Die Infektionsabteilung am Kaiser-Franz-Josef-Spital
APA/HELMUT FOHRINGER
APA/HELMUT FOHRINGER
Coronavirus

Spitäler: Akutversorgung nicht reduziert

Eine Entspannung in Wiens Spitälern ist weiter nicht in Sicht. Planbare Eingriffe werden verschoben, Leistungen reduziert. Die Akutversorgung werde aber nicht angerührt, wird versichert. Für Aufregung sorgt weiter eine verschobene Tumor-OP im AKH.

221 Covid-Intensivpatientinnen und Patienten, 1.298 Neuinfektionen und zwölf Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus – diese Zahlen veranschaulichen die Lage am Mittwoch in Wien. Aufgrund der Prognosen mobilisieren die Spitäler die Reserven. Der Preis wird eine weitere Reduktion von Leistungen sein.

Wie die Leistungsreduktionen im Spitalsbereich im Detail aussehen werden, umriss ein Sprecher des Gesundheitsverbundes im APA-Gespräch folgendermaßen: „Es wird keine fachspezifische Reduktion sein. Unser oberster Ziel ist es jedenfalls, den Akutbereich jederzeit aufrecht zu erhalten. Ob das eine Herz-OP, eine Tumor-OP oder ein Schlaganfall ist – wenn der Eingriff medizinisch indiziert akut notwendig ist, wird er durchgeführt.“

Aufregung um verschobene Tumor-OP

Wellen schlägt derzeit eine kurzfristig verschobene Tumor-Operation am AKH. Eine ältere Patientin reiste dabei zum vereinbarten Termin aus dem Salzkammergut an. Nach einer Stunde sei sie vom AKH wieder nach Hause geschickt worden, weil keine Intensivbetten frei seien, schilderte die Tochter gegenüber „Wien heute“. Ohne die Operation seien die Überlebenschancen ihrer Mutter gering, so die Frau: „Da geht’s um jeden Tag.“

Kein Bett für Krebs-Patientin im AKH?

Eine ältere Patientin wurde im AKH am vereinbarten Termin für eine Krebstumor-OP wieder nach Hause geschickt, weil kein Bett frei war. Das berichtet nun ihre Tochter.

Zum konkreten Fall will man sich im AKH nicht äußern. Akute und lebenswichtige Operationen werden aber durchgeführt, wird versichert. Auch der Sprecher des Gesundheitsverbundes betont: „Wäre die Operation medizinisch indiziert notwendig gewesen, wäre sie durchgeführt worden. Offenbar gab es die medizinische Indikation, dass nicht heute, sondern auch später operiert werden kann, ohne Nachteil für die Patientin.“

Von Fall zu Fall entschieden

Bei der Verschiebung von Operationen gibt es in Wien kein zentrales Vorgehen, welche Eingriffe verschoben werden, sondern es wird von Fall zu Fall und abhängig vom Zustand der Betroffenen entschieden. Flankiert werden die städtischen Häuser bei der (intensiv-)medizinischen Betreuung CoV-Erkrankter von Wiener Ordensspitälern. Auch hier kommt es zu Einschnitten im Spitalsalltag.

Ordensspitäler bauen Intensiv-Kapazität aus

Auch die Ordensspitäler bauen nun die Kapazitäten im Intensivbereich aus. Teilweise werden OP-Säle zu Intensivzimmern umfunktioniert.

„Ein Teil der elektiven (planbaren) Operationen muss aufgrund der Auslastung der Intensivstation verschoben werden“, so eine Sprecherin der Vinzenz Gruppe, Trägerin von fünf Ordensspitälern in Wien. Akute lebensnotwendige Operationen sind davon allerdings nicht betroffen, wurde versichert: „Voll aufrechterhalten werden daher in den Ordensspitälern zum Beispiel Krebsbehandlungen, Schlaganfall- und Herzinfarktversorgung, chirurgische Noteingriffe sowie vollumfänglich die geburtshilfliche Versorgung im St. Josef KH.“

Eigener Stufenplan

Insgesamt müssen laut Daten des Gesundheits- und Innenministeriums mit Stand Mittwoch 762 Menschen aufgrund von Covid-19 im Krankenhaus betreut werden, um 21 weniger als am gestrigen Dienstag bzw. um 21 mehr als noch vor einer Woche (plus 2,8 Prozent). Von den hospitalisierten Personen benötigen 221 Menschen intensivmedizinische Betreuung, um 13 mehr als noch vor einer Woche (plus 6,3 Prozent).

