Chronik

Jugendliche quälten Freund: Bedingte Haftstrafen

Vier Jugendliche sind heute in Wien vor Gericht gestanden, weil sie einen 18-jährigen Freund in eine Wohnung gelockt, gefesselt und gequält haben sollen. Die vier wurden – nicht rechtskräftig – zu bedingten Haftstrafen verurteilt. Sie sprachen von einem Streich.

Die drei 19-Jährigen, die das Ganze geplant haben sollen, wurden wegen Freiheitsentziehung zu 18 Monaten bedingt verurteilt. Ein 17-Jähriger, der die Aktion gefilmt hatte, erhielt sechs Monaten bedingt. Allen wurde Bewährungshilfe angeordnet. Die Angeklagten nahmen die Entscheidung an, die Staatsanwaltschaft kündigte allerdings Berufung an.

Unter Vorwand in Wohnung gelockt

Die fünf Burschen waren ursprünglich eng befreundet. Das dürfte sich geändert haben, als das spätere Opfer mit der Cousine des 19-jährigen Hauptangeklagten eine Beziehung einging. Sie lockten am 8. Dezember 2020 den Burschen in die Wohnung des Zweitangeklagten nach Ottakring unter dem Vorwand, es sei ein „Notfall“ passiert. Der 18-Jährige möge dort hinkommen. Als ihm die Tür geöffnet wurde und er sich im Wohnzimmer hinsetzte, stürmten zwei der Clique maskiert und laut schreiend in die Wohnung, während der Dritte die Szenerie mit dem Handy filmte.

Mit Kabelbindern wurden dem 18-Jährigen die Hände am Rücken gefesselt. Er konnte sich zunächst befreien, wodurch die Burschen dem Freund schlussendlich mit Klebeband Hände und Füße fixierten. Die jungen Männer stülpten dem Opfer einen Mistsack über den Kopf, wodurch der 18-Jährige erstmals Todesangst erfuhr, weil er glaubte zu ersticken.

Immer wieder „Streiche“ im Freundeskreis

„Erzähl die Wahrheit, was hast du gemacht mit meiner Cousine“, schrie der Erstangeklagte laut dem Opfer. Der 18-Jährige sollte eigenen Angaben zufolge in einem Video gestehen, dass er mit der Cousine des 19-Jährigen Geschlechtsverkehr hatte. „Du beleidigst meine Ehre. Du verunreinigst mein Blut“, zitierte das Opfer im Zeugenstand die Worte des Erstangeklagten.

Diese Behauptung tat der 19-Jährige ab. Es sei vielmehr ein Vorwand für den „Prank“, also den Streich, gewesen. Dass die beiden liiert seien, hätte ihn nicht gestört. Die Mitglieder der Clique hätten sich nämlich immer wieder gegenseitig Streiche gespielt. Einmal wurde ein Freund auf der Fahrt einfach ausgesetzt. Dem späteren Opfer etwa wurden bei einem Friseurbesuch die Haare abrasiert. „Das hab’ ich nicht so lustig gefunden“, so der 18-Jährige, aber er habe seinen Freunden verziehen.

„Triumphfoto“ mit Messer

Am 8. Dezember kam es schlussendlich zu dem brutalen Übergriff in der Wohnung. Warum die Burschen mit ihrer Aktion nicht aufhörten, obwohl ihr Freund schon lauthals schrie, konnten alle vier Angeklagten am Dienstag vor der Schöffensenatsvorsitzenden Anna Marchart nicht wirklich beantworten. Damit ihr Opfer nicht mehr schreien konnte, wurde dem 18-Jährigen auch noch eine Mandarine in den Mund gestopft.

Danach drohten sie u.a. mit einem heißen Bügeleisen, mit kochendem Wasser und einem großen Küchenmesser. „Wir haben es dieses Mal wirklich übertrieben“, meinte der Erstangeklagten. Das Ganze auch noch zu filmen, sei „eine idiotische Jugendmode heutzutage“, so der 19-Jährige. „Wir hatten ein fehlendes Mitgefühl.“ Das Messer habe er nur rausgeholt, um mit dem Gefesselten ein „Triumphfoto“ zu machen.

Tortur dauerte eine Stunde

„Ich hab’ gedacht, dass ich an diesem Abend sterbe“, meinte hingegen das Opfer. Schon als ihm der Müllsack über den Kopf gestülpt wurde, blieb ihm die Luft weg. Als er das Messer sah, „dachte ich, es ist Schluss.“ Eine Stunde hätte die Tortur gedauert, ehe seine Fesseln wieder aufgeschnitten wurden.

In der Zwischenzeit hatte nämlich seine Freundin mehrfach angerufen. Er wurde von seinen Freunden angewiesen zurückzurufen und zu sagen, es sei alles in Ordnung. Als das Mädchen abhob, brüllte der 18-Jährige allerdings ins Telefon, dass seine Freundin die Polizei holen soll und an welcher Adresse er sich befand. „Ich hatte solche Angst, ich wusste nicht, was ich machen soll. Das war wie in einem Film.“ Er flüchtete aus der Wohnung und raste mit dem Auto davon. Die Polizei nahm die vier wenig später fest, drei von ihnen saßen bis zum Prozess in Untersuchungshaft.