Andreas Bergthaler mit Rudolf Anschober
APA/Helmut Fohringer
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Coronavirus

Virologe für verlängerte Osterferien

Bei rund 500 Neuinfektionen pro Tag und steigenden Spitalszahlen in Wien spricht Virologe Andreas Bergthaler von einem Drahtseilakt, was das Infektionsgeschehen angeht. Er kann sich eine Verlängerung der Osterferien vorstellen, um die Situation zu entspannen.

Bergthaler hält es im „Wien heute“-Interview für einen überlegenswerten Vorschlag, die Osterferien zu verlängern, um Druck rauszunehmen. „Es würde wahrscheinlich wenig Schaden verursachen und in ein Zeitfenster fallen, wo wir erwarten, dass die Zahlen gerade sehr hoch sind.“ Grundsätzlich seien aber die Schulöffnungen ein Beispiel, wo sich gezeigt habe, mit welchen Maßnahmen man das Wiederaufsperren begleiten müsse, etwa mit regelmäßigen Tests.

Gefahr des exponentiellen Wachstums

Bei einem Treffen zwischen Bundesregierung, Expertinnen und Experten sowie Vertreterinnen und Vertretern aus den Bundesländern am Montag wurde über die Entwicklung der 7-Tage-Inzidenz, der Krankenhausbelegung und die Verbreitung der Virusvarianten gesprochen. „In all diesen Bereichen ist klar, dass die Zahlen weiter am Steigen sind und den Prognosen folgen. Dementsprechend muss man davon ausgehen, dass auch in den nächsten Wochen die Zahlen weiter im Steigen begriffen sind“, sagte Bergthaler, der bei der Sitzung dabei war.

Andreas Bergthaler im Labor
APA/Roland Schlager
Laut Bergthaler könnte es bald zu einem exponentiellen Wachstum kommen

Aus einem Öffnungsgipfel, der geplant war, wurde nichts. „Aus rein virologischer Perspektive war schon vor zwei Wochen klar, dass es nicht um Öffnungen gehen kann“, sagte der Molekularmediziner Bergthaler. Es habe einen Konsens gegeben, nicht zu öffnen. Momentan würden die Zahlen linear steigen, man laufe aber Gefahr, dass das „irgendwann exponentiell zu steigen beginnt, wie das im Oktober und November der Fall war“.

Bergthaler sieht Drahtseilakt

Es sei ein Drahtseilakt im Moment, meinte Bergthaler gegenüber „Wien heute“. „Es spricht aus wissenschaftlicher Sicht viel dafür, dass wir die Zahlen massiv reduzieren müssen. Wenn wir gar nichts machen und einfach zuwarten, werden uns die Zahlen um die Ohren fliegen.“ Die Impfungen würden derzeit noch nicht die Lösung bringen, weil es derzeit noch verfrüht ist. „Gleichzeitig könnten wir an der Kippe zur nächsten großen Welle sein, und da spricht einiges dafür, wenn wir nicht gegensteuern, dass es dazu kommen wird.“

Entscheidung über Lockerungen vertagt

Bei einem Expertengipfel mit der Politik ist am Montag nicht wie geplant über Öffnungen entschieden worden. Die Entscheidung wurde vertagt.

Die Situation in den Krankenhäusern hinke mehrere Wochen hinterher. „Die Personen, die jetzt infiziert werden, die landen, wenn sie Pech haben, in zwei, drei Wochen im Spital“, so Bergthaler. Erschwert wird das durch die zuerst in Großbritannien entdeckte Mutation B.1.1.7. Eine Studie aus dem Vereinigten Königreich würde zeigen, dass die Virusvariante zu schwereren Verläufen führt. „Auch wenn die Infektionszahlen stabil bleiben, würde das heißen, dass mehr Personen später im Krankenhaus landen.“

Zwei schwierige Monate

„In einem halben Jahr sind Inzidenzen, wo wir jetzt sagen, wir müssen sofort in einen Lockdown gehen, nicht mehr ganz so relevant, weil wir die vulnerablen Bevölkerungsgruppen per Impfung geschützt wissen.“ Die nächsten zumindest zwei Monate bezeichnet Bergthaler als ein „schwieriges Zeitfenster“, weil die Infektionszahlen weiter steigen, und, weil zwar mit Nachdruck geimpft wird, „das aber noch nicht ausreicht, dass auch wirklich alle, die es benötigen, geschützt werden“.