Beschmiertes Karl-Lueger-Denkmal
APA/Roland Schlager
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Politik

Lueger-Statue soll vom Sockel geholt werden

Eine Expertenrunde um die zivilgesellschaftliche NGO „#aufstehn“ will das Lueger-Denkmal in der Inneren Stadt vom Sockel holen. Der frühere Wiener Bürgermeister Karl Lueger war bekennender Antisemit. Auch die Stadt will sich der Statue widmen.

Das insgesamt 20 Meter hohe Denkmal mit einer vier Meter hohen Bronzefigur Luegers am Stubentor wurde 1926 errichtet und sorgt seit Jahren für Debatten. Inzwischen ist mehrmals das Wort „Schande“ auf das Bauwerk gesprayt worden. Nicht zuletzt die Aktivistinnen und Aktivsten der „#aufstehn“-Kampagne machen sich seit geraumer Zeit für einen anderen Umgang mit dem Ort und seinem Erinnerungsbauwerk stark.

Umgang mit Statue noch offen

Zu diesem Zweck haben sie eine siebenköpfige Kommission aus den Bereichen Architektur, Kultur und Zeitgeschichte zusammengestellt, um Empfehlungen für die Stadt zu erarbeiten. „Das Ehrendenkmal eines bekennenden Antisemiten kann so sicher nicht stehen bleiben“, fasste Kampagnenleiterin Jasmin Chalendi das Ergebnis in einer Pressekonferenz zusammen. Insofern müsse das Denkmal seinen „Ehrencharakter“ verlieren und die Figur Luegers jedenfalls von ihrem mächtigen Sockel geholt werden.

Beschmiertes Karl-Lueger-Denkmal
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Mittlerweile wurde der Sockel der Statue mehrfach mit dem Wort „Schande“ besprüht

Ob die Bronzestatue generell vom Platz entfernt werden und etwa in einem Museum landen oder beispielsweise an Ort und Stelle durch eine künstlerische Überformung eine neue Sichtweise erfahren soll, ließ sie auf Nachfrage offen. Da gebe es in der Expertenrunde durchaus unterschiedliche Auffassungen, räumte Chalendi ein.

Das müsse in einem zweiten Schritt entschieden werden, wenn es um die gesamte Neugestaltung des Platzes in einen „Ort der Reflexion“, an dem sich Menschen „durch Informations- und Interaktionsangebote mit vergangenen und gegenwärtigen Formen von Antisemitismus und Rassismus“ befassen können, gehe, wie es in der mehrseitigen Expertenbroschüre heißt. Für eine Umsetzung müsse es eine öffentliche Ausschreibung geben und die Bevölkerung eingebunden werden.

Platz soll umbenannt werden

Die Kommission fordert von der Stadt zudem eine Umbenennung des Dr.-Karl-Lueger-Platzes, auf dem das Denkmal steht. Zum Hintergrund: Bereits 2012 wurde der damalige Dr.-Karl-Lueger-Ring vor dem Hauptgebäude der Universität Wien in Universitätsring umgetauft.

Den Einwand, dass durch derlei Maßnahmen ein Teil der Historie aus dem Stadtbild gelöscht werde, will „#aufstehn“ nicht gelten lassen. „Wir wollen Lueger nicht aus der Stadtgeschichte tilgen, sondern wir wollen die gesamte Geschichte erzählen“, argumentierte Historiker Florian Wenninger. Die fraglos wichtigen kommunalen Verdienste des Bürgermeisters – etwa der Bau der Hochquellwasserleitung – könnten nicht aufwiegen, „was Lueger und seine politischen Nachfolger durch Hetze gegen Minderheiten angerichtet haben“.

Lueger als „Vorbild für Adolf Hitler“

Sashi Turkof, Präsidentin der Jüdischen Österreichischen HochschülerInnen, nannte Lueger „ein Vorbild für Adolf Hitler“. Sie gab zu bedenken, dass die Statue ein „Sammelort für Neofaschisten“ sei, und erinnerte an eine Aktion der rechtsextremen Identitären im Vorjahr. Die Architektin Gabu Heindl sieht „keinen demokratisch legitimierten Grund, warum irgendein Platz einem Antisemiten Ehre gebieten sollte“.

Es gebe aber viele Gründe, diesen Missstand zu beenden, meint Heindl, „und zwar nicht durch sanfte Kontextualisierung, etwa mit einer Tafel, sondern durch Entfernung der Figur Luegers“. Neben Elke Krasny von der Akademie der bildenden Künste und Kunsthistorikerin Mechtild Widrich ist auch der bekannte Zeithistoriker Oliver Rathkolb Teil der „#aufstehn“-Kampagne.

Er war – wie Krasny und Widrich – beim Medientermin nicht anwesend, dürfte einer kompletten Entfernung der Lueger-Statue aber eher skeptisch gegenüberstehen. Die permanente Auseinandersetzung mit Lueger müsse Teil der demokratischen Erinnerungspolitik bleiben, hält er im Kommissionspapier fest: „Ihn einfach zu entsorgen, ist das falsche Signal – er muss Teil unserer Geschichte bleiben.“

Stadt verweist auf runden Tisch

Aus dem Büro der Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) verwies man am Mittwoch einmal mehr auf den bereits vor einem Monat angekündigten „Round Table“. Dieser ist für Ende Mai angepeilt. Mit rund 45 Fachleuten aus diversen Bereichen soll hier über einen adäquaten Umgang mit Denkmal und Platz beraten werden. Auch Vertreterinnen und Vertreter von „#aufstehn“ seien eingeladen, wurde betont. Auf konkrete Forderungen der NGO wollte man nicht eingehen, um Ergebnisse des runden Tisches nicht vorzugreifen, hieß es.