeit“

NEOS-Klubchefin Bettina Emmerling ergänzte: „Rechtlich mag die Bundesregierung auf der sicheren Seite sein – moralisch und politisch ist die Aktion von vergangener Nacht eine Bankrotterklärung von ÖVP und den Grünen.“

Letztere kündigten gegenüber der APA die Unterstützung des rot-pinken Antrags an und sprachen in einer Parteiaussendung von einer „Nacht der Unmenschlichkeit und Kaltherzigkeit“, sahen die eigene Partei auf Bundesebene aber offenbar nicht allzu sehr in der Verantwortung: „Was letzte Nacht passiert ist, ist das Resultat von jahrzehntelangen Verschärfungen des Asyl- und Fremdenrechts durch ÖVP, SPÖ und FPÖ.“

Abgeordnete Berivan Aslan meinte: „Es ist einfach beschämend. Dafür gibt es keine Rechtfertigung.“ Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten müssten an einem Strang ziehen, um sich gegen die „menschenunwürdige Menschenrechtspolitik nicht nur der FPÖ, sondern auch der ÖVP“ zu stellen.

FPÖ-Kritik an „Behördenversagen“

Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp übte bezüglich der Abschiebungen ebenfalls Kritik – allerdings am „Behördenversagen“. „Es ist bezeichnend für den desaströsen Zustand des ÖVP-Innenministeriums, dass Personen, deren Asylfall aussichtslos erscheint, den Behörden über zehn Jahre auf der Nase herumtanzen können“, formulierte er. Nepp forderte eine gesetzliche Verankerung von „verkürzten Asylverfahren bei chancenlosen Fällen“, damit Betroffene das Land „innerhalb kürzester Zeit“ das Land wieder verlassen.

Der Sprecher der asylkoordination, Lukas Gahleitner-Gertz, sagte im Ö1-Mittagsjournal: „Man muss sich genau anschauen, warum die rechtlichen Möglichkeiten nicht ausreichen, um hier den Aufenthalt von diesen Personen zu legalisieren, damit sie auch dort leben können, wo sie zeit ihres Lebens gelebt haben.“ Das Bleiberecht sei in den letzten Jahren systematisch kaputtgemacht worden. „Die Hürden sind derart hoch, dass sie einfach realistisch nicht erfüllbar sind.“