Im Studio: Intensivmediziner Gustorff

Wie lange können Wiens Intensivstationen so noch funktionieren? Dazu ist der Leiter der Intensivstation in der Klinik Ottakring, Burkhard Gustroff, zu Gast im Studio.

Bei der Versorgung von mit dem Coronavirus-infizierten Wienerinnen und Wienern in Krankenhäusern wird in Wien nach einem eigens ausgearbeiteten Stufenplan vorgegangen. Dabei werden je nach Stufe Betten für Covid-Patientinnen und -Patienten freigemacht – allerdings einhergehend eben mit der Reduktion von Leistungen und Verschiebung von Operationen.

Kapazitäten sollen weiter hochgeschraubt werden

Aktuell ist die derzeit höchste Stufe acht des Stufenplans aktiviert, die 310 intensivmedizinische Betten für die Betreuung von Covid-Patientinnen und -Patienten vorsieht. In diesem Ausmaß werden diese allerdings noch nicht gebraucht, aber für die nunmehrige Freimachung von Betten wird mehr Zeit benötigt werden, da sie im Regelfall derzeit noch belegt sind. Dabei muss abgewartet werden, bis sich der betreffende Patient bzw. die betreffende Patientin fit genug ist, um die Station zu wechseln.

Überdies arbeitet der Gesundheitsverbund an einer neuen Stufe neun, um die Kapazitäten noch einmal in die Höhe schrauben zu können. Konkrete Details, auch zu welcher Reduktion von Leistungen es nunmehr kommen wird, gab es vorerst nicht. Insgesamt verfügt der Gesundheitsverbund über rund 6.000 Normalbetten sowie 550 Intensivbetten – allerdings in Summe und nicht nur für an Covid-19 erkrankte Menschen.

Zahlen gehen nach Wochenende wieder hinauf

Was das generelle Infektionsgeschehen in der Stadt anbelangt, so vermeldete der medizinische Krisenstab der Stadt am Mittwoch wieder – im Vergleich zum Dienstag – eine deutlich höhere Zahl an Neuinfektionen. Insgesamt kamen 1.298 neue Fälle hinzu. „Es sind viele Nachmeldungen von den Feiertagen enthalten“, erklärte ein Sprecher des Krisenstabes.

Insgesamt wurden seit Beginn der Pandemie in Wien 120.992 positive bestätigte Testungen. Weiters sind 1.972 Todesfälle aufgrund von bzw. an den Folgen von Covid-19 dokumentiert. In den vergangenen 24 Stunden gab es dabei zwölf Todesfälle zu beklagen. Wieder gesund sind 109.523 Personen. Am Dienstag wurden in Wien 51.746 Corona-Testbefunde eingemeldet, davon 37.953 PCR-Tests und 13.793 Antigen-Schnelltests. Der Anteil der britischen Variante (B.1.1.7) am Wiener Infektionsgeschehen liegt weiterhin bei 95 Prozent.

Ärztekammerpräsident: „Sperrt ganz Österreich zu“

Die Experten des Covid-Prognose-Konsortiums, die wöchentlich im Auftrag des Gesundheitsministeriums aufgrund der Datenlage den möglichen Verlauf der Pandemie einschätzen, gehen weiterhin von einer knapp unter der „systemkritischen Auslastungsgrenze“ auf den Intensivstationen aus. In Wien und Niederösterreich bleibt dieser Wert knapp darüber. Im Burgenland und in Oberösterreich ist eine Überschreitung dieser in den kommenden zwei Wochen (bis 21. April) möglich.

Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres forderte am Mittwoch eindringlich einen „Lockdown für ganz Österreich“. „Die Situation in den Krankenhäusern und Intensivstationen ist dramatisch. Nicht nur in Wien und Ostösterreich, auch in den Bundesländern wird es bald so weit sein“, schrieb er auf seinem Blog. Seine Conclusio: „Sperrt ganz Österreich zu. Und kauft endlich Impfstoffe.“