Corona-Impfstoff Biontech
APA/BioNTech SE/BioNTech SE
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Coronavirus

Ärzte durften Impfstoff aussuchen

Niemand kann sich seinen Anti-CoV-Impfstoff aussuchen, hat Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gesagt. Die Wiener Ärztekammer lässt allerdings ihre Ärzte auswählen, mit welchem Impfstoff sie geimpft werden wollen. Das sorgt für Kritik.

Ärztinnen und Ärzte die sich am Wochenende auf der Wiener Ärztekammerhomepage für eine Impfung angemeldet haben, konnten auswählen zwischen Biontech/Pfizer, der als wirksamer gilt, oder AstraZeneca. Dabei betonte Gesundheitsminister Anschober im Jänner mit Verweis auf die knappen Mengen, dass eine Impfstoffauswahl nicht vorgesehen sei. Derzeit ist ja vorgesehen, dass nur Menschen unter 65 Jahren mit AtsraZeneca geimpft werden.

Kritik am Vorgehen der Ärztekammer kommt von der Patientenanwaltschaft. „Es gibt keinen Grund für diese Auswahlmöglichkeit einer bestimmten Gruppe. Ich habe allen Respekt davor, dass Ärztinnen und Ärzte, die mit Menschen arbeiten, geschützt sein sollen. Dafür werden Gesundheitsberufe ja auch prioritär geimpft, aber es gibt keinen Grund, dass nur Ärzte und ausgerechnet Ärzte sich den Impfstoff aussuchen können“, sagte Patientenanwältin Sigrid Pilz gegenüber „Wien heute“.

Wiener Ärztekammer: Ärzte können sich Impfstoff aussuchen

Niemand dürfe sich den Covid-Impfstoff aussuchen, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Die Wiener Ärztekammer bot ihren Mitgliedern dennoch die Wahl.

Ärztekammer: „Wir werden das umprogrammieren“

Und auch Patientenanwälte-Sprecher Gerald Bachinger kritisierte gegenüber Ö1, dass die Ärzteschaft überdurchschnittlich viel Biontech/Pfizer-Impfstoff erhalten habe, der besser für Risikopatienten verwendet werden sollte.

In der Wiener Ärztekammer versteht man die Kritik nicht. Es sei lediglich die Information nicht klar genug gewesen. „Die Auswahlmöglichkeit hat es auch nicht gegeben, es ist nur nach Alter ein unterschiedliches Herangehen vorgesehen. Das heißt, altersabhängig bekommt man entweder bis 65 den AstraZeneca-Impfstoff oder über 65 den Impfstoff von Pfizer“, sagte Thomas Szekeres, der Präsident der Wiener Ärztekammer gegenüber „Wien heute“.

Tatsache ist aber, dass sich auch jüngere Ärzte für den Biontech/Pfizer-Impfstoff angemeldet haben. „Die Programmierung war nicht so, wie wir das uns gewünscht haben. Und wir werden das umprogrammieren“, so Szekeres. Außerdem räumte er ein: „Wir hätten natürlich diese Altersgrenze besser erklären können.“ Die nächste Impfrunde von Ärztinnen und Ärzten ist jedenfalls für Ende Februar vorgesehen. Der Biontech/Pfizer-Impfstoff ist nicht nur gefragt, sondern auch Mangelware.

In Salzburg gab es Protest von niedergelassenen Ärzten gegen den Impfstoff AstraZeneca, der sich nun ausgeweitet hat. Über das Wochenende schlossen sich auch Mediziner aus der Steiermark an, welche den Impfstoff nicht verabreicht bekommen wollen – mehr dazu in Ärzteprotest: Haslauer kündigt runden Tisch an.

Auch in Spitälern Vorbehalte gegen AstraZeneca-Impfstoff

Auch in den Wiener Spitälern, wo auf Basis des Wiener Impfplans aktuell in der Breite Impfungen gegen das Coronavirus im Gange sind, gibt es Vorbehalte gegen den AstraZeneca-Impfstoff. Wie der APA zugetragen wurde, musste aufgrund von Lieferengpässen bei Biontech/Pfizer in einigen Häusern der Impfplan angepasst werden. Dort soll nun primär das AstraZeneca-Vakzin verimpft werden. Das hat in der betroffenen Belegschaft zum Teil Aufregung und Unmut ausgelöst.

Einige Bedienstete, die sich im Glauben angemeldet hatten, sie bekämen ein Biontech/Pfizer-Vakzin geimpft, und nun stattdessen das Produkt des britisch-schwedischen Pharmakonzerns AstraZeneca erhalten, fühlen sich getäuscht. „Das ist ein zweitklassiger Impfstoff“, bemerkte eine Betroffene gegenüber der APA. Ein anderer Mitarbeiter erklärte, er werde seinen Impftermin nicht mehr wahrnehmen: „Der AstraZeneca-Impfstoff überzeugt mich nicht. Da lass ich mich lieber gar nicht impfen.“

Dass in Südafrika am Wochenende das geplante Verimpfen mit dem AstraZeneca-Vakzin vorübergehend gestoppt wurde, weil eine Studie auf eine begrenzte Wirkung des gegen die in dem Land grassierende SARS-CoV-2-Mutation hindeuten soll, die derzeit auch in Tirol für Schlagzeilen sorgt, dürfte das Vertrauen in den Impfstoff nicht unbedingt gestärkt haben.

Eine „Stimmung gegen AstraZeneca“

Beim Wiener Gesundheitsverbund bestätigte man am Montagnachmittag auf APA-Anfrage, eine „Stimmung gegen AstraZeneca“ in einigen Einrichtungen. Nachvollziehen kann man diese aber nicht. „Das ist ein genau so zugelassener Impfstoff mit einer nachgewiesenen hohen Wirksamkeit wie die anderen, die eingesetzt werden“, betonte ein Sprecher. Die bestätigte Wirksamkeit von deutlich über 70 Prozent liege beispielsweise weit über jener der Influenza-Impfung. Man werde daher versuchen, „die Leute zu überzeugen, dass es überhaupt keinen Grund gibt, sich diesen Impfstoff nicht impfen zu lassen. Eine Grundimmunisierung bringt AstraZeneca mit Sicherheit.“

Bei jenen Mitarbeitern, die bereits eine erste Biontech/Pfizer-Dosis injiziert bekommen haben, ist übrigens gewährleistet, dass sie die für den Vollschutz benötigte zweite Dosis vom selben Hersteller erhalten werden. Die Lieferschwierigkeiten hätten darauf keine Auswirkungen, versicherte der Gesundheitsverbund. In Wien habe man für sämtliche Impflinge vom Impfstart an die zweite Dosis – beim Biontech/Pfizer-Vakzin wird diese 21 Tage nach dem ersten Stich verabreicht – zur Seite gelegt und für den zweiten Termin reserviert.

Impfungen in vollem Gange

Derzeit haben in Wien 52.401 Menschen die erste Impfung bekommen – bisher nur mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer. Am Montag wurden aber erstmals Moderna und AstraZeneca gespritzt.

Erstmals Impfungen mit Moderna und AstraZeneca in Wien

7.000 Dosen des AstraZeneca-Impfstoffes sollen in dieser Woche in Wien verimpft werden, in Krankenhäusern und in der Impfstraße in der Messe an das Gesundheitspersonal an bis zu 65-Jährige. Bisher wurde in Wien nur mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer geimpft. Am Montag wurden aber erstmals auch Moderna und AstraZeneca gespritzt.

Der Impfstoff könnte nach weiteren Studien, die allerdings erst in einigen Monaten abgeschlossen sein könnten, auch an ältere Personen verimpft werden. „Wir gehen aber davon aus, dass diese Daten innerhalb der nächsten Monate verfügbar sein werden. Und wenn diese Daten vorliegen, dass wir auch hier die uneingeschränkte Zulassung geben werden“, sagte Maria Paulke-Korinek, die Leiterin für Impfwesen im Gesundheitsministerium gegenüber „Wien heute“.

Gesundheitsministerium: Wirksamkeit nicht vergleichbar

Der Gesundheitsminister in Südafrika hat die Impfung mit Astrazeneca gestoppt, wegen angeblich geringerer Wirksamkeit bei leichten Erkrankungen. Das wird in Wien bestätigt, aber „während wir auf den bestehenden Impfstoff zugreifen, entwickeln wir einen neuen“, sagt Sarah Walters, die Geschäftsführerin von AstraZeneca Österreich, gegenüber „Wien heute“.

Aber welcher Impfstoff von welchem Hersteller ist besser? Wirksamkeiten von 70 bis über 90 Prozent werden derzeit genannt. Aufgrund unterschiedlicher Studien sei ein Ranking aber unzulässig, „und es ist mit den Zahlen die wir momentan haben, schlichtweg nicht zulässig zu vergleichen: Ein Impfstoff hat diese Wirksamkeit, der andere Impfstoff hat die andere Wirksamkeit“, sagte Paulke-Korinek.