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ORF.at/Lukas Krummholz
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Chronik

Suizidzahlen in Pandemie eher gesunken

Die psychische Belastung durch die Corona-Krise ist für viele so hoch wie noch nie. Eine Studie mit Beteiligung der MedUni Wien zeigt, dass die Zahl der Suizide bisher aber eher gesunken ist. Langfristige Programme sollen verhindern, dass die Zahlen nach der Pandemie wieder steigen.

Die Suizide während der seit März 2020 andauernden Covid-19-Pandemie sind in Österreich um vier Prozent gesunken. Damit wurde der Trend von vor 2019 bestätigt. Eine internationale Studie in 21 Ländern zeigt nun, dass diese Entwicklung ähnlich zu den Trends der Suizide international in der ersten Phase der Corona-Pandemie bis Ende Oktober ist. Dass Suizide in akuten Situationen wie nach Naturkatastrophen oder Anschlägen eher sinken, ist bekannt. In Krisen steigen die Suizidzahlen zunächst deswegen eher nicht, weil es dann meist besonders viele Hilfsangebote gibt.

Hilfe in Krisensituationen:

  • Telefonseelsorge unter 142
  • Psychosozialer Dienst unter 01-31330
  • Kriseninterventionszentrum unter 01-4069595

Das gelte auch für die Corona-Krise, erklärte Studien-Mitautor Thomas Niederkrotenthaler vom Zentrum für Public Health der MedUni Wien. Da wurde etwa Psychotherapie via Skype auf Krankenschein möglich – was eine lange Forderung war – aber auch telefonische und Online-Krisenintervention wurden stark ausgebaut. Dazu seien dann auch noch etwa Programme gegen Arbeitslosigkeit gekommen, um die Folgen der Krise abzudämpfen.

Langfristige Programme nötig

Jetzt gebe es aber „Ermüdungseffekte“ in der Gesellschaft, die man wachsam beobachten müsse, „damit die hohen psychische Belastungen weder jetzt, noch dann, wenn die Pandemie abklingt, auf die Suizide durchschlagen“. Daher seien schon jetzt langfristige Unterstützungsprogramme notwendig, etwa am Arbeitsmarkt und auch gesundheitsfördernde Maßnahmen. So seien insbesondere Menschen in den Gesundheitsberufen, Menschen mit psychischen Erkrankungen und sozial marginalisierte Gruppen sowie Schüler und Studierende derzeit stark belastet.

Was Kinder und Jugendliche angeht, betonte Paul Plener, dass sich in der Altersgruppe der 15- bis 25-Jährigen weltweit und auch in Österreich die höchste Rate an psychischen Belastungen in der Pandemie zeigt. Deshalb gelte es hier ein besonderes Augenmerk auf den Ausbau der psychosozialen Versorgung zu legen.

Bestehende Hilfen aufrechterhalten

Laut Angaben der MedUni Wien sterben jedes Jahr in Österreich ungefähr doppelt so viele Personen durch Suizid wie durch Verkehrsunfälle. Seit 1987 sinkt die Suizidrate Österreichs, in der Hauptstadt Wien ist die Verringerung der Rate dabei am stärksten. In Wien gab es im Vorjahr 158 Suizide, ein Jahr davor waren es 153. Statistisch gesehen mache das überhaupt keinen Unterschied, so Niederkrotenthaler. Man müsse auch sagen, dass die Suizidzahlen in Wien in den vergangenen Jahren besonders stark zurückgegangen seien. Dennoch plädierte auch Niederkrotenthaler dafür, dass bestehende Hilfsangebote weiter möglich bleiben.

Hilfe bei Suizid-Gedanken

Wenn Lebenskrisen auftreten oder wenn sich eine psychische Erkrankung verschlechtert, können Betroffene möglicherweise den Gedanken entwickeln, nicht mehr leben zu wollen oder sie denken daran, sich etwas anzutun. Wenn Sie Suizidgedanken haben, wenden Sie sich an eines der folgenden Angebote: