Chronik

Jeder Sechste: CoV nicht schlimmer als Grippe

Ein Jahr nach Beginn der CoV-Pandemie ist in Österreich noch immer jeder Sechste der Meinung, dass Covid-19 nicht gefährlicher ist als eine saisonale Grippe. Das zeigt eine Befragung von Mitte Jänner der Universität Wien. FPÖ-Wähler sind sogar häufiger dieser Meinung.

Seit Mai 2020 haben die Wissenschafter Jakob-Moritz Eberl, Noelle S. Lebernegg und Julia Partheymüller in ihren Umfragen (mit jeweils rund 1.500 Teilnehmern) wiederholt die Ansicht zur Aussage „Das Coronavirus ist gefährlicher als die normale Grippe.“ abgefragt. Die Befragung wurde im Rahmen des „Austrian Corona Panel Projects“ (ACPP) durchgeführt.

Jeweils eine Mehrheit von etwa 60 Prozent der Befragten gab dabei an, dass diese Aussage für sie „voll und ganz“ oder „eher“ zutrifft. Im Zeitverlauf stieg dabei der Anteil jener, für die das „voll und ganz“ zutrifft, um fast zehn Prozentpunkte an, während der Anteil jener, für die die Aussage „eher nicht“ oder „gar nicht“ zutrifft, im Durchschnitt bei 16,5 Prozent relativ stabil blieb.

Ein Drittel der FPÖ-Wähler sehen keinen Unterschied

Deutliche Unterschiede zeigen sich hinsichtlich Parteipräferenz und Bundesland: So ist für rund ein Drittel (31 Prozent) der FPÖ-Wähler Covid-19 nichts anderes als eine Grippe. Bei den ÖVP-Wähler liegt dieser Anteil bei 14 Prozent, bei SPÖ-Sympathisanten bei 12 Prozent, bei Grünen bei 9 Prozent und bei NEOS-Wählern bei 4 Prozent.

Im Bundesländervergleich ist in Tirol der Anteil der Befragten, der die Aussage ablehnt mit 23 Prozent größer als in allen anderen Bundesländern, an zweiter Stelle liegt die Steiermark (21 Prozent) und dann Oberösterreich und Niederösterreich mit jeweils 18 Prozent. Dagegen ist in Wien mit 70 Prozent der Anteil der Befragten, der das Coronavirus als gefährlicher einschätzt als die normale Grippe, am größten. Die Wiener liegen mit dieser mit der Wissenschaft übereinstimmenden Einschätzung um fast 20 Prozentpunkte über den Kärntnern und Tirolern.

Die Einstellung hat auch Konsequenzen: Jene, die das Coronavirus für harmloser halten, sind weniger gewillt ihre Lebensweise anzupassen, um die Pandemie einzudämmen. So sind 73 Prozent der Befragten, die das Coronavirus als eindeutig gefährlicher als die Grippe einschätzen, auch gewillt, ihre Lebensweise zu ändern. Im Gegensatz dazu sind 68 Prozent der Befragten, die das Coronavirus als „gar nicht“ gefährlicher einschätzen, nicht bereit, ihr Verhalten zu ändern, um die Pandemie einzudämmen.

Anhaltspunkte für verbesserte Krisenkommunikation

Die Forscherinnen und Forscher sehen in den Umfrageergebnissen Anhaltspunkte für verbesserte Krisenkommunikation: „Obwohl die Faktenlage zur Gefährlichkeit des Virus eindeutig ist, scheint diese nicht zu allen Bevölkerungsgruppen in Österreich durchgedrungen zu sein bzw. scheinen nicht alle diese akzeptieren zu wollen“, schreiben die Wissenschafter und sehen die Verantwortungsträger in den Parteien und den Bundesländern gefordert.

Denn Personen, die den Unterschied zwischen COVID-19 und der normalen Grippe anerkennen, seien auch eher gewillt, sich an Schutzmaßnahmen zu halten und ihr Verhalten so anzupassen.

Im Vergleich zu Influenzaviren habe sich SARS-CoV-2 „in vieler Hinsicht als gefährlicher herausgestellt“, schreiben Eberl, Lebernegg und Partheymüller im ACPP-Blog und nennen als Beleg dafür u.a. die deutlich höhere Reproduktionszahl, die angibt wie viele Menschen eine infizierte Person ansteckt, und häufigere tödliche Verläufe. Sie verweisen etwa auf die Zahlen von Statistik Austria, wonach im Vorjahr 10,9 Prozent mehr Menschen gestorben sind, als im Durchschnitt der vorangegangenen fünf Jahre.