Das Cafe Landtmann in Wien
APA/Herbert Neubauer
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Wirtschaft

Landtmann-Mietprozess wirft Fragen auf

Erster Prozesstag im Mietstreit zwischen der Landtmann-Betreiberfamilie Querfeld und der Wlaschek-Privatstiftung als Vermieterin: Der Fall wirft viele knifflige Rechtsfragen auf, die zu klären sind. Der Prozess wird nun erst im Oktober fortgesetzt.

Viele Restaurant- und Kaffeehausbetreiber hatten bzw. haben während der Lockdownphasen keine Einnahmen und können daher die Mieten nicht aufbringen. Der mehrmonatige Streit um Mietrückstände für das Traditionscafe Landtmann war in eine Räumungsklage gemündet. Der Prozess startete am Freitag am Bezirksgericht Wien Innere Stadt.

Zu den nun aufgetretenen Rechtsfragen gibt es allerdings noch keine Gerichtsurteile, sondern nur Expertenmeinungen von Juristen. Im Zentrum steht die Frage, ob Querfeld mit den staatlichen Förderungen auf jeden Fall seine Miete für vier Objekte hätte zahlen müssen – und falls eine Verringerung zulässig war, um wie viel. Darum soll es im Oktober bei der nächsten Sitzung gehen.

Kaffeehausbetreiber Berndt Querfeld vor Verhandlungsbeginn im Mietstreit zwischen dem Betreiber des Cafe Landtmann und der Wlaschek-Stiftung
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Berndt Querfeld am ersten Prozesstag – Vergleichsgespräche zeichneten sich vorerst nicht ab

Noch keine Rechtssprechung zu dieser Lage

In der ersten Tagsatzung am Freitagging es darum, den rechtlichen Rahmen abzustecken. Es gebe sehr viele offene Rechtsfragen und ein hohes Prozessrisiko auf beiden Seiten, darüber schwebe auch noch die Räumungsklage und herauskommen werde wohl „ein Zwischenbetrag“ zwischen den jeweiligen Forderungen, versuchte die Richterin einen außergerichtlichen Vergleich schmackhaft zu machen.

Beide Parteien betonten daraufhin zwar ihre Gesprächsbereitschaft – erwarteten aber den ersten Schritt von der jeweils anderen Seite. Die Vertreter der Wlaschek-Stiftung wiesen auf ein Kompromissangebot hin und forderten nun von Querfeld ein Gegenangebot ein. Dieser wiederum verwies darauf, dass seine Handynummer bekannt sei und er jederzeit erreichbar wäre.

Richterin erwartet „aufwändiges Beweisverfahren“

Wenig Judikatur aber viele wissenschaftliche Beiträge gebe es zu den strittigen Fragen, hielt die Richterin fest. Daher sei in dem Prozess die Beurteilung vieler Rechtsfragen zu klären. „Es wird ein aufwändiges Beweisverfahren“, erwartete sie. Angesichts der noch nicht ausjudizierten Fragen und der Höhe der Klagssumme sei das ein Fall, der für eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) geeignet sei, hielt sie fest. Schnell wird es aber nicht gehen, erst am 15. Oktober ist wieder ein Saal frei, der für die Verhandlung groß genug ist.

Zunächst müsse geklärt werden, zu welchem Zweck die verschiedenen Geschäftsräume gemietet wurden – das berühmte Cafe Landtmann ist nur eines der Objekte. Dann erst könne man feststellen, ob die Nutzung zu diesem Zweck im Zuge der Lockdowns eingeschränkt oder ausgeschlossen und daher eine Mietverringerung zulässig war.

Die AnwŠlte der Wlaschek-Stiftung (v.l.) Albert Birkner, Manfred Ton und Irene Welser vor Verhandlungsbeginn im Mietstreit zwischen dem Betreiber des Cafe Landtmann und der Wlaschek-Stiftung
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Viel zu tun für die Anwälte der Wlaschek-Stiftung: (v.l.) Albert Birkner, Manfred Ton und Irene Welser vor Verhandlungsbeginn

Dann müsse geklärt werden, in welchem Umfang die Lockdown-Maßnahmen in den einzelnen Phasen jeweils die vereinbarte Nutzung verhinderten: wie sich etwa Abstandsregeln auf die Nutzung auswirkten.

Einvernehmliche Lösungen mit anderen Betreibern

Skeptisch äußerte sich die Richterin, dass die von den Vermietern geltend gemachte Räumungsklage gültig ist. Auch will sie Querfeld vorerst nicht vorschreiben, die erhaltenen Förderungen offenzulegen, da sie nach aktueller Lehrmeinung für den Fall nicht relevant seien. Sollten diese Informationen freiwillig bekanntgegeben werden, würde sie das allerdings begrüßen. Ein Rechtsvertreter Querfelds schloss das aber zunächst aus.

Der Mietstreit mit Querfeld ist der erste, den die Wlaschek-Stiftung in der CoV-Krise vor Gericht austrägt. Andere Streitfälle gingen einvernehmlich aus. An vielen Orten liefen Verhandlungen um Mietzinsreduktionen. „Dieser Mieter ist nicht der einzige unserer gewerblichen Mieter, der betroffen ist. Aber der einzige, der sich so gestaltet“, hieß es im Vorfeld des Prozessbeginns am Donnerstag bei der Wlaschek-Stiftung. „Dass Gastronomiebetriebe durch die Betretungsverbote Schwierigkeiten hatten, verstehen wir. In den anderen Fällen sind wir aber zu guten Lösungen für beide Seiten gekommen“, sagte eine Sprecherin der vermietenden Immobiliengesellschaft.

Prozess um Landtmann-Miete

Die Privatstiftung von Karl Wlaschek hat die Betreiber-Familie des Cafe Landtmann geklagt. Es geht um die Miete für das legendäre Kaffeehaus.

Vermieter: „Hand weiter ausgestreckt“

In Wlaschek-Immobilien (bzw. der Stiftungstochter Novoreal) eingemietet sind beispielsweise auch die prominenten Restaurants Hansen und Mörwald, auch mit einem renommierten Gastronomiebetrieb auf der Wiener Freyung gab es Vereinbarungen abseits des Klagswegs.

Das, so die Sprecherin der Novoreal/Wlaschek-Privatstiftung, sei von Anfang an auch beim Cafe Landtmann der Wunsch der Vermieterin gewesen. Man wünsche sich weiter ausdrücklich, dass das Landtmann ein Kaffehaus bleibe. „Wir haben diese Klage nicht angestrebt. Von unserer Seite ist definitiv die Hand weiter ausgestreckt.“ Man sei bereit zu einer Einigung, auch für einen außergerichtlichen Vergleich, so die Sprecherin.

Mehrere hunderttausend Euro Streitwert

Es geht um mehrere hunderttausend Euro. Die Vermieter halten den Landtmann-Betreibern unter anderem vor, auch in Zeiten, in denen das Lokal geöffnet und gut besucht gewesen sei, einseitig Mieten einbehalten zu haben. Querfeld wirft den Vermietern indes „feindselige Aktionen“ vor, nicht einmal auf eine Mediation habe man sich verständigen können.

Cafe Landtmann
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Bild aus vergangenen Tagen

Für ihn geht es in der Auseinandersetzung im wesentlichen um die Frage, ob dem Mieter während eines Lockdowns ein Anspruch auf Mietzinsminderung zusteht und ob der Mieter, wenn er staatliche Unterstützungen in Anspruch nimmt, diese Ansprüche verliert. Für die Klägerseite wiederum ist es „undenkbar, dass der Betreiber eines Cafes staatliche Hilfen auf Steuerzahlerkosten bezieht, gleichzeitig aber die Miete nicht zahlt.“ Das wäre eine „Doppelliquidierung“ ein und desselben Schadens.

Keine Verlängerungsoption für Mietvertrag

48 Stunden vor der ersten Gerichtsverhandlung habe der Stiftungsvorstand und Rechtsvertreter der Novoreal mitgeteilt, der Ausübung einer Verlängerungsoption für den Mietvertrag Bel Etage (Räume in einem oberen Stockwerk des gleichen Hauses) nicht zuzustimmen, beklagte Querfeld am Donnerstag.

Er zitierte aus dem Schreiben: „Wie bekannt, wurde das Mietverhältnis für dieses Objekt aufgelöst. An dieser Auflösung hält Novoreal lmmobilieninvest Ges.m.b.H. weiterhin – ebenso wie an allen anderen im anhängigen Gerichtsverfahren ausgeführten Argumenten – fest.“ Bei der Wlaschek-Stiftung hieß es am Donnerstag, durch die geänderten Umstände (Corona) fallen solche Verlängerungsoptionen weg.

Außergerichtliche Lösung zeichnete sich nicht ab

Bisher, so die Cafe-Betreibergesellschaft am Donnerstag, habe sich die Familie Querfeld immer bemüht, keine Türe zuzuschlagen. Jetzt nehme man, wenn auch mit Bedauern, zur Kenntnis, dass Novoreal und Karl Wlaschek Privatstiftung die Angelegenheit „unbedingt gerichtlich ausstreiten wollen.“ Die Sache werde daher gerichtlich geklärt. Es werde dazu keine weiteren Gesprächsangebote der Familie Querfeld mehr geben.

Beide Seiten deckten sich auch mit Gutachten und Anwaltsexpertisen zu strittigen Fragen von Nutzungsmöglichkeiten und Mietzinsentfall im Fall von Sonderereignissen wie Seuchen ein